Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
so, wie es aussah, war zumindest er bereits weg.
Ich lief durch die Gasse am Restaurant entlang, bog in unsere Straße ein. Als meine Mutter mich vorhin dort abgesetzthatte, war das Haus leer gewesen. Doch als es nun allmählich in Sichtweite kam, sah ich, dass einige Lampen brannten und der Landrover in der Auffahrt stand.
Ich trat gerade auf den Bürgersteig, als ich ein dumpfes Krachen hörte. Ich blickte auf: Dave kam mit einem Karton unterm Arm aus der Küchentür der Wades. Er zog sich eine schwarze Wollmütze über den Kopf und lief die Stufen hinunter, ohne mich zu bemerken. Mein erster Impuls bestand darin, mich schnell in unser Haus zu verdrücken, ihm und jeder Form von Auseinandersetzung oder auch nur Gespräch, die sich aus einer Begegnung unweigerlich ergeben würden, aus dem Weg zu gehen. Doch aus irgendeinem Grund blickte ich plötzlich nach oben, in den Himmel, entdeckte wundersamerweise auf Anhieb ein helles Dreieck aus Sternen und musste prompt an meine Mutter denken. Wie sie auf der Terrasse des riesigen Hauses am Meer gestanden hatte. So viel hatte sich verändert, doch die Sterne kannte sie immer noch genauso gut wie vorher, hatte diesen Teil ihrer Vergangenheit – unserer Vergangenheit – mit in die Gegenwart genommen. Ich konnte nicht mehr weglaufen. Das hatte ich endlich begriffen. Deshalb blieb ich, wo ich war, auch wenn es mir sehr schwerfiel.
»Dave.«
Er fuhr erschrocken herum. Als ihm klar wurde, dass ich ihn gerufen hatte, wirkte er überrascht, geradezu befremdet. »Hey«, sagte er. Kam allerdings keinen Schritt näher. Ich ebenfalls nicht. Wir standen bestimmt fünf bis sechs Meter voneinander entfernt. »Ich wusste gar nicht, dass du wieder da bist.«
»Erst seit ein paar Stunden.«
»Ach so.« Er verlagerte das Gewicht des Kartons voneinem Arm auf den anderen. »Ich wollte bloß noch mal eben kurz zum, äh, Modell rüber.«
Ich machte ein paar Schritte auf ihn zu, zögerte, blieb wieder stehen. »Du hast also auch mal Freigang.«
»Ja. So was in der Art.«
Ich blickte verlegen auf meine Hände, atmete tief durch. »Wegen neulich Nacht, als ich dich angerufen habe … Ich hatte keine Ahnung, was für einen Ärger du meinetwegen bekommen hast. Mist, ehrlich. Es macht mich völlig fertig.«
»Braucht es nicht«, antwortete er.
Ich sah ihm wieder ins Gesicht. »Wenn ich nicht gewesen wäre, hättest du nicht versuchen müssen, heimlich wegzufahren.«
»Versuchen müssen –«
Doch ich schnitt ihm angespannt das Wort ab: »Und du wärst nicht dabei
erwischt
worden«, fuhr ich fort. »Hättest keinen Dauerhausarrest bekommen, dürftest noch mit den anderen nach Texas fahren und dein Leben wäre nicht von vorne bis hinten ruiniert.«
Er schwieg einen Moment. »Du hast mein Leben nicht ruiniert, nur einen Freund angerufen.«
»Vielleicht sollte ich mit deinen Eltern sprechen. Ihnen erklären, was los war, und –«
Diesmal unterbrach er mich: »Nein, Mclean, schon in Ordnung. Ehrlich. Es wird noch viele lange Autofahrten geben, viele Reisen, viele Sommer.«
»Vielleicht. Trotzdem ist und bleibt es einfach unfair.«
Er zuckte die Achseln. »Das ganze Leben ist unfair. Wäre es anders, müsstest du nicht schon wieder umziehen.«
»Das hast du also schon mitgekriegt.«
»Ich hörte was von Tasmanien läuten«, meinte er. »Hatteaber gleich das Gefühl, die Info wäre vielleicht nicht ganz korrekt.«
Ich lächelte. »Es geht um Hawaii. Aber ich ziehe nicht mit hin, sondern wieder bei meiner Mutter ein. Um in Tyler die Schule abzuschließen.«
»Ach so«, sagte er. »Na dann. Kommt mir auch irgendwie sinnvoller vor.«
»Soweit überhaupt irgendwas noch einen Sinn ergibt.«
Wieder schwiegen wir eine Weile. Er hatte nicht viel Zeit, ich wusste, ich sollte ihn gehen lassen, sagte jedoch stattdessen: »Das Modell sieht super aus. Ihr habt anscheinend echt schwer geschuftet.«
»Vor allem Deb!«, antwortete er. »Sie arbeitet wie eine Besessene. Ich versuche bloß noch, ihr nicht in die Quere zu kommen.«
Ich lächelte. »Sie hat mir von eurer kleinen Meinungsverschiedenheit wegen der Figuren erzählt.«
»Die Figuren.« Er stöhnte. »Sie traut mir nicht zu, dass ich das allein hinkriege. Schafft sie einfach nicht. Darum schleiche ich mich mit meiner kleinen Sammlung immer erst drüben rein, wenn ich weiß, dass sie weg ist. Ansonsten hängt sie mir nämlich ununterbrochen im Nacken und dreht halb durch.«
»Sammlung?«
Er tat etwas näher, hielt mir den
Weitere Kostenlose Bücher