Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
an der Tür alarmierte ihn. Sie war endlich da. Und mit einem Mal verspürte er einen heftigen Widerwillen, ihr zu öffnen. Die Frau, die er letzte Nacht angegriffen hatte, war so entsetzt gewesen. Die Erinnerung an ihre Furcht gab ihm das Gefühl, unbesiegbar zu sein, das Gefühl, wie Gott zu sein. Wenn er Valerie in sein Haus ließe, würde er sich nur wieder wie ein wertloses Stück Scheiße fühlen.
“Gruber? Bist du da drin?”
Als er den Ärger in ihrer Stimme hörte, stand er auf. Er bewegte sich, als könnte sie seinen Körper kontrollieren; wie ein Puppenspieler, der an den Fäden einer Marionette zieht. Er stand auf, warf einen zögernden Blick auf den Gefrierschrank, in dem er die Trophäe der letzten Nacht untergebracht hatte, und ging langsam, aber unaufhaltsam auf die Tür zu. Vielleicht würde sie einen Blick in den Gefrierschrank werfen. Vielleicht sollte er es ihr zeigen …
“Gruber? Ich bin müde. Ich habe die ganze Nacht gearbeitet, und ich muss nach Hause. Lass mich kurz ausruhen!”
Er hätte sein Hemd wechseln sollen. Warum hatte er nicht daran gedacht? Dieses hier war zerknittert und schmutzig vom Putzen. Er zögerte und überlegte, ob es wohl zu spät war. Aber sie hämmerte bereits an die Tür, und ihre Stimme bekam diesen ganz besonderen Unterton. Der Ton, bei dem er sich am liebsten zusammenkrümmen und sich die Ohren zuhalten würde.
“Gruber!” Du Idiot! “Ich muss mit dir reden!” Ich weiß, dass du es vermasselt hast. Du bist so ein Versager!
Trotzdem ging er weiter ruhig auf die Tür zu und öffnete, gerade als ihr Zorn aufflackerte. “Da bist du ja.”
Warum hatte er gewartet? Warum hatte er ihren Unmut nicht hinausgezögert, indem er die Tür gleich nach ihrer Ankunft geöffnet hatte?
Er wusste es nicht. Die ganze Nacht hatte er für sie geputzt, und jetzt hatte er alles ruiniert. Er hatte es verbockt, mit dem schmutzigen Hemd, das sie bereits spöttisch musterte, und weil er sich so viel Zeit gelassen hatte, die Tür zu öffnen.
“Es ist bereits Nachmittag”, blaffte sie. In ihrer perfekten weißen Krankenschwesteruniform stand sie vor ihm. “Erzähl mir nicht, dass du jetzt erst aufgestanden bist.”
Faulheit verabscheute sie mehr als alles andere. Und er war natürlich faul. Er hörte es an ihrer Stimme.
“Ich habe gearbeitet.”
“Als was? Jedes Mal, wenn ich dich frage, bekomme ich eine ausweichende Antwort. Wahrscheinlich hockst du hier auf deinem Hintern und kassierst Arbeitslosengeld. Ich weiß, dass du nicht mehr für die Beleuchtungsfirma arbeitest. Sie würden dich nicht einmal zurücknehmen, wenn du sie anbetteln würdest.”
Da war es schon wieder. Die kaum verdeckte Botschaft: Du bist nicht gut genug. Du wirst niemals gut genug sein .
“Ich habe dich schon ewig nicht mehr um Geld gebeten”, wandte er ein.
“Ist ein Jahr etwa schon ‘ewig’?”, höhnte sie.
Es würde niemals lange genug für sie sein. “Wie geht’s Steve?”
“Wie immer.”
Nach Kindern brauchte er nicht zu fragen. Nachdem es so hart gewesen war, ihn großzuziehen, hatte seine Schwester beschlossen, dass sie keine Kinder haben würde. Das habe ich bereits hinter mir und weiß, wie das ist. Nein, danke , sagte sie, wenn sie danach gefragt wurde.
“Was ist? Willst du mich nicht hineinbitten?”
Er trat zur Seite, und ihr antiseptischer Geruch kam mit ihr zusammen ins Haus. Zweifellos hatte sie bei der Arbeit noch länger zu tun gehabt. Einen anderen Grund für ihr Zuspätkommen konnte es nicht geben. Schließlich war ein solches Verhalten rücksichtslos dem anderen gegenüber. Wie oft hatte er das gehört, als er kleiner war?
“Kannst du hier nicht einmal sauber machen?”, sagte sie und schnüffelte im Haus herum.
Gruber hoffte halbwegs, dass sie den Gefrierschrank aufmachte. Der Gedanke an ihr nachfolgendes Entsetzen und die Vorstellung, der Schwester gegenüber die Oberhand zu haben, ließ ihn verschlagen lächeln.
“Was soll dieses heimtückische Grinsen?”, fragte sie.
“Ich überlege gerade, ob ich dich zum Essen einladen soll.”
“Du und kochen?”
“Irgendetwas würde ich bestimmt im Gefrierschrank finden”, sagte er und lachte glucksend über seinen eigenen Witz.
Ihre Augen wurden schmal. “Ja, sicher. Fertiggerichte, oder was?”
“So würde ich es nicht gerade nennen.”
Sie sah ihn an, als wüsste sie, dass er dabei an nichts Gutes dachte. Allerdings schien sie sich nicht die Mühe machen zu wollen, herauszufinden, was wirklich
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