Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
Vom Netzwerk:
nicht an solchen Mumpitz glaube. Ich mietete mir mit letzter Kraft ein Zimmer an, fiel in das gemachte Bett und schlief fünfzehn Stunden durch. So lange hatte ich, soweit ich zurückdenken kann, noch nie am Stück geschlafen. Ich kann mich noch dunkel an einen Traum erinnern, der mich in der Nacht fortwährend verfolgte. In diesem Phantasiegebilde wurde ich von einem weiblichen Dämon in die Enge getrieben und schließlich angeschossen. Alles um mich herum war grün und nass. Ich hatte Angst; der Dämon ließ mich zum Sterben zurück. Schon komisch, dass Träume manchmal real werden können.
     
    Den nächsten Tag verbrachte ich zu meinem Bedauern komplett damit, meine Wunden zu lecken. Der lange Schlaf hatte zwar erheblich zu meiner Genesung beigetragen, konnte mich aber nicht zur Gänze kurieren. Auf meinem Schädel pulsierten zwei sichtbare Beulen, die wie durch ein Wunder nicht aufgeplatzt waren. In meinem Kopf herrschte zudem blankes Chaos. Die Welt drehte sich um Achsen, die es nicht mal gab. Ich war mehrfach kurz davor, mich zu übergeben, konnte die Übelkeit aber immer wieder im letzten Augenblick herunterschlucken. Das letzte Mal hatte ich vor einer gefühlten Ewigkeit gekotzt, als ich mit mir selbst auf die Erfüllung eines schwierigen Jobs angestoßen habe. Damals hatte ich zu viel Single Malt in meinem Blutkreislauf. Im dem Hotel stammte mein Delirium von platzierten Schlägen auf meinen Schädel. Wieder kroch saurer Mageninhalt meine Speiseröhre hoch und erreichte schon meine Mundhöhle. Obwohl ich mich bereits im Bad befand, zwang ich die Brühe mit großer Willenskraft wieder hinunter. Hätte ich mich an dem Tag übergeben, wäre mein Selbstvertrauen restlos in den Keller gerutscht. Ich spülte den schlechten Geschmack ausgiebig mit Wasser aus und rauchte drei Zigaretten am Stück. Ich wusste, dass Nikotin nicht zu meiner Genesung beitragen würde, aber das würzige Aroma meiner ‚Lucky Strikes‘ vertrieb den miesen Geschmack der Niederlage endgültig. Außerdem beruhigte ich zeitgleich die ungeduldigen Schreihälse in meinem Körper, die nach ihrem Suchtmittel gierten. Sie rüttelten für ein paar Stunden nicht mehr so heftig an ihren Ketten. Ich wurde ruhiger; mein Herz schlug im gleichmäßigen Rhythmus. Das Bett des annehmbaren Drei-Sterne-Hotels wurde zu meiner Krankenstation. Ich verließ es nur, um das Quartier für einen weiteren Tag zu buchen.
    Ich lag einfach da, starrte an die schneeweiße Decke und dachte nach. Über Hanna, mein Leben, den Auftrag. Hin und wieder nickte ich weg und hatte Albträume. Daran bin ich gewöhnt. Wenn man Menschen tötet, besuchen sie dich in deinem Schlaf und klagen dich an. Sie zeigen mit dem Finger auf dich und manchmal rächen sie sich sogar an dir. Grausam und blutig. Ungewöhnlich war trotzdem die hohe Intensität der Träume. Ich hatte immer wieder meine Bezwingerin vor Augen, wie sie kurz davor war, mir den Gnadenstoß zu verpassen. Einmal fühlte ich ihr Schwert zwischen meinen Rippen. Unter Eid würde ich schwören, dass ich den Schmerz des Stiches in meinen Eingeweiden spürte. Ich wachte schreiend auf.
    Ich rede mir gerne ein, dass ich keine Angst vorm Tod habe, aber das ist Unsinn. Der Tod ist furchterregend. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass niemand dem Tod gewachsen ist. Natürlich kann man diese Furcht vor seinen Kumpels oder Arbeitskollegen abstreiten, um als starker Mann zu erscheinen, als Alphatier sozusagen, aber wenn man dem gleichen Kerl eine Pistole an den Kopf hält und ihn um sein Leben betteln hört, kann man über seinen gespielten Heldenmut nur noch müde lächeln. Vertrauen Sie mir bei dieser Sache! Ich habe einige Menschen umgebracht. Kleine Kinder, Frauen und harte Typen. Alle hatten Furcht in den Augen, bevor ich abdrückte. Sie stellten sich ohne Ausnahme die gleichen ungewissen Fragen, die jeden von uns beschäftigen: Was geschieht mit mir nach dem Tod? Gibt es so etwas wie Himmel oder Hölle? Und habe ich so rechtschaffen gelebt, dass mir Petrus das Tor zum Paradies öffnen wird? Die meisten meiner Opfer mussten die letzte Frage klar mit ‚Nein‘ beantworten. Sie waren nicht besser als ich. Getrieben von Gier und Macht, haben sie gestohlen, vergewaltigt und getötet, um sich selbst zu bereichern. Sollten sie an die Lehren der Bibel geglaubt haben, wussten sie, dass die Hölle auf sie warten würde. Die wenigen Unschuldigen, die das Pech hatten, meinen Weg zu kreuzen, plagte neben der Angst oftmals die Frage

Weitere Kostenlose Bücher