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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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von Besuchern zu beklagen hätte. Meine Kreationen stoßen anscheinend auf zu wenig Gegenliebe.«
    »Sie müssen Geduld haben, Victoria. Bis die Leute hier von ihrem geliebten Schweinsbraten ablassen und was anderes bestellen, das dauert. Das ist Erziehungssache.«
    »Sie haben leicht reden, Herr Senner. Sie bekommen Ihr Gehalt ja auch von der katholischen Kirche. Da brauchen Sie sich um den Unterhalt und die laufenden Kosten keine Gedanken machen.«
    »Schön wär’s. Meine Dienstherren in Passau zeigen sich recht sparsam, was unsere Gemeinde betrifft. Ich will mich nicht beklagen, aber für vieles fehlt das Geld.«
    »Wenn Sie meinen.« Es klang wie ein Seufzen.
    »Eins verspreche ich Ihnen: Ich werde Ihnen immer die Treue halten, auf mich können Sie als Gast immer zählen.«
    Victoria lächelte. »Lassen Sie das mal Ihre Haushälterin nicht hören …«
    »Teresa ist eine wunderbare Frau. Aber Ihre Künste am Herd … Was soll ich machen?«
    »Das wird schon noch. Nur nicht aufgeben.«
    7
    D ie Sonne schien durchs Fenster und beleuchtete die durch den Raum segelnden Staubpartikel. Wolfram Dix versuchte, sich auf ein einziges Teilchen zu konzentrieren und zu verfolgen, wo es am Ende landete, doch es gelang ihm nicht. Er dachte daran, dass man diese Partikel ständig einatmete und nichts davon merkte und dass er bei diesem Wetter eigentlich draußen sein sollte und nicht in diesem muffigen Besprechungszimmer. Die Worte des Abteilungsleiters rauschten an ihm vorbei. Es ging um die Kriminalstatistik der vergangenen beiden Monate. Langweiliges Zeug, Routinefälle.
    Wolfram Dix unterdrückte ein Gähnen und schob sich ein Kräuterbonbon in den Mund, das ihm seine Frau am Morgen in die Hand gedrückt hatte, weil er vergangene Nacht im Bett angeblich gehustet hatte. Beim Frühstück hatte er keine Lust auf Diskussionen gehabt, ob denn ein einzelnes Bonbon, das hauptsächlich aus Zucker bestand, überhaupt den Husten kurieren konnte, falls er überhaupt Husten hatte, was er bezweifelte. Aber jetzt kam es ihm gerade recht, als Zeitvertreib. Seine Zunge berührte das Bonbon, das sich rau und kantig anfühlte. Er schob es im Mund hin und her in der Hoffnung, die Ecken damit abzuschleifen. Es schmeckte bitter und scharf und eklig. Am liebsten hätte Dix es vor versammelter Mannschaft ausgespuckt, besann sich aber rechtzeitig eines Besseren.
    Sein junger Kollege Oliver Mirwald tippte unauffällig in sein Handy. Er war Dix zugeteilt, ein Universitätsabsolvent mit echtem Doktortitel. Für ihn war der junge Mann mit dem halblangen Haar einfach sein Assistent, ob das nun die korrekte Funktionsbezeichnung war oder nicht. Diese Akademiker hatten noch viel zu lernen, wie die Praxis bei der Kriminalpolizei in Passau ablief, wie die Menschen in dieser Region tickten, denn das war für einen Norddeutschen wie Mirwald nicht leicht zu kapieren. Wenn er einen Hauptkommissar zur Seite hatte, einen erfahrenen Beamten jenseits der fünfzig, konnte nicht so viel schiefgehen. Aber mit diesem Jungspund? Dix biss auf das Bonbon. Ein Krachen.
    »Und was meinst du dazu, Wolfram?« Der Einsatzleiter sah ihn an. Was war noch mal die Frage gewesen? Dix hatte nicht aufgepasst, deshalb zog er es vor, einen Hustenanfall zu simulieren, und winkte ab. Oliver Mirwald klopfte ihm auf den Rücken. »Tief durchatmen, wird gleich wieder. Haben Sie sich heute Nacht erkältet?«
    Dix lag eine Antwort auf der Zunge, aber er entschied sich lieber dafür, aufzustehen und unter weiterem Hustengebell das Zimmer zu verlassen. In seinem Büro riss er das Fenster auf. Unter ihm zog der Verkehr der Nibelungenstraße vorbei, der Himmel war makellos blau, die Sonne wärmte das Gesicht. Er hörte, wie die Tür aufging, machte sich aber nicht die Mühe, sich umzudrehen, weil normalerweise nur sein Assistent es wagte einzutreten, ohne anzuklopfen.
    »Ein bisschen dick aufgetragen.«
    »Was meinen Sie damit?« Dix schloss das Fenster und setzte sich hinter seinen Schreibtisch.
    »Na, Ihre Show bei der Besprechung. Sie wollten sich verdrücken.«
    »Und was sind Ihre Schlussfolgerungen daraus, Mirwald?«
    »Langweilige Veranstaltung.«
    »Sie haben einen wachen Verstand, Mirwald, aus Ihnen wird noch mal ein guter Kommissar, auch wenn Ihr Doktortitel natürlich ein ernstes Handicap ist – und Ihr Dialekt sowieso.«
    »Warum, ich spreche doch ein lupenreines Hochdeutsch?«
    »Genau das meine ich.«
    »Soll ich lieber Englisch reden? Oder Lateinisch?«
    »Sachte, sachte, wir

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