Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald
sind hier in Niederbayern. Außerdem: Sie schienen mir auch nicht ganz bei der Sache zu sein während der Besprechung. Diese Daddelei war wohl spannender.«
»Sie meinen mein Smartphone? Das gehört zu meinem Leben wie die Luft zum Atmen.«
»Wenn Sie sonst keine Beschwerden haben. Ich wünsche Ihnen nur nicht, dass Sie irgendwann auf der Intensivstation aufwachen und ans Handy angeschlossen sind statt an die Sauerstoffmaschine. Aber zurück zu Ihrer Diagnose: Was können wir gegen die Langeweile tun? Gibt’s denn überhaupt keine spannenden Fälle?«
»Sie haben es doch gehört, momentan ist es ruhig. Sie sollten froh darüber sein.«
»Zu ruhig ist auch nicht gut. Eine zünftige Aufgabe wäre nicht schlecht. Vorzugsweise was im Freien. Haben Sie nichts im Angebot, Mirwald?«
»Nichts, was in unseren Zuständigkeitsbereich fällt. Mit einem stinknormalen Einbruch wollen Sie sich wohl kaum herumschlagen. Oder mit Ladendiebstahl.«
»Schade.«
»Wobei, ich hätte da noch ein Schmankerl, wie Sie es wohl ausdrücken würden.« Die Augen des jungen Kommissars leuchteten. »Dass mir das nicht sofort eingefallen ist. Ermittlungstechnisch eine Lappalie.«
»Nun sagen Sie schon.«
»Es geht um einen gemeinsamen Freund.«
»Raus damit, was ist es? Sie machen mich neugierig.«
»Ich hatte einen Anruf von einer Polizeidienststelle. Es geht um eine gewisse Person, mit der wir beide bereits früher zu tun hatten. Der Beamte wusste davon, deshalb hat er mich informiert. Obwohl das angebliche Delikt nicht dramatisch ist.«
»Und?«
»Es liegt eine Anzeige von einem Ehepaar aus Hamburg vor. Wegen Beleidigung und Störung der Totenruhe. Sie wissen schon, Paragraph 168, ich zitiere: ›Wer unbefugt den Körper oder Teile eines verstorbenen Menschen wegnimmt, oder wer damit Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft‹«.
»Schön, dass Sie auf der Uni aufgepasst haben. Aber das müssen Sie mir nicht unter die Nase reiben. Kommen Sie auf den Punkt. Waren es Neonazis oder Geisteskranke?«
»Sie müssen in eine ganz andere Richtung denken, Sie werden überrascht sein.«
»Raus damit, wer von denen, die wir kennen, ist als Täter verdächtig? Gibt es Beweise?«
»Es gibt sogar einen unumstößlichen Beweis. Wollen Sie ihn sehen?«
»Haben Sie ihn hier?«
»Auf meinem Smartphone. Ein Foto. Wollen Sie es sehen?« Mirwald grinste. »Oder sind solche Geräte für Sie nur Teufelszeug?«
»Treiben Sie’s nicht zu bunt. Und mit dem Teufel spaßt man schon gar nicht. Aber ich habe vergessen, Ihr Glaube ist unterentwickelt. Also, her mit dem Foto.«
Mirwald tippte auf seinem Handy und hielt es Dix vor die Nase. Der starrte darauf und kippte auf seinen Stuhl zurück.
»Das ist ja ein Ding, bei allen Heiligen! Eine Pose wie im Theater. Wie heißt noch gleich dieses Stück?«
»Hamlet, von Shakespeare, ein Engländer, schon lange tot.«
»Ich weiß, wer Shakespeare ist. Werden Sie jetzt bloß nicht überheblich, ein wenig hab ich in der Schule auch aufgepasst.« Er sah sich das Foto nochmals an. Unverkennbar Hochwürden Baltasar Senner, in einer Grube stehend und einen Schädel hochhaltend.
»Das Ehepaar macht gerade in der Gegend Urlaub und ist zufällig an einem Feld vorbeigekommen. Da haben sie unseren lieben Pfarrer in dieser wirklich theatralischen Pose angetroffen. Angeblich wurde der Geistliche gegenüber den Touristen ausfällig. Deshalb auch die Anzeige wegen Beleidigung.«
»Hochwürden Senner, sieh an, sieh an.« Dix pfiff durch die Zähne. »Was der so alles treibt, kaum zu glauben.« Er dachte an den früheren Fall, bei dem sie mit dem Geistlichen zu tun hatten. Eine Reihe ungeklärter Todesfälle, ein mysteriöses Geständnis im Beichtstuhl. Eine Zeitlang hatten sie Senner in Verdacht gehabt, dahinter zu stecken.
»Ich habe damals schon gewusst, der Mann ist nicht ganz koscher.« Mirwalds Worte badeten in Genugtuung. »Sie haben mir damals nicht geglaubt.«
»Sie vergessen die Fakten. Es hat sich später alles aufgeklärt.«
»Ich weiß, ich weiß. Trotzdem: Ganz geheuer ist mir der Mann nicht. Und er hat uns aussehen lassen wie blutige Anfänger.«
Dix nickte. »Da ist was dran.«
»Mich würde es schon jucken, es diesem Menschen heimzuzahlen. Verdient hätte er es.«
»Langsam, mein Guter. Sie werden sich doch nicht von persönlichen Gefühlen leiten lassen? Haben Sie denn in Ihrer Ausbildung gar nichts gelernt? Herr Senner ist ganz in Ordnung, glaube ich,
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