Stop saying Goodbye: Roman (German Edition)
nervös und zögerlich klang.
»Willkommen an der Jackson High«, meinte er, während sich alle synchron zu mir umdrehten und mich musterten. Die Schülerreporter auf dem Fernsehbildschirm verabschiedeten sich, winkten munter in die Kamera … das Bild wurde schwarz. »Bei irgendwelchen Fragen, egal was oder wozu, wende dich bitte an mich oder jeden anderen hier. Wir beißen nicht, im Gegenteil, wir sind eigentlich ganz nett.«
Ich wollte ihn aus alter Gewohnheit korrigieren: »Übrigens heiße ich –«
»Und weiter im Text.« Er hatte mich nicht gehört, fuhr einfach fort: »Man hat mich erneut gebeten, euch zu sagen, ihr möget die nasse Farbe an den Wänden vor der Cafeteria nicht anfassen. Den meisten Menschen wäre das klar, ohne dass man es ihnen ausdrücklich mitteilen muss, doch anscheinend sind ein paar unter euch nicht wie die meisten Menschen. Deshalb: Lasst bitte eure dreckigen Pfoten von der frischen Farbe. Danke.«
Das anschließende Läuten der Klingel übertönte die indignierten Reaktionen auf diese Ansage. Der Lehrer seufzte, warf einen Blick auf die Mitteilungen, zu denen er offenbar nicht mehr gekommen war, schob die Zettel zu einem Stapel zusammen. Meine Mitschüler hatten sich derweil schon längst hochgerappelt.
»Habt einen produktiven Tag!«, rief er halbherzig. Die Ersten entschwanden bereits auf den Flur. Ich stellte mich neben das Lehrerpult, wartete, bis er aufsah und mich bemerkte. »Ja? Was kann ich für dich tun?«
»Ich möchte bloß was …«, setzte ich an, während gleichzeitig eine Horde Mädchen in Cheerleader-Uniformen munter schnatternd den Raum betrat. »Also, ich wollte sagen, ich heiße gar nicht –«
»Wendy!«, rief er plötzlich aus und seine Augen wurden ganz schmal. »Hatten wir nicht gerade erst ein sehr intensives Gespräch darüber, dass man angemessen gekleidet zur Schule kommt?«
»Mr Roberts«, stöhnte ein Mädchen in meinem Rücken auf. »Bitte lassen Sie mich ausnahmsweise in Ruhe, okay? Hab heute einen ganz miesen Tag.«
»Wahrscheinlich, weil Januar ist und du halb nackt durchdie Gegend rennst. Los, zieh dich um«, erwiderte er. Für eine Sekunde schenkte er mir tatsächlich wieder seine Aufmerksamkeit, aber wirklich nur für eine Sekunde, denn er wurde gleich noch einmal abgelenkt, dieses Mal von lautem Getöse im hinteren Teil des Raums. »Hey!«, legte Mr Roberts los. »Ich habe dir ausdrücklich gesagt, du sollst dich nicht auf dem Regal abstützen, Roderick! Wirklich, jetzt mal im Ernst …«
Da ich in diesem Moment offenkundig nicht zu ihm durchdringen würde und es zwecklos war, darauf zu warten, verließ ich das Klassenzimmer, trat in den Flur, warf einen Blick auf meinen Stundenplan. Unmittelbar hinter mir folgte beleidigt schnaubend Wendy, eine Große, Stämmige in einem Minirock, der – wie ich zugeben musste –, in
jeder
Jahreszeit zu kurz gewesen wäre, und zwar entschieden. Ich beschloss, erst einmal denselben Weg zum Büro der Schülerberatung zurückzugehen, den ich gekommen war; von dort aus – so meine vielleicht zu optimistische Überlegung – würde ich mich leichter im Gebäude zurechtfinden. Als ich dort angelangt war, wandte ich mich nach links, in der Hoffnung, es wäre der richtige Weg zum Flügel B. Dabei kam ich an einer Gruppe Leute vorbei, die vor dem Eingang zum Verwaltungstrakt standen.
»… bin mir sicher, Sie können unseren Standpunkt nachvollziehen«, sagte soeben ein älterer Mann mit wuscheligem Lockenkopf, der mir den Rücken zuwandte. »Seit wir die außerordentliche Begabung unseres Sohns erkannt haben – da war er noch sehr jung –, haben wir stets allergrößten Wert auf eine exzellente schulische Ausbildung gelegt. Deshalb hatten wir ihn ja ursprünglich auf der Kiffney-Brown. Das Angebot dort …«
»… ist einmalig und hervorragend«, fiel eine kleine, dünneFrau ergänzend ein. »Erst nach dem Wechsel auf Ihre Schule fingen, wie Sie selbst wissen, die Probleme an.«
»Natürlich«, antwortete die Frau im Hosenanzug, die den beiden gegenüberstand und der man ihre Zugehörigkeit zur Schulverwaltung auf hundert Meter ansah, auch ohne das laminierte Namensschild um ihren Hals. »Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass ihm alles, was er braucht – sowohl fachlich-inhaltlich als auch im sozialen Miteinander –, hier bei uns auf der Jackson Highschool geboten wird. Solange wir uns gut abstimmen und kooperieren, können wir ihn meiner Meinung nach
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