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Stout, Maria

Stout, Maria

Titel: Stout, Maria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Soziopath von nebenan
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Gruppenselektion haben andere
Evolutionstheoretiker, darunter David Sloan Wilson und Stephen Jay Gould, die
biologischen und Verhaltenswissenschaften beschworen, die Möglichkeit in
Betracht zu ziehen, dass die Evolution durchaus auf mehr Ebenen als nur der genzentrischen
stattgefunden haben könnte. Der Naturalist Gould hat Forschungsergebnisse aus
der Paläontologie erneuert untersucht und besteht darauf, dass die natürliche
Auslese auf mehreren Ebenen stattfindet, vom Gen über das Individuum bis hin
zur Gruppe und sogar - oder gerade - der Art. Überdies vertritt er die
Auffassung, dass Kräfte, die sehr viel abrupter als die natürliche Auslese und
sehr viel schneller als in biologischen Zeiträumen wirken - Ereignisse wie
globale oder fast globale Katastrophen -, den Lauf der Evolution merklich
beeinflusst haben und das wieder tun könnten.
    Die
verschiedenen Ebenen der natürlichen Auslese stehen wahrscheinlich im
Widerstreit zueinander, insbesondere in Hinsicht auf altruistische
Verhaltensweisen und Emotionen wie dem Gewissen. Auf der Ebene des Gens und
auch auf der Ebene der Gruppe ist das Gewissen adaptiv, und die natürliche
Auslese würde es bevorzugen. Aber auf der Ebene des individuellen Lebewesens
könnte das Fehlen eines Gewissens manchmal noch vorteilhafter
für das Überleben sein. Somit ist es denkbar, dass die Natur ständig bei der
Mehrzahl der Menschen ein Gewissen fördert, während sie auf einer anderen
Ebene permanent einen kleineren Anteil von Individuen unterstützt, der ohne
die neurobiologischen Fundamente der emotionalen Bindung und des Gewissens
gedeiht.
    Der
Evolutionist David Sloan Wilson hat gesagt: "Es gibt zwingende
intellektuelle und praktische Gründe, zwischen Verhaltensweisen zu
unterscheiden, die erfolgreich sind, weil sie auf der Ebene der Gruppe zur
Organisation beitragen und solchen, die erfolgreich sind, weil sie die
Organisation auf Gruppenebene stören. Darin liegt die Bedeutung der Worte 'egoistisch'
und 'selbstlos', 'moralisch' und 'unmoralisch' im allgemeinen Sprachgebrauch." 59 Was Wilson auf diese Weise beschreibt, ist dieselbe verwirrende und nur allzu
vertraute Zweiteilung: Die Mehrheit, die in ihrem Denken und Fühlen danach
strebt, Konflikte zu minimieren, bei Bedarf zu teilen und ihr Leben mit den von
ihnen geliebten Menschen gemeinsam zu leben, und die Minderheit, die von
Konflikten profitiert und für die das Leben nicht mehr und nicht weniger ist
als ein ewiger Wettstreit um Dominanz.
    Und so
erkennen wir, dass selbst auf der fundamentalsten biologischen Ebene der Zwist
zwischen Gut und Böse älter ist als die Menschheit. Allerdings wird der
Wettstreit wohl in uns sein Ende finden, und sein Endergebnis wird davon
abhängen, wie wir den gewaltigen Herausforderungen begegnen, die der Mensch in
die Welt getragen hat, darunter auch das Problem der Soziopathie. Auf Wegen,
die wir gerade erst zu verstehen beginnen, hat die natürliche Auslese ein
gewisses Maß an Altruismus unter den Menschen entstehen lassen und dabei
geholfen, eine menschliche Art zu formen, die mit der Fähigkeit zu lieben
ausgestattet ist und sich durch die leise Stimme des Gewissens untereinander
verbunden fühlt. Mindestens 96 Prozent
von uns sind im Grunde so beschaffen. Wie wir letztlich die von den anderen 4 Prozent verursachten Probleme des Überlebens der Art
lösen können, kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht wissen.
     
    Heinz im Dilemma
     
    Wenn wir
nun unsere Aufmerksamkeit von der Evolutionspsychologie auf die
Entwicklungspsychologie richten, kommen wir zu der interessanten Frage, wie
sich das Gewissen bei menschlichen Kindern entwickelt. Erblüht das Gewissen auf
natürliche Weise in der Psyche der Kinder, während ihre anderen geistigen
Fähigkeiten entstehen, oder erwerben und justieren Kinder ihr Gefühl für Moral
durch Lebenserfahrung, durch Lektionen, die ihnen von Familie, Gesellschaft und
Kultur vermittelt werden?
    Das
Gewissen als Emotion ist aus dieser Sicht noch nicht erforscht worden; aber wir
können viel daraus lernen, was über seinen intellektuellen Partner, die
moralische Abwägung, bekannt ist. Moralische Abwägung ist der Denkprozess, der
dem Gewissen assistiert und ihm hilft zu entscheiden, was zu tun ist. Wenn wir
es versuchen, können wir unsere moralische Abwägung mit Worten, Konzepten und
Prinzipien beschreiben.
    Joe war
mit moralischer Abwägung beschäftigt, als er mit gequältem Gewissen in seinem
Audi auf dem Weg zur Arbeit war und versuchte, sich

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