Stoppt die Hochzeit!
Stirnrunzeln, als wäre sie verwirrt, glich seinem eigenen.
Sie wollte einen weiteren Schluck aus ihrem Glas nehmen, setzte es aber wieder ab und schob es weg. Fasziniert von den Gefühlen, die über ihr Gesicht huschten, beobachtete er, wie sie sich selbst zur Ordnung rief, aufrecht hinsetzte und wieder ihrem Essen widmete. Jeder konnte erkennen, dass sie einen unsichtbaren Schutzschild hochgefahren hatte.
Musik und leises Stimmengewirr umgaben sie, aber nach ein paar stillen Minuten fehlte ihm der Klang ihrer Stimme. Er versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln, aber sie antwortete einsilbig und vage. Beunruhigt von ihrer niedergeschlagenen Stimmung und davon, dass es ihm etwas ausmachte, zog er sich in seine eigenen Gedanken zurück, die unglücklicherweise von seiner schönen Gefährtin beherrscht wurden. Er wollte noch einmal mit ihr tanzen, sehnte sich nach einer Ausrede, sie wieder fest an sich drücken zu können, aber um die Wahrheit zu sagen, war ihm die Frau unheimlich. Wenn sie ihm nach wenigen Tagen so unter die Haut gehen konnte, obwohl er auf der Hut war, welchen Schaden würde sie dann anrichten, wenn er ihr freie Hand lassen würde? Ihm gefielen die Gedanken nicht, die sie in seinem Kopf auslöste.
Glücklich? wiederholte er spöttisch. Natürlich war er glücklich.
Er aß schnell, aber Annabelle schob ihren Teller noch früher als er seinen von sich und drehte sich auf dem Stuhl um, um den Sänger anzusehen, während sie mit den Fingern leicht auf die Tischplatte trommelte. Er prägte sich ihr zur Seite geneigtes Profil ein und fühlte sich ausgeschlossen. Sie faszinierte ihn viel mehr als seine letzte Verabredung, eine Frau, die ihn den ganzen Abend über angehimmelt und so unablässig geredet hatte, dass er sich am liebsten die Korken der Weinflasche in die Ohren gestopft hätte.
Aber diese Frau … diese Frau fesselte ihn.
Verwirrt darüber, wie besessen er von ihr war, winkte er den Kellner herbei und bat ihn um die Rechnung, bezahlte das Essen trotz Annabelles Einspruch und brachte sie zu seinem Wagen, nachdem der Angestellte des Parkservices damit vorgefahren war.
»Danke fürs Essen«, sagte sie, während sie sich anschnallte.
»Gern geschehen.« Er legte den Gang ein und fuhr auf die Straße. »Du bist da drinnen plötzlich so still geworden.«
Sie sah zum Fenster hinaus. »Manchmal rede ich zu viel.«
Er schürzte die Lippen. Hatte sie Angst, sie hätte beinahe etwas Schändliches enthüllt? Er hoffte, dass Henry bald etwas herausfinden würde, was seine Vermutung, dass Annabelle Coakley etwas plante, entweder bestätigen oder widerlegen würde.
Sie sprachen auf der Heimfahrt kein Wort, aber sie füllte das Innere des Autos – mit ihrem Duft, ihrer Aura. Er bemerkte immer wieder, dass er sich zu ihr lehnte und versuchte, ihr leises Seufzen zu hören und das Heben und Senken ihrer Brust zu sehen. Schlimmer noch: Der schmale Träger ihres BHs war an der linken Schulter ein paar Zentimeter heruntergerutscht – ein Träger, den er erkannte. Bei dem Wissen, dass sie die hauchdünne Unterwäsche mit dem Leopardendruck trug, wurde ihm ganz heiß.
Er rutschte unruhig hin und her und drehte das Radio auf, um seine Libido im Zaum zu halten. Dunkelheit, gab er zu, konnte einem Mann den Blick auf all die Gründe, warum er sich nicht zu einer Frau hingezogen fühlen sollte, verschleiern und stattdessen Bilder nur allzu erfreulicher nächtlicher Aktivitäten hervorrufen. Als sie sich schließlich der Wohngegend ihrer Eltern näherten, befand er sich in einem Zustand, den er seit seiner Jugend nicht mehr erlebt hatte, als Sex noch neu und aufregend war. Ehe er den emotionalen Ballast kennengelernt hatte, der damit verbunden war, wenn man sich mit einer Frau einließ.
»Soll ich dich beim Haus deiner Mutter absetzen?«, fragte er.
»Fahr zu deinem Vater. Ich sammle Mutter ein und bring sie nach Hause«, antwortete sie, als müsste sie ein Kind in Sicherheit bringen.
Er musste es ihr lassen – sie verhielt sich wirklich ganz so, als wäre sie gegen diese Hochzeit. Sie war vermutlich die schönste Betrügerin, die er je gesehen hatte.
Als sie das Haus seines Vaters betraten, winkte Martin ihnen aus dem Arbeitszimmer neben dem Foyer zu. Er sah allein fern und rauchte Pfeife. »Belle war müde und wollte früh zu Bett gehen. Wie war das Abendessen?«
Unerträglich. Clay zwang sich zu einem knappen Lächeln und antwortet: »In Ordnung.«
»Möchtest du etwas trinken, Annabelle?«
Sie
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