Sträfliche Neugier
verkleinern sollten, damit den Nutzpflanzen nicht Lebensraum und
Nahrung entzogen würde. Die ganze Entwicklung stand kurz vor dem Abschluss, und
er hoffte auf die Erteilung von Patentrechten. Wenn er diese erhielte, würde er
ein reicher Mann sein und sofort den Schuldienst aufgeben. Er freute sich schon
jetzt auf die Gesichter seiner Kollegen. Und vielleicht würde er dann doch noch
eine Frau finden, denn eine Schönheit war er wahrhaftig nicht, was ihm durchaus
bewusst war. Trotzdem: Seine lachenden Augen erkannte man auch durch die dicken
Brillengläser, seine Stimme war wohlklingend und angenehm. Er war immer
vergnügt und hatte viel Sinn für Humor, weshalb er bei seinen Schülern trotz
seines skurrilen Aussehens recht beliebt war. Das änderte aber nichts an der
Tatsache, dass er mit Härte und Entschlossenheit alle ihm zur Verfügung
stehenden Mittel einsetzte, um seine seltsamen Ziele zu erreichen.
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28
Die Unzertrennlichen
D ie
Zwillinge Robert und Franziska Abel waren immer schon ein Herz und eine Seele.
Es kommt selten vor, dass sich zweieiige Zwillinge in Wesen und Charakter so
ähneln. Wann immer möglich erledigen Robby und Franzi – wie man die beiden auch
nennt – alles gemeinsam.
Zu ihrem 15. Geburtstag schenkte Robert seiner Schwester
eine silberfarbene, mit bunten Schmucksteinen verzierte Haarspange. Sein ganzes
Taschengeld war für diesen simplen Modeschmuck draufgegangen. Seitdem ziert bei
besonderen Anlässen diese Spange ihr goldblondes Haar.
Robby dagegen bekam von Franzi als Geschenk eine Armbanduhr
besonderer Art. Diese Uhr hatte ein dunkelblaues Gehäuse und violette Zeiger,
die zwölf Ziffern bestanden aus winzig kleinen Abbildungen von allerlei Tieren
wie Fröschen, Fischen und Insekten. Das sollte eine Anspielung auf seine
Naturverbundenheit sein. Robby freute sich riesig über die Uhr und meinte dann:
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ohne dich wäre. Wenn
du mal heiratest, dann darfst du mich nie vergessen, ist das klar?«
Franzi schaute ihn belustigt an und drohte ihm spaßhaft mit
dem Finger. »Na hör mal, wie könnte ich dich vergessen! Aber ich will hoffen,
dass auch du immer an mich denken wirst, wenn du mal ’ne Frau gefunden hast.«
»Und ob«, sagte Robby und fügte hinzu: »Du, ich habe mir
etwas überlegt.«
»Na, da bin ich aber neugierig!«
»Also: Für den Fall, dass wir uns später mal aus den Augen
verlieren, sollten wir einen Treffpunkt vereinbaren, um uns jederzeit
wiederzufinden. Denn es könnte auch uns ähnlich wie Mama ergehen, als sie auf
der Flucht aus Ostpreußen Eltern und Geschwister verlor. Wir könnten uns zum
Beispiel in München am Marienplatz treffen, direkt vor der Mariensäule, und
zwar an unseren Geburtstagen, also am 20.September um 12 Uhr mittags. Was
hältst du davon?«
»Klasse Idee, hätte ich dir gar nicht zugetraut«, flachste
Franzi. »Ich finde den Vorschlag so gut, dass er direkt von mir sein könnte.
Also abgemacht?«
»Abgemacht – wir dürfen das aber nie vergessen!« Und Franzi
schlug in Robbys ausgestreckte Hand ein.
Erst nach Jahren sollten die Zwillinge erfahren, wie klug
es war, diese Vereinbarung getroffen zu haben.
Nach dem Gespräch mit Doktor Curtius kam Robby ziemlich
aufgeregt nach Hause und fragte seine Schwester:
»Du, Franzi, hättest du vielleicht Lust, mit mir und meinem
Bio-Lehrer Doktor Curtius eine außergewöhnliche Exkursion zu unternehmen?«
»Eine Exkursion wohin?« Franzi schien nicht besonders
beeindruckt zu sein.
»In einen Hummelbau. Zuvor würde uns Doktor Curtius bis auf
Ameisengröße verkleinern. Dann könnten wir das Leben der Hummeln aus nächster
Nähe betrachten.«
»Spinnst du?« Franzi schüttelte den Kopf. »Ich mache ja
gern alles mit, aber so was, nee! Und wie willst du denn auf einmal so klein
wie eine Ameise werden, verrate mir das mal!«
Robby berichtete ihr von seiner Unterredung mit Doktor
Curtius. Und es gelang ihm tatsächlich, Franzis Bedenken zu zerstreuen.
Daraufhin meinte sie: »Na gut, wenn das so ist und für uns
beide keine Gefahr besteht, komme ich mit. Aber wehe dir, wenn da was schief
läuft!«
»Hab nur keine Bange. Ich finde es toll, dass du
mitkommst!« Robby war überglücklich und gab Franzi einen dicken Kuss.
»Und wann soll’s losgehen?«, erkundigte sie sich.
»Ich denke, dass es bald so weit ist. Doktor Curtius gibt
uns rechtzeitig Bescheid.«
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