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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus H. Stumpff
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Julia
starrte fassungslos auf die blaue Armbanduhr mit den violetten Zeigern und den
Tierbildchen anstelle der Ziffern. Bevor sie zu einer Reaktion fähig war,
schrie Markus schon:
    »Franzi, du bist’s tatsächlich!«
    Dann fielen sich die Geschwister um den Hals, sie
liebkosten sich, ihre Umarmung wollte kein Ende nehmen. Erst dann schauten sie
sich richtig an.
    Julia zitterte vor Aufregung am ganzen Körper. Dann sagte
sie:
    »Gott sei Dank, dass du diesmal gekommen bist!«
    »Ja, endlich haben wir uns wiedergefunden! Wie hübsch du
geworden bist! Schau her, die sind für dich.« Er überreichte ihr den
Rosenstrauß.
    »O, wie lieb von dir.« Sie nahm ihm die Blumen ab und gab
ihm einen Kuss auf die Wange mit der großen Narbe. »Ich hätte dich fast nicht
wieder erkannt, mein großer alter Robert. Daran ist diese Narbe Schuld, die
hattest du damals noch nicht. Aber ich wusste ja, dass du noch lebst, und
hoffte Jahr für Jahr auf ein Wiedersehen.«
    »Ich heiße nicht mehr Robert, sondern Markus«, sagte er
lächelnd.
    Julia schaute ihn erstaunt an. »Wieso Markus? Du warst und
bist immer noch mein Bruder Robert, oder etwa nicht?«
    »Ja, schon«, seufzte Markus, »aber das ist eine lange
Geschichte. Vielleicht finden wir später einen ruhigeren Platz, wo ich dir
alles erklären kann.«
    Julia hakte sich bei ihm unter, und sie bummelten in der
milden Septembersonne durch die Stadt. Im Café am Dom fanden sie einen
freien Ecktisch. Hier erfuhren sie alles über ihr Ergehen in den vergangenen
Jahren. Markus zeigte sich bedrückt als er sagte:
    »Nachdem ich endlich meine Identität wiederfand, forschte
ich natürlich nach deinem und unserer Eltern Verbleib. Während du keinerlei
Spuren hinterließest, erfuhr ich, dass Mama und Papa nicht mehr leben. Das hat
mir sehr wehgetan. Woran sind sie denn gestorben?«
    »Ach, Papa erlag vor sieben Jahren einem Herzleiden. Es war
wohl der Kummer, den ihm dein Verschwinden bereitet hatte. Auch Mama starb
schon vor einigen Jahren in einem Pflegeheim, sie war zum Schluss verwirrt und
nicht mehr ansprechbar. Ihre Musikerkarriere hatte sie gleich nach deinem
Verschwinden aufgeben müssen. Auch Papa konnte nur noch kleinere Rollen
übernehmen, er hatte keine Kraft mehr. Es ist schon tragisch, dass sie dich
nicht mehr wiedersehen durften; beide hatten dich so vermisst.«
     
    Anschließend bummelten sie durch die Stadt, fast wie ein
verliebtes Pärchen. Den weiteren Abend verbrachten sie im Ratskeller. Während
sie auf das Essen warteten, erklärte Markus:
    »Seit der Adoption durch Werner Mayrhöfer und seine Frau
Waltraud trage ich den Namen Markus Mayrhöfer. Außerdem bin ich inzwischen
verheiratet und meine Frau Susanne trägt den gleichen Namen. Für dich bin ich
aber nach wie vor Robby, Susanne allerdings nennt mich Markus. Daran müssen wir
uns gewöhnen, nicht wahr? Ich hoffe, du bist damit einverstanden. Du heißt seit
deiner Eheschließung ja auch nicht mehr Abel, sondern – wie sagtest du noch
gleich?«
    »Millert, aber mein Mann ist schon lange tot.«
    Franzi berichtete nun über ihre kurze Ehe mit dem Kunstmaler
Paul Millert.
    »Das alles ist schon lange her. Ich bin jetzt mit einem
Apotheker verlobt, er heißt Ludwig Herzog. Wir wollen demnächst heiraten. Und –
du wirst lachen – ich habe ebenfalls meinen Vornamen geändert, nämlich in
Julia. Vielleicht erinnerst du dich noch daran, dass ich zwei Namen habe,
nämlich Franziska Julia. Und weil mit dem Namen Franziska so viele traurige
Erinnerungen verbunden sind, entschied ich mich für Julia. Wenn du aber
möchtest, darfst du mich auch weiterhin Franzi nennen.«
    »Nein, natürlich werde ich Julia zu dir sagen,
obwohl mir gelegentlich noch das vertraute Franzi über die Lippen kommen
dürfte.«
    »Falls du es fertig bringst, mich Julia zu nennen,
dann werde auch ich mich überwinden und Markus zu dir sagen, okay? Aber
was hat dich dazu bewogen, dich erst jetzt an unser Versprechen zu erinnern?
Wie viele Jahre habe ich hier auf dich gewartet, immer vergeblich. Heute sollte
es das letzte Mal sein. Wenn du auch dieses Mal nicht gekommen wärst, dann
hätten wir uns vermutlich nie mehr wiedergesehen. Aber das sind wohl nur
Sprüche, denn wie ich mich kenne, wäre ich doch immer wieder gekommen.«
    »Tja, das ist schon eine merkwürdige Sache. Die Tagesschau
brachte einen Bericht über den Fund einer Geldbörse unter einer Donaubrücke bei
Passau. Auf einmal fiel mein Name, dann auch deiner. Und man erwähnte

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