Sträfliche Neugier
Polizei-Inspektion Burgstadt. Schon nach einigen Minuten trafen zwei
Polizisten und ein Kriminalbeamter ein. Mit ihnen kam auch ein Schlosser, der
die Kellertür mittels eines Spezialwerkzeugs öffnete. Die eingesperrten Jungen
waren überglücklich, endlich das Kellerverlies verlassen zu können. Sie
erklärten den Beamten den Grund für ihre Gefangenschaft so, wie sie es
Christian versprochen hatten. Der hatte es sich nicht nehmen lassen, bei der
Befreiung seiner Kameraden zugegen zu sein. In ihren Augen war er nun der
absolute Held.
Um den Leichnam kümmerten sich die ebenfalls eingetroffenen
Spezialisten von der Spurensicherung. Die Leitung der Ermittlungen lag in den
Händen von Kriminalhauptkommissar Holger Tewes, eines Beamten mit langjähriger
Berufserfahrung.
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21
Die
Leichenschau
D a er
erst spät nach Hause gekommen war, fühlte sich Christian am nächsten Morgen
elend und müde. Er beschloss daher, heute die Schule zu schwänzen; er wäre im
Unterricht ohnehin eingeschlafen. Gleich nach dem Frühstück besuchte er Claudia
Berger. Bevor er ihr noch von seinen schrecklichen Erlebnissen berichten
konnte, vernahmen sie die Lautsprecherdurchsage eines vorbeifahrenden
Polizeiautos:
Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei. Vergangene
Nacht wurde am Waldrand in der Nähe der Schlossruine Hohenburg eine männliche
Leiche entdeckt. Eine Identifizierung war vorerst nicht möglich. Wer eine
Person vermisst oder sonstige Angaben machen kann, melde sich bitte umgehend
bei der Polizei-Inspektion Burgstadt.
»Mein Gott, der Tote wird doch wohl nicht Max sein? Ich
habe meinen Bruder seit gestern Abend nicht mehr gesehen!«. Claudia war
ziemlich aufgeregt. »Er ist abends normalerweise immer zu Hause. Aber ich nahm
an, dass er wieder mal bei seinem Freund Tim Lorenz übernachtet. Ich muss
sofort zur Polizei gehen, hoffentlich lässt sich dort alles aufklären!«
Christian wollte es nicht ausschließen, dass es sich bei
dem Toten um Max handelte, aber er hielt sich mit einer Äußerung diskret
zurück. Beide verließen eilig das Haus.
Auf dem Polizeirevier wurde Claudia mitgeteilt, dass sich
der Leichnam bereits im Gerichtsmedizinischen Institut befände. Viele Jahre
waren vergangen, seit sie an der naturwissenschaftlichen Fakultät als Studentin
der Biologie eingeschrieben war. Sie hatte seit ihrer Erkrankung nie mehr ein
Universitätsgebäude betreten. Nun stand sie in dem kalten Obduktionsraum vor
dem dort aufgebahrten Leichnam. Als ein Medizinstudent das weiße Laken am Kopf
des Toten etwas anhob, erschrak sie. Aber sie konnte dessen verunstaltetes
Gesicht nicht als das ihres Bruders identifizieren.
»Der hat eine volle Ladung Schrot ins Gesicht bekommen«,
meinte Hauptkommissar Tewes. »Ist das nun Ihr Bruder Max?«, fragte er Claudia,
als sie sich mit Grausen von dem Toten abwandte.
»Hm, die Größe passt schon, auch die Haare könnten stimmen,
aber was die Kleidung angeht, bin ich mir nicht sicher. Doch warten Sie
mal...« Sie hob den linken Arm des Toten auf. Alle Finger waren vollzählig
vorhanden.
»Das ist nicht mein Bruder Max!«, jubelte sie. »Max hatte
als Bub mit Chemikalien hantiert und dabei den Mittelfinger der linken Hand
eingebüßt. Sehen Sie selbst: Alle Finger sind noch dran!«
Gerade als sie sich verabschieden wollte, eilte ein Mann in
weißem Kittel auf Hauptkommissar Tewes zu. Beide sprachen kurz miteinander, der
Mann entfernte sich dann wieder. Claudia sah in das angespannte Gesicht des
Kriminalbeamten, als dieser sich zu ihr wandte und mit ruhiger Stimme sagte:
»Sie haben recht, es ist nicht Ihr Bruder. Man fand unter
der Einlegesohle seines linken Schuhes einen Personalausweis. Es handelt sich
um einen vermutlich illegal eingereisten Polen namens Miroslav Strogulski.
Haben Sie vielen Dank, dass Sie sich hierher bemüht haben.«
Im gleichen Augenblick piepste das Handy des
Hauptkommissars. Claudia sah, wie sich Tewes’ Gesichtszüge entspannten, und sie
hörte, wie er bestätigte: „Ja, Miroslaw Strogulski, ein polnischer Immigrant.
Ja, illegal, ganz richtig.“ Zu Claudia sagte er dann: „Den Mörder haben sie
jetzt, Gott sei Dank!“
Claudia stand noch ganz unter dem Eindruck der
Leichenschau, als Christian am Nachmittag erneut vorbeikam.
»Sag schon, ist es Max gewesen?«, erkundigte er sich
besorgt.
»Es war ein schauderhafter Anblick, dieser verstümmelte
Mensch.
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