Sträfliche Neugier
ihn
wartete.
Im Gewerbegebiet schlich er sich gleich in den Hof hinter
der Blauen Lampe . Vor einem der Fenster stellte er sich auf die
Zehenspitzen und spähte durch die trüben Fensterscheiben. An einem Ecktisch sah
er einen Mann mit schwarzem Bart sitzen, der sich gerade mit der Hand über
seinen Kahlkopf strich.
Das muss er sein!‹ ,
sagte er sich. ›Ein komischer Kauz, mit dem wirst du allemal fertig‹ .
Diese Feststellung genügte ihm vorerst. Er war jetzt in
bester Stimmung und verspürte keine Lust sich jetzt schon schlafen zu legen.
Spontan beschloss er, entweder eine Kino-Spätvorstellung zu besuchen oder sich
anderweitig zu amüsieren. Victor musste halt noch ein bisschen warten.
Am Donnerstag aß Miroslav in einem Burgstädter Restaurant
zu Mittag, danach machte er sich erneut auf den Weg zur Schlossruine, und zwar
wieder über den Fußpfad.
Im Ruinenkeller war alles unverändert. Unter dem Licht der
Wachskerze holt er das kostbare Bündel aus dem Versteck und stopfte es in den
Rucksack. Danach schloss er wieder sorgfältig hinter sich ab und nahm den
gleichen Weg zurück. Sein Ziel war jetzt die Blaue Lampe .
In der Gaststube ging er gleich auf Eddy zu, der hinter der
Theke stand und Bier zapfte.
»Hallo Eddy«, fragte er. »Ist er schon da?«
Der Wirt nickte. »Wir hatten
eigentlich schon gestern mit dir gerechnet. Victor war stinksauer, weil du
nicht kamst. Da drüben sitzt er.« Eddy machte eine Kopfbewegung zu dem Ecktisch
unter der blauen Lampe, wo der glatzköpfige Mann mit dem schwarzen Bart saß;
seine schwarze Kappe lag vor ihm auf dem Tisch.
Miroslav ging langsam auf ihn zu. »Bist du der Victor?«,
fragte er scheinheilig.
»Ganz recht, der bin ich!« Victor Kornbichler sah Miroslav
kaum an. Er hob seine Augen gerade bis zum oberen Rand des vor ihm stehenden
Bierglases, machte dann jedoch eine einladende Handbewegung und Miroslav setzte
sich.
»Nun, was hast du mitgebracht?«, fragte der Schwarzbärtige,
der seine Neugier nicht verbergen konnte. »Lass mich mal seh’n!«
Miroslav griff in seinen Rucksack und zog den prall
gefüllten Stoffbeutel heraus. Mit Interesse verfolgte Victor jede seiner
Handbewegungen. Dann öffnete Miroslav den Beutel einen Spalt und ließ Victor
kurz hineinschauen.
»Pfui, stinkt das! Aber egal, schütte das Zeugs mal auf den
Tisch, ich will alles sehen!«, herrschte ihn Victor an.
»Bist wohl verrückt, doch nicht hier!«, konterte Miroslav.
»Willst wohl unbedingt Zuschauer, wie?«
Doch Victor hatte bereits in den Beutel gegriffen und hielt
einen mit Edelsteinen besetzten, goldenen Armreif in der Hand.
»Rück das Ding sofort wieder raus!«, brüllte ihn Miroslav
an
Nur widerwillig gab Victor das Schmuckstück wieder her und
wetterte: »So werden wir nie handelseinig, wenn ich die Sachen nicht mal
berühren und ihren Wert abschätzen darf?«
Aber Miroslav blieb hartnäckig und band den Beutel wieder
zu. Nun sah ihn Victor erstmals richtig an: »Du willst mich wohl verarschen,
wie? Die Sachen sind nicht echt!«
»Denk doch was du willst! Alles ist echt, so echt wie du
und ich. Und wenn du mir nicht traust, dann eben nicht!« Damit steckte Miroslav
den Beutel wieder in den Rucksack.
Victor stichelte jetzt: »Ha!
Geerbt haben willst du das alles? Dass ich nicht lache! Die Sachen stammen doch
aus dem Einbruch in einen Stuttgarter Juwelierladen. Unter dem gestohlenen
Schmuck soll sich auch ein solcher Armreif befunden haben.« Mit Kennerblick
hatte er festgestellt, dass es sich um besonders seltene und wertvolle
Preziosen handelte und dachte bereits an den Erlös aus einem Weiterverkauf.
»Ist mir auch wurscht, woher du es hast. Was soll denn der Kram kosten?«
Miroslav ging auf Victors
Verdacht nicht weiter ein und sagte nur: »100.000 US Dollar, und keinen Cent
weniger!«
»Unmöglich! 80.000 kann ich dir geben, mehr nicht. Ich kann
das Zeugs für höchstens 85.000 an den Mann bringen. Und 5.000 Piepen müssen für
mich dabei schon rausspringen.«
Als Miroslav jedoch bei seiner Forderung blieb, wurde Victor
ärgerlich und beschimpfte ihn auf übelste Weise. Dann aber schien er sich eines
Besseren zu besinnen und schlug einen freundlichen, beinahe bettelnden Ton an:
»Nun sei nicht so stur und gib dich mit 80.000 zufrieden. Komm
schon, schlag ein.« Er hielt Miroslav die Hand hin.
Miroslav gab jetzt widerwillig nach: »Na gut, ich will
nicht so sein und gehe runter auf 90.000, obwohl das viel zu wenig für diese
seltenen Stücke
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