Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
verabschieden, außerdem wünsche ich mir, dass wir in Kontakt bleiben, wo auch immer du hinziehst. Okay?«
Ich nickte. Sie war aufgewühlt, den Tränen nah. Genau so was hatte ich durch meine blitzartigen kleinen Fluchten vermeiden wollen: die komplizierten, schmerzlichen Abschiede, den ganzen Ballast, der daraus folgte. Doch während ich Deb ansah, wurde mir auf einmal etwas bewusst, was mir durch mein bisheriges, ausweichendes Verhalten
ebenfalls
entgangen war: zu wissen, dass mich jemand vermissen würde.
Seit wann sagt man nicht mehr bye-bye
?, hatte Michael aus Westcott an meine Pinnwand gepostet. Inzwischen ahnte ich, was damit passiert war. Es war sorgfältig in eine Kiste gepackt worden, ich
sollte
mich gar nicht mehr daran erinnern. Bis ich es wirklich brauchte. Bis zu diesem Moment.
»Na gut«, meinte Deb mit gepresster Stimme. Atmete tief ein und wieder aus, ließ die Hände schwer nach unten sinken. »Und jetzt würde ich mit deiner Hilfe gern diese beiden Sektoren angehen, sofern du nichts dagegen hast, damit wir sie bis heute Abend fertig kriegen.«
»Klar, gerne.« Ich war erleichtert, konkret etwas zu tun zu bekommen. Trat mit ihr an einen Tisch, wo die restlichen Wohnhäuser und andere Gebäude fein säuberlich aufgereiht waren, bereits zusammengebaut und beschriftet; man musste sie nur noch einsetzen. Deb nahm sich ein Set, ich das andere. Gemeinsam gingen wir zur rechten hinteren Ecke, wo dieSektoren-Spirale endete. Ich bückte mich, zog den Schutzstreifen über der ersten Klebefläche ab und sagte: »Ich bin froh, dass es noch etwas zu tun gibt. Ich hatte Angst, ihr wärt bei meiner Rückkehr längst fertig.«
»Wären wir auch.« Sie stellte ein Haus auf ihren Sektor, schob es an die passende Stelle. »Aber die hier habe ich extra für dich aufgehoben.«
Ich hielt abrupt in meiner Bewegung inne. »Ehrlich?«
»Ja.« Sie drückte sanft auf das Haus, bis es einrastete. Hob den Kopf, sah mich an. »Ich meine, du warst von Anfang an dabei, lange vor mir. Es gehört sich einfach, dass du auch am Ende beteiligt bist.«
Ich betrachtete meinen Sektor. »Danke«, sagte ich. Betastete prüfend das Häuschen, das ich soeben eingesetzt hatte, ob es auch sicher in seiner Verankerung steckte. Es fehlten nicht mehr viele Häuser bis zur Vollendung des großen Werks.
»Gern geschehen«, erwiderte sie. Und dann arbeiteten wir schweigend Seite an Seite weiter, bis wir fertig waren.
***
Als ich das
Luna Blu
verließ, hatte es bereits seit einer halben Stunde geöffnet. Doch weder mein Vater noch Opal waren irgendwo in Sichtweite.
»Wie die Ratten auf dem sprichwörtlichen sinkenden Schiff«, verkündete mir Tracey, die hinter der Bar stand, nachdem ich sie nach den beiden gefragt hatte. »Sie verlassen es zuerst.«
»Opal ist keine Ratte«, konterte ich und merkte eine Sekunde zu spät, dass ich damit im Prinzip angedeutet hatte, mein Vater wäre eine. »Sie hatte von alledem keine Ahnung.«
»Sie hat aber auch nicht groß für uns gekämpft«, erwiderte Tracey, die gerade ein Glas abtrocknete und polierte. »Seit man uns mitgeteilt hat, dass das Restaurant geschlossen und das Gebäude verkauft wird, hat sie sich im Prinzip unentschuldigt in Luft aufgelöst. Ich vermute, sie ist zu beschäftigt, an ihrem Lebenslauf zu feilen.«
»Was willst du damit sagen?«
»So genau weiß ich das selbst nicht.« Sie stellte das Glas ab. »Aber es heißt, sie hat in letzter Zeit hinter verschlossenen Türen jede Menge Telefonate geführt, in denen von ›Standortwechsel‹ und ›höherem Management‹ die Rede war. Oder auch nicht.«
»Glaubst du im Ernst, Opal würde einfach mir nichts, dir nichts von hier wegziehen? Sie liebt diese Stadt, das ist ihre Heimat.«
»Mit Geld läuft so ziemlich alles«, erwiderte sie achselzuckend. Ein paar Gäste gingen an mir vorbei und setzten sich auf Barhocker. Tracey legte ein paar Speisekarten vor sie hin und meinte: »Willkommen im
Luna Blu
. Wir haben spezielle Letzte-Zuckungen-Angebote. Möchten Sie sie vielleicht hören?«
Ich winkte ihr geistesabwesend zum Abschied zu, machte mich auf den Weg durch den Gang an der Küche vorbei zur Hintertür. Als ich am Büro vorbeikam, warf ich einen Blick hinein: Der Schreibtisch war aufgeräumt, der Stuhl ordentlich daruntergeschoben, auf keiner Ablagefläche lag irgendetwas von meinem Vater herum; dabei war er berühmt dafür, sonst alles hinter sich stehen und liegen zu lassen, wo er es gerade hingepfeffert hatte. Doch
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