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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus H. Stumpff
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war gerade sehr spannend.
    »Natürlich! Das ist doch mein Vater, Walter Abel! Mein
Gott, sieh doch nur, wie er leibt und lebt! Ob er wohl noch am Leben ist? Der
Film ist ja schon uralt.«
    Beide sahen sich den Film bis zum Ende an, ohne noch auf
die Handlung zu achten. Ihr Interesse galt ausschließlich dem Kommissar Kamper,
dem Besessenen, nach welchem die Krimiserie tituliert war.
    »Ja, nun sehe ich meinen Vater wieder ganz deutlich vor
mir. Und ich erinnere mich, wie sehr ich ihn immer vermisste. Er war so oft
verreist wegen seiner vielen Film- und Fernsehaufnahmen. Eben war er wieder da,
so wie er leibte und lebte. Wie gern wäre ich zu ihm hingegangen und hätte ihn
in umarmt. Schade, dass es nichts als Illusion war!«
    Plötzlich fiel ihm noch etwas ein, er sah aufgeregt seine
Frau an:
    »Erinnerst du dich an die CD mit dem Chopin-Klavierkonzert?
Der Name der Pianistin lautete doch Patricia Hoff , nicht wahr? Susanne,
diese Frau, das war meine Mutter. Wie konnte ich nur ihren Mädchennamen
vergessen! Ob sie wohl noch lebt?«
    Alle sah er nun wieder ganz deutlich vor sich, die Eltern
und seine Schwester Franziska. Und er erinnerte sich daran, dass sie einst
geschworen hatten, sich an ihrem Geburtstag um genau 12 Uhr mittags am
Marienplatz in München vor der Mariensäule zu treffen, sollten sie sie sich aus
den Augen verloren haben.
     
    In den nächsten Wochen versuchte Markus herauszufinden, wo
seine Eltern und Franziska jetzt lebten. Das Ergebnis seiner Suche war wenig
erfreulich. Sein Vater war schon seit sieben Jahren tot, sein Grab befindet
sich auf dem Münchner Waldfriedhof. Auch seine Mutter verstarb schon vor
einigen Jahren in einem Münchner Pflegeheim. Die Lage ihres Grabes brachte er
leider nicht in Erfahrung. Aber Franziska schien spurlos verschwunden zu sein.
Trotzdem gab er die Hoffnung nicht auf, sie aufzuspüren und plante bereits die
Einschaltung einer Detektei. Doch zunächst wollte er noch den gemeinsamen
Geburtstag abwarten in der vagen Hoffnung, seine Schwester dann in München
wiederzusehen. Allerdings kam es ihm merkwürdig vor, dass Franzi ihrerseits
nicht nach ihm zu suchen schien, denn auch sie musste doch den Aufruf im
Fernsehen mitbekommen haben.
     
    Wie an jedem Morgen las Markus die Süddeutsche Zeitung ,
als sein Blick auf einen Artikel unter der Rubrik ›Wissenschaft‹ fiel:
     
    In der Nacht vom 1. April wurde der 41-jährige
Autoimporteur und Stuntman, der Franzose Pascal Triomphe, in einem Pariser
Vorort überfallen. Als man ihn fand, sickerte Blut aus zahlreichen
Schnittwunden. »Mein Geist schwebte in einem Zustand unendlicher Glückseligkeit
über meinem malträtierten Körper«, sagte Triomphe. »Der Schmerz kam erst, als
der Geist wieder in den Körper zurückgekehrt war.«
    Im Krankenhaus fragte ihn ein Polizeibeamter nach seinem
Namen. »Ich weiß ihn nicht«, stammelte er. »Ich weiß ihn wirklich nicht mehr.«
Dann hörte er, wie ein Arzt das für ihn unverständliche Wort murmelte:
»Amnesie.« Das traumatische Erlebnis dieser Nacht hatte sein Gedächtnis nahezu
komplett ausgelöscht. Wie bei einem Computer, bei dem die Festplatte neu
formatiert wird.
     
    »Du, Susanne«, sagte Markus. »Ich lese da gerade etwas über
einen Mann, der wie ich das Gedächtnis verloren hat. Hier kommt noch was
Interessantes, hör mal!« Er las ihr vor:
     
    Die Monate nach dem Überfall waren die reinste Hölle
gewesen. Mit einem Netz orangefarbiger Bälle, das er aus einem Supermarkt
mitbrachte, konnte er nichts anfangen. Die Bälle schmeckten einfach nicht. Bei
einem Besuch hatte er einmal eine Freundin etwas kochen sehen, also warf er die
Bälle in Salzwasser und stellte sie auf den Herd. Aber auch das hat sie nicht
genießbar gemacht. Er wusste nicht, dass es Orangen waren und dass man sie
schälen muss. Er wusste nichts mehr, musste alles neu lernen, selbst die
Muttersprache, von der ihm nur wenige Worte geblieben waren.
     
    »War das mit mir genauso?«,
fragte er Susanne. »Zum Glück hatte ich ja meine Sprache nicht verlernt, und
auch sonst war es wohl nicht ganz so schlimm mit mir wie bei diesem Franzosen,
oder?«
    »Nein, eigentlich empfand ich dich immer als völlig normal.
Ich hatte auch nie das Gefühl, dass du darunter littest, gar nichts über deine
Herkunft zu wissen.«
     
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37
     
    Eine tragische Achterbahnfahrt
     
    N achdenklich
schaute Markus aus dem Fenster. Jetzt erinnerte er sich genau an

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