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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus H. Stumpff
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konnte
er sich aus dem gelben Zettel keinen Reim machen. Und andererseits, was
bedeuteten die vielen anderen Hinweise? Was sollte das heißen ›Ganz
entkleiden‹ und ›Viscurt-Paste‹? Alles erschien ihm wie ein großes
Rätsel und er hoffte, von Julia Herzog Näheres zu erfahren, denn die war ja
eine Vertraute dieses Wunderdoktors.
     
    Tim war erst kürzlich Julia begegnet, als beide freitags
auf dem Wochenmarkt einkauften. Und weil heute wieder Freitag war, machte er
sich auf den Weg, in der Hoffnung sie dort wiederzusehen. Er hatte Glück und
erkante sie schon von Weitem, als sie in einer langen Käuferschlange vor einem
Obststand stand. Er tippte ihr von hinten auf die Schulter. Erschrocken drehte
sie sich um: »Mensch, du kannst einem einen ganz schönen Schrecken einjagen!«
    »Entschuldige bitte, das wollte ich nicht, tut mir leid.«
Tim grinste verlegen.
    »Schon gut, ich hätte dich fast nicht erkannt.« Julia
konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Wie geht es dir, hast du inzwischen
Arbeit gefunden?«
    »Ja, zum Glück, ich bin seit einigen Wochen beim
Malteserhilfsdienst beschäftigt, vorerst nur halbtags, aber ich denke, bald
wird mehr daraus.«
    Tim wusste nicht, wie er seine Frage vortragen sollte.
Deshalb stammelte er etwas unbeholfen: »Komm, lass uns irgendwo einen Kaffee
trinken, so viel Zeit muss der Mensch doch haben, oder?«
    »Na ja, weil du’s bist! Ich komme mit, sobald ich hier
fertig bin.«
    Sie saßen dann im Markt-Café und tranken Capuccino. Tim
wusste natürlich von Julias Verheiratung, denn ihre Hochzeit war tagelang das Stadtgespräch. Aber er wollte diplomatisch vorgehen und betrachtete mit
Interesse ihre Hand mit dem juwelenbesetzten Goldring. Er tat als sei er
überrascht und sagte:
    »O, wie ich sehe, bist du jetzt verheiratet. Wer ist denn
der Glückliche?«.
    »Der Apotheker Ludwig Herzog, ich nahm an, das wüssten
bereits alle Leute hier.«
    »Hatte wirklich keine Ahnung«, log Tim. Er gratulierte
Julia und nach einer belanglosen Plauderei brachte er es endlich auf den Punkt:
    »Ich dachte noch lange über unser Gespräch damals in der
Disco nach. Du erzähltest mir, dass dieser Doktor Curtius mit dir und deinem
Bruder Verkleinerungsexperimente durchführen wollte. Habe ich das richtig
verstanden?«
    »Ja, aber es ist schon so lange her und ich mag gar nicht
mehr daran denken, weil ich danach viel Kummer hatte.«
    »Ich weiß, mit deinem Bruder. Es tut mir leid, dass er so
spurlos verschwand.«
    »Danke für deine Anteilnahme, Tim. Aber mein Bruder Robert
lebt, wir haben uns endlich wiedergesehen.«
    Julia berichtete Tim über das Schicksal ihres Bruders. Tim
sah jetzt die Gelegenheit gekommen, um seine weitere Frage möglichst
unverfänglich anbringen zu können:
    »Also etwas kann ich nicht begreifen. Wenn jemand so klein
wie eine Ameise oder Fliege wurde, was passierte dann mit seiner Kleidung und
seinen Schuhen, die konnten doch unmöglich mitschrumpfen – oder wie siehst du
das?«
    »Hm, du scheinst dir ja viele Gedanken darüber zu machen.
Also, an alles kann ich mich auch nicht mehr erinnern, ich war ja erst
fünfzehn, da achtet man noch nicht auf Einzelheiten. Aber ich erinnere mich,
dass wir drei, also mein Bruder, Doktor Curtius und ich, uns vor dem Experiment
ausziehen sollten, um uns dann mit einer schwarzen Paste einzuschmieren. Doktor
Curtius hatte zuvor erklärt, dass uns diese Paste vor Kälte und Nässe schützte
und auch davor, von irgendwelchen Tieren wie Ratten oder Katzen gefressen zu
werden. Zum Glück wurde nichts draus, denn das Wetter spielte nicht mit.«
    »Weißt du zufällig noch, was das für eine Paste war oder
wie die hieß?«
    »Nee du, die Paste befand sich in einem Eimer, so einem
goldfarbenen Honigeimer, da stand nichts weiter drauf. Ich hatte auch nicht
besonders darauf geachtet.«
    Nach einer kurzen Pause erkundigte sich Tim weiter: »Und
wie lange dauert es, bis der verkleinerte Mensch wieder seine normale Größe
hat?«
    »Mein Gott, woher soll ich das wissen? Ich hab es doch nie
selbst erlebt, sondern weiß das nur aus den Erzählungen des Doktors. Außerdem
liegt das alles schon eine Ewigkeit zurück. Du stellst vielleicht Fragen!«
    Einen Moment lang saßen sie schweigend da. Tim schien etwas
zu bedrücken.
    »Gibt’s ein Problem?«, erkundigte sich Julia.
    »Nein, nein, ich denke gerade über einiges nach. Wäre es
nicht makaber, wenn du als winziges Insekt herumkrabbeln müsstest, wie dieses
Viech hier zum Beispiel?« Tim

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