Sträfliche Neugier
Fensterschacht und kurz darauf
wurde die Durchreicheklappe geöffnet. »So, nun raus mit dem Beutel!«
Mutig befolgte Tom die Anweisung. Dann wurde die Klappe
wieder geschlossen, worauf sich die Schritte des Schwarzbärtigen hörbar
entfernten. Kurz darauf vernahmen sie das Aufheulen eines Mopedmotors. Das kam
ihnen merkwürdig vor, denn auch der Hinkende war kurz zuvor auf einem Moped
davongefahren.
Alle ihre Versuche, übers Handy Hilfe zu holen, waren
vergebens, denn aus diesem dicken Gemäuer kam keine Verbindung nach draußen
zustande. Aus der Ferne vernahmen sie das Martinshorn eines Polizeiautos.
Einmal glaubten sie, die Rotoren eines Hubschraubers über sich zu hören. Ob man
schon nach ihnen suchte? Wenn nicht, dann waren sie so gut wie tot.
In der feuchtkalten Luft des Kellergewölbes begannen sie zu
frieren. »Lasst uns ganz eng zusammenrücken«, riet Tom. »Das macht das Vieh auf
der Weide auch so, dadurch wärmen wir uns gegenseitig und können überleben, bis
wir gerettet werden, sofern der Schwarzbart sein Wort hält.« Daraufhin drängten
sie sich aneinander und schützten sich so vor einer tödlichen Auskühlung.
Christian Seiffert war enttäuscht. Nie durfte er seine
Schulfreunde auf ihren Radtouren begleiten. Angeblich sei er zu langsam und
behindere sie nur. Aber diesmal wollte er dabei sein und folgte der Gruppe in
seinem Rollstuhl.
Unweit des Gasthauses ›Zur blauen Lampe‹ bezog er
Position und beobachtete heimlich das Geschehen. Als er sah, dass die SALTOS mit ihren Mountainbikes dem Moped folgten, fuhr er so schnell er konnte
hinterher und versteckte sich bei der Schlossruine hinter einem Gebüsch; er
kannte sich hier oben gut aus. Von seinem Standort aus sah er seine Freunde vor
einem Kellerfenster hocken, dann den humpelnden Mann auf einem Moped mit dem
Kennzeichen EZ 345 davonbrausen. Er beobachtete, wie die Fünf im dunklen
Eingang des Sommerkellers verschwanden. Dann gewahrte er einen Mann mit
schwarzem Bart und Glatze, der ein Moped vor sich her schob und es neben dem
Kellereingang abstellte. Der Mann lief die Kellertreppe hinunter, versuchte
vergeblich die Tür zu öffnen, eilte wieder hinauf und verschwand ebenfalls im
Sommerkeller.
Kurz danach erschien der Schwarzbärtige wieder und kniete
vor dem Fensterschacht. Er rief etwas hinunter, verschwand erneut im
Sommerkeller und kehrte gleich wieder zurück, diesmal mit einem Beutel in der
Hand. Er setzte sich auf das Moped mit dem Kennzeichen EZ 345 und fuhr
knatternd davon.
Christian registrierte: Der Hinkende und der Schwarzbärtige
waren mit dem gleichen Moped hinuntergefahren. Wie war das möglich? Plötzlich
vernahm er einen Knall. Es klang wie ein Gewehrschuss. Nun, vielleicht hatte
ein Jäger wieder mal ein Wildschwein erlegt. Diese Schwarzkittel verwüsteten
bei ihren nächtlichen Wühltouren schon seit langem die Äcker und Gärten der
Umgebung.
Nun rollte Christian an den Fensterschacht. Die Jungen im
Keller schauten verängstigt hoch, erkannten aber erleichtert das große
Speichenrad eines Rollstuhls, danach auch Christians Gesicht. Gott sei Dank,
nun waren sie gerettet!
Tom erzählte kurz, was vorgefallen war. Auch Christian
berichtete von seinen Beobachtungen und versprach, sofortige Hilfe
herbeizuholen. Allerdings müsse jeder von ihnen über das gefundene Geld
absolutes Stillschweigen bewahren, um nicht in den Verdacht einer strafbaren
Handlung zu geraten. Sie sollten behaupten, sich im Keller versteckt zu haben,
worauf die Tür plötzlich zugefallen sei. Die Jungen versprachen, sich an diese
Darstellung zu halten. Sie wollten nur ganz schnell raus aus diesem elenden
Loch.
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Teil 3
16
Der
Schwarzbärtige
V ictor
Kornbichler, ein 40jähriger gebürtiger Wiener, bewohnt ein luxuriöses
Appartement im vornehmsten Stadtteil Stuttgarts. Nach außen hin gibt er sich
gern als Biedermann. Aber niemand kennt seinen wirklichen Namen oder ahnt auch
nur, dass er auf der polizeilichen Fahndungsliste steht. Neben Raubüberfällen
auf Uhrenläden soll er auch den Mord an einem Juweliersehepaar verübt haben. Um
den Fahndern zu entkommen legte er sich nicht nur einen falschen Namen zu,
sondern veränderte auch sein Äußeres. Im Gegensatz zu dem auf Fahndungsplakaten
abgebildeten, glattrasierten Mann mit dunkelbraunem, nach hinten gekämmten Haar
trägt er nun einen gepflegten, schwarz gefärbten und sorgfältig gestutzten
Bart. Außerdem ließ
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