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Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)

Titel: Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Kaczmarzyk
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nach dem ‚Warum‘. Was habe ich Furchtbares verbrochen, das die Todesstrafe nach sich zieht? Einige sind mit diesem fragenden Blick gestorben. Ich konnte ihnen die Antwort darauf nicht geben. Ich habe nur meinen Scheck für sie kassiert.
    In einer kleinen Rand bemerkung möchte ich mich noch von dem dreckigsten Schmutz der Gesellschaft abgrenzen. Ich möchte nicht, dass Sie mich falsch einschätzen, liebes Publikum. Ich habe auch meinen Stolz. Zum Beispiel habe ich noch nie jemanden vergewaltigt. Bei einem Auftrag huschte mir der Gedanke durch den Kopf, aber ich verwarf ihn schnell. Ich sollte die Freundin eines Zuhälters umbringen, die zu viel von seinen illegalen Geschäften mitbekommen hatte. Ich war noch ganz neu im Geschäft des Todes. Sie lag nackt vor mir, benebelt von irgendeiner Designerdroge, die sie vorher eingeworfen hatte. Ein niedliches Ding mit blonder Zottelmähne und melonenförmigen Brüsten. Sie sabberte ein wenig, aber das Gesamtbild war trotzdem ansprechend. Eine hinterhältige Stimme in meinem Kopf flüsterte: ‚Na komm schon! Du willst sie doch. Was ist schon dabei? Du solltest sie vögeln, solange sie noch warm ist. Gönn dir einen Ritt!‘ Diese Gedanken ekelten mich an, gerade weil sie meinem Kopf entsprangen.
    Ungeachtet der Bedenken, mit welchen Krankheiten ich mich bei ihr hätte anstecken können, wollte ich mir stets einen Rest Menschlichkeit bewahren. Ich fasste den Entschluss, sauber zu arbeiten. Ich brachte die Stimme der Gier zum Schweigen; sie meldete sich seitdem nie wieder. Keine Folter, wenn es sich vermeiden lässt, keine Lust am Leid anderer und keine Vergewaltigungen. Ich bin kein Heiliger, aber auch kein Sadist. In dieser Beziehung verfolge ich eine klare Linie. Normalerweise läuft ein Besuch von mir kurz und schmerzlos über die Bühne. Sicher gibt es Ausnahmen. Ich musste schon Menschen foltern, um an Informationen zu gelangen, aber ich hatte dabei keine Erektion. Zumindest in den letzten fünfzehn Jahren nicht. Ja, ich hab schon kleine Mädchen erdrosselt, sie aber vorher nicht unsittlich berührt. Und ich habe auch noch keine Leiche gefickt. Ob Sie es glauben wollen oder nicht, das Töten ist für mich ein Beruf wie jeder andere. Bekommen Bäcker eine Beule in der Hose, wenn sie Brötchen backen? Wohl kaum. Ich bin froh über mein widerspruchfreies Gefühlsleben. Andernfalls müsste ich mir Sorgen um meinen klaren Verstand machen.
    A m Tag nach dem Aufeinandertreffen mit Hanna Cramme ließen mich solche Überlegungen einfach nicht los. Ich dachte und dachte, wägte zwischen Gut und Böse ab. Mitten in diesen philosophischen Gedankenspielen schlief ich gegen Mitternacht friedlich ein.
     
    Die Sonne schien mir in die Augen. Der nächste Morgen war da und begann viel besser als der vorherige. Ich wachte gegen acht Uhr auf und fühlte mich frisch und ausgeruht. Ich verspürte keinerlei Schwindel mehr. Leichte Kopfschmerzen und zwei pochende Beulen erinnerten aber immer noch an mein Waterloo. Trotzdem gab es keinen Grund, um mit Depressionen im Bett liegen zu bleiben. Jeder Arzt hätte mich diensttauglich geschrieben. Und ich bin wirklich kein Weichei, das bei einer leichten Erkältung gleich Kasse macht. Das habe ich in meinem Gewerbe zum Glück auch nicht nötig. Ich bin keinem sesselpupsenden Chef Rechenschaft schuldig. Ich muss mich höchstens vor meinen Auftraggebern verantworten, wenn ich eine Mission vermasselt habe. Diese unangenehmen Gespräche kann ich allerdings an fünf Fingern abzählen. Die vorgewarnten Opfer hatten sich vor meinem Besuch jeweils ins Ausland abgesetzt. Ich bin zwar gut in meinem Job, kann aber auch nicht den ganzen Globus nach einem einzelnen Menschen abgrasen. Jeder Auftrag hat seine Grenzen. Und die sind in der Regel dann erreicht, wenn ich quer über das Himalaya-Gebirge wandern soll oder die Wüste Gobi nach einem verschuldeten Spielsüchtigen durchkämmen muss. Bei allem Respekt. Ich bin kein gottverdammter Extremsportler.
    Ich sprang also aus dem Bett und schlenderte ins Bad. Ich stellte mich dem gnadenlosen Urteil meines Spiegelbildes. Leider erhielt ich den Anblick, den ich befürchtet hatte. Ich sah schrecklich aus. Wie ein Junkie während des Entzugs. Meine Augäpfel waren mehr rot als weiß. Ich war unrasiert, voller Falten und stank nach altem Schweiß. Schon erstaunlich, wie schnell ein Mann zum Tier mutieren kann! Wenigstens ordneten die Beulen den Rückzug an und waren kaum noch zu sehen. Sie pochten lediglich noch. Es war

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