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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus H. Stumpff
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liegenden
Unebenheiten zu überwinden. Es kostete uns viel Kraft und Schweiß, bis wir
endlich vor unserem Reisefahrzeug standen. Ich öffnete die Tür, und nachdem
Phil und Lucia sich auf die Fensterplätze gesetzt hatten, verriegelte ich sie von
innen sehr sorgfältig. Ich begab mich sogleich ins Cockpit und startete den
Motor. Langsam begann sich die Antriebsschraube zu drehen, wurde dann schneller
und immer schneller. Aber offenbar bohrte sich die Schraube noch nicht richtig
ins Erdreich, denn es flogen Steine um uns herum, und der Zepp kam einfach
nicht voran.
    »Ihr müsst beide mit nach
vorne kommen, damit sich der Bug nach unten neigt«, erklärte ich meinen
Schülern. Tatsächlich bohrte sich nun die Schraubspitze immer tiefer in die
Erde, und allmählich verschwand das Tageslicht. Unser Fahrzeug hatte also die
Unterwelt erreicht. Langsam wühlte sich der Zepp durch den feuchten Boden. Da
er voller Hohlräume war, hellte es sich zwischendurch immer wieder etwas auf
und es gab viel zu sehen. Die Scheinwerfer funktionierten tadellos. Hin und
wieder stieß die Schraube an ein Hindernis und der Zepp kam zum Stillstand. In
diesem Falle bediente ich – ähnlich wie bei einem Flugzeug – einen
Steuerknüppel. Das Fahrzeug ließ sich dadurch drehen und schlug eine andere
Richtung ein.
     
    Immer tiefer bohrte sich das
Vehikel durch den Untergrund, und im Licht der Scheinwerfer machten wir
interessante Beobachtungen. Wir fuhren durch kleine Höhlen, die mit Wasser
gefüllt waren, aber mein Zepp war selbstverständlich wasserdicht. Die nähere
Umgebung steckte voller Überraschungen, wir wussten gar nicht, wohin wir zuerst
blicken sollten. Überall entdeckten wir die Überreste von verwesten Insekten
und Pflanzen. Ich erklärte meinen beiden Begleitern, dass dieses der Humus sei,
aus dem jede gute Gartenerde bestehe. Dann wieder bewunderten wir die
unzähligen, bunt schimmernden Kristalle, die man als normalgroßer Mensch sonst
gar nicht zu sehen bekommt. So unglaublich farbenprächtig sah alles aus, dass
Lucia ständig Begeisterungsrufe ausstieß. An den Panoramafenstern streiften die
verschiedenfarbigsten Algen vorbei, im tropischen Regenwald könnte es kaum
fantastischer aussehen. Und dann die unterschiedlichsten Lebewesen in dieser
verborgenen Welt! Besonders faszinierten uns die Kieselalgen! Diese besaßen
einen zierlichen Panzer mit wunderschönen Verzierungen, was Lucia immer wieder
in Entzücken versetzte. Nach längerem Schweigen zeigte nun auch Phil seine
Begeisterung:
    »Das sind aber sonderbare
Tierchen«, meinte er.
    »Nein«, sagte ich. »Das sind
keine Tiere, sondern Pflanzen. Deren äußere Struktur ist dermaßen gleichförmig,
dass man sie als Testpräparate für die Justierung von Objektiven bei
Mikroskopen verwendet. Demnächst werde ich euch das im Bio-Unterricht
vorführen. Die Kieselalgen haben aber auch noch eine andere Verwendung: Der
italienische Chemiker Ascanio Sobrero entwickelte 1846 einen explosiven Stoff –
nämlich Nitroglycerin. Diese ölige Substanz war aber derart stoßempfindlich,
dass bereits die kleinste Erschütterung zu einer heftigen Explosion führte. Der
Sprengstofftechniker Alfred Nobel hat dem Nitroglycerin nach einer Reihe von
Experimenten Kieselgur zugeführt, das aus abgestorbenen Kieselalgen besteht und
in der Erde massenhaft vorkommt. Dieses Kieselgur saugte das hochexplosive Öl
auf, woraus ein neuartiger Sprengstoff namens Dynamit entstand.«
    Ich wollte meinen Schülern
noch sagen, dass es eben dieser Alfred Nobel war, der einst den Nobelpreis
stiftete. Doch leider musste ich meinen Vortrag abbrechen, denn plötzlich sahen
wir seltsame Kreaturen um uns herumschwimmen, so zum Beispiel einige Arten von
Urtierchen, die man normalerweise nur unter einem Mikroskop betrachten kann.
Für uns aber wirkten sie so groß wie kleine Hunde. Eines schwamm jetzt ganz
dicht an unser Fenster heran. Es war total durchsichtig, so dass man alle seine
inneren Organe betrachten konnte. Wie ein Teleskop dehnte das seltsame Wesen
seinen Körper aus und zog ihn wieder zusammen. Dann beobachteten wir, wie sich
eines dieser Geschöpfe auf ein anderes Urtierchen stürzte und es gierig
auffraß. Die Kinder verfolgten das mit Entsetzen. Später wurden wir noch von
verschiedenen Arten von Würmern überrascht, die sich wie riesige Pythons durch
eine düstere Gebirgslandschaft an uns vorbeischlängelten.
    Auf einmal erschütterte den
Zepp ein mächtiger Schlag! Da erblickte ich durch das

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