Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
Taschen. »Na dann … danke, dass du mich gerettet hast.«
»Kein Thema«, erwiderte er.
»Doch, du hast mir in einer echt brenzligen Situation sehr geholfen«, beharrte ich.
»Wie das Nachbarn eben so tun.«
Ich lächelte und drehte mich um, um die vier Kommasieben sieben zwei Meter bis zu unserem Haus zurückzulegen. Ich hatte erst ein paar Schritte zurückgelegt, da sagte er: »Hey, da ich dir in einer echt brenzligen Situation sehr geholfen haben, könntest du mir wenigstens verraten, wie du heißt.«
Exakt diesen – entscheidenden – Moment hatte ich in den beiden vergangenen Jahren sehr häufig erlebt, an diesem Abend sogar bereits zum zweiten Mal. Mir lag der Name, den ich mir ausgesucht hatte (und umgekehrt), der Name des Mädchens, das ich an diesem Ort zu sein beabsichtigte, schon ganz vorn auf der Zunge. Doch in diesem speziellen Moment, an diesem Ort geschah etwas. Als ob die kurze Reise unter die Erdoberfläche nicht nur den Verlauf meines Lebens verändert hatte, sondern auch mich selbst.
»Mclean«, antwortete ich.
Er nickte: »Schön, dich kennenzulernen.«
»Gleichfalls«, sagte ich.
Als ich auf unser Haus zulief, hörte ich die Musik von der Party, dasselbe stampfende Bassgeräusch wie vorher. Ich öffnete die Hintertür, drehte mich jedoch intuitiv noch einmal um – gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie er die Treppe wieder hinunterstieg. Das Licht der Taschenlampe schien um ihn herum, drang bis nach oben.
Ich ging ins Haus, streifte die Schuhe von den Füßen, tapste über den Flur zum Badezimmer. Als ich das Licht einschaltete, erschreckte es mich regelrecht in seiner Unverblümtheit, ähnlich wie die feine Staubschicht, die mein Gesicht bedeckte. Als hätte auch ich mich durch die Erde gewühlt und es gerade erst zurück an die Oberfläche geschafft, um endlich wieder Luft zu bekommen.
Drei
Die Jackson Highschool war kein KZ (und natürlich auch kein Hort der Freigeistigkeit und Selbstbestimmung), sondern schlicht und einfach wie alle anderen öffentlichen Schulen, auf die ich bisher gegangen war: groß, anonym und vom lieblichen Duft nach Desinfektionsmitteln erfüllt. Nachdem ich die üblichen Formularberge ausgefüllt und ein kurzes, hektisches Orientierungsgespräch mit einem sichtlich überlasteten (auch das sehr typisch) Schülerberater hinter mich gebracht hatte, erhielt ich einen Stundenplan sowie eine Wegbeschreibung zu meinem Hauptklassenzimmer.
»Okay, Leute, Ruhe bitte«, sagte in dem Moment, als ich durch die Tür trat, mein neuer Klassenlehrer, ein langer Lulatsch Anfang zwanzig, der edle Lederturnschuhe und ein Hemd mit Kragen trug. »Wie ihr wisst, müssen wir innerhalb von ungefähr fünf Minuten so viel erledigen, wie man kaum in zwanzig schafft. Wenn ihr also die Güte hättet, mich ein bisschen zu unterstützen …«
Obwohl niemand zuzuhören schien, war doch – wenn auch kaum merklich – wahrzunehmen, dass es ein wenig leiser wurde, während meine neuen Mitschüler sich ganz gemächlich in einem großen Halbrund aus Tischen und Pulten niederließen; einige auf Stühlen, andere setzten sich auf Tischkanten oder ungezwungen gleich auf den Bodendavor. Irgendwo klingelte ein Handy, in der hintersten Reihe hatte jemand einen trockenen Hustenanfall. Neben der Tür stand ein Fernseher, auf dessen Bildschirm ich zwei weitere potenzielle künftige Mitschüler entdeckte: ein blondes Girl und einen Jungen mit kurzen Dreadlocks. Sie hockten an einem Tisch, der eindeutig so wirken sollte wie die Dinger, hinter denen die T V-Nachrichtensprecher immer so repräsentativ aufgerichtet dasitzen. Über den beiden hing ein großes Plakat, auf dem JACKSON NACHRICHTEN-FLASH! stand. Und der Lehrer redete immer noch.
»… könnt ihr eure Bestellungen fürs Jahrbuch bloß noch heute einreichen, dann ist Schluss«, sagte er gerade, vielmehr las er die Meldung von einem der diversen Ankündigungszettel ab, die vor ihm auf dem Lehrerpult lagen. Parallel dazu drängten ein paar Nachzügler durch die Tür und verteilten sich rasch im Raum. »In allen drei Mittagspausen wird ein Tisch im Hof stehen, wo ihr das erledigen könnt. Außerdem wurde der Einlass für das Basketballspiel heute Abend vorverlegt; je eher ihr also hingeht, umso besser stehen eure Chancen auf einen guten Sitzplatz. Und … Mclean, wo steckst du?«
Als ich meinen (richtigen) Namen hörte, zuckte ich leicht zusammen, hob unwillkürlich die Hand. »Hier«, sagte ich, wobei das ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher