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Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)

Titel: Stop saying Goodbye: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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zurückblickte, sah ich, dass Mom vor meinem Bett stand und einen Zipfel der Decke in der Hand hielt; ich hatte sie nach dem Aufstehen zusammengefaltet ans Fußende gelegt.
    »Ich dachte, dieser Quilt wäre in einer der Kisten unten verstaut«, meinte sie, als sie merkte, dass ich sie ansah.
    »War er auch«, antwortete ich. »Aber als ich die Fotos und Jahrbücher gefunden habe, entdeckte ich auch die Kiste, in der er lag.«
    »Ach so.« Sie strich eins der Vierecke mit der Hand glatt. »Nun, ich freue mich, dass du ihn anscheinend doch gebrauchen kannst.«
    »Absolut«, erwiderte ich. »Er kam wie gerufen letzte Nacht. Als die Zwillinge klein waren, hatten sie ganz offensichtlich einen Haufen superwarmer Klamotten.«
    Sie schaute mich fragend an. »Die Zwillinge?«
    »Du hast die Flicken doch aus ihren Babysachen zugeschnitten. Oder etwa nicht?«
    »Nein«, antwortete sie. »Ich   … ich dachte, dir wäre klar, dass das deine Babysachen sind.«
    »Meine?«
    Sie nickte, hob mit Daumen und Zeigefinger den Zipfel der Decke an, den sie hielt. »Dieses Stück Baumwolle? Stammt von der Decke, in die du gewickelt warst, als wir nach deiner Geburt aus dem Krankenhaus kamen. Und dieses bestickte Stück Stoff, das rote, gehörte zu deinem allerersten Weihnachtskleidchen.«
    Ich trat näher, betrachtete den Quilt mit ganz neuen Augen. »Das wusste ich ja gar nicht.«
    Sie strich mit der Hand über einen weiteren Flicken: »Dieses Quadrat aus Jeansstoff   – ich bin jedes Mal entzückt, wenn ich es sehe. Teil eines Overalls, in dem du einfach zu niedlich aussahst! Und als du deine allerersten selbstständigen Schritte gemacht hast, trugst du diesen Overall.«
    »Ich fasse es nicht, dass du das Zeug so lange aufbewahrt hast«, sagte ich.
    »Ich konnte mich einfach nicht davon trennen.« Sie lächelte. Und seufzte gleichzeitig. »Aber dann gingst du fort. Und ich hatte das Gefühl, wenn ich dir daraus eine Decke nähe, kann ich dir ein Stück von mir mitgeben. Und von dir selbst natürlich. Von uns.«
    Ich stellte mir vor, wie sie die Decke zusammengesetzt hatte, Flicken um Flicken, so sorgfältig und liebevoll. Wie viel Zeit und Mühe sie das gekostet haben musste, vor allem, weil die Zwillinge damals ja noch richtig klein gewesen waren. »Es tut mir leid, Mom«, meinte ich.
    Sie warf mir einen überraschten Blick zu. »Was tut dir leid?«
    »Ich weiß auch nicht genau«, antwortete ich. »Ich denke   … also einfach nur, dass ich mich nie dafür bedankt habe, schätze ich.«
    »Jetzt hör aber auf, Mclean«, erwiderte sie kopfschüttelnd. »Das hast du mit Sicherheit. An dem Tag, als du abgefahren bist, war ich vollkommen neben mir. Ein seelisches Wrack. Ich kann mich an kaum etwas erinnern, bloß, dass du mich verlässt. Und ich es partout nicht wollte.«
    »Kannst du mir die Geschichten der anderen Flicken auch erzählen?« Ich nahm ebenfalls einen Zipfel der Decke in die Hand, erwischte ein rosafarbenes Baumwollviereck.
    »Wirklich?«, fragte sie leicht ungläubig.
    Ich nickte.
    »Na schön, dann wollen wir mal sehen. Der Flicken stammt von dem Trikot, das du bei deiner ersten Ballettaufführung getragen hast. Soweit ich mich erinnere, warst du fünf   …? Du hattest kleine Elfenflügel und   …«
    Lange Zeit standen wir gemeinsam vor dem Quilt, während sie mir Herkunft und Bedeutung jedes einzelnen Flickens erklärte. So viele kleine Teile meiner selbst, vielmehr des Kindes, das ich gewesen war   – sie hatte sie für mich aufbewahrt, als Material
und
in ihrer Erinnerung. Hatte sie zusammengenäht, auf dass etwas Reales entstand, das ich in Händen halten konnte. Es war kein Zufall gewesen, dass ich diese Decke ausgerechnet in der Nacht gefunden hatte, in der ich wieder einmal vor ihr weggelaufen war. Die Decke hatte auf mich gewartet. Deine Vergangenheit ist und bleibt deine Vergangenheit. Selbst wenn
du
sie vergisst   – sie erinnert sich an
dich
!
    Nun war ich also wieder in Lakeview und betrachtete das Modell, während Deb sich auf der gegenüberliegenden Seite eifrig an ein paar Miniaturgebäuden zu schaffen machte. Und beim Hinschauen dämmerte mir langsam, dass ich, ähnlich wie meine Mutter bei dem Quilt, etwas in dem Modell wahrzunehmen vermochte, das andere übersehen würden: einen Verlauf, eine Geschichte, eine Entwicklung   … Die Sektoren links vom Zentrum wirkten bis heute ein wenig unregelmäßig und unordentlich; hier standen die Bauelemente, mit denen Jason, Tracey, Dave und ich an dem

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