Sträfliche Neugier
Minuten traf der Krankenwagen des Malteser-Hilfsdienstes ein.
Max wurde in die Unfallchirurgie der Universitätsklinik
gebracht, wo man außer einer größeren Platzwunde noch eine schwere
Gehirnerschütterung diagnostizierte. Er hatte keine Papiere bei sich, daher
konnte man auch keine Angehörigen verständigen. Erst am frühen Morgen kam er
wieder zu sich und war sehr verwundert, in einem Krankenzimmer zu liegen.
»Was ist passiert?«, erkundigte er sich bei der
Krankenschwester, die ihm das Frühstück ans Bett brachte.
»Das wüssten wir auch gerne«, war die Antwort. »Sie wurden
heute Nacht hier eingeliefert, es muss Ihnen jemand mächtig eins auf den
Schädel gegeben haben.« Die Schwester lachte: »Aber so ein Dickschädel wie
Ihrer hält schon was aus!«
Dann fiel Max wieder der seltsame Radler ein. Der hatte ihn
überholt und ihm dann aufgelauert. ›Warum nur, was wollte der mit der
Schatulle?‹ fragte er sich. Und dann dachte er an Claudia, die sich
bestimmt schon große Sorgen über sein Ausbleiben machte, denn es entsprach
nicht seiner Gewohnheit, nachts wegzubleiben. Er hob den Hörer des neben dem
Bett stehenden Telefons ab und wählte, aber eine Verbindung kam nicht zustande.
Komisch, dachte er, wo mag Claudia stecken, sie ist doch um diese Zeit immer
daheim. Er konnte nicht wissen, dass sich Claudia an diesem Morgen im
Gerichtsmedizinischen Institut befand, um einen Toten zu identifizieren.
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53
Erneuter Verlust
T ims
Handynummer war abgespeichert. Max wollte ihn darum bitten, Claudia eine
Nachricht zukommen zu lassen. Schon nach zweimaligem Signalton meldete sich Tim
leicht verschlafen. Max berichtete kurz, was passiert war.
»Ich komme sofort, muss mich nur noch anziehen, tschüss«,
waren Tims Worte, dann legte er auf.
Eine halbe Stunde später stand Tim an Max’ Krankenbett.
»Mensch, du machst ja schöne Sachen! Ich hatte heute Nacht
Bereitschaftsdienst in der Rettungsleitstelle. Wenn ich für den SANKA eingeteilt gewesen wäre, dann hätte ich mich persönlich um dich gekümmert. Aber
so erfuhr ich nur von den weißen Kollegen, dass da jemand halbtot aufgefunden
wurde. Also auf dich wäre ich wahrhaftig nicht gekommen!«
Tim schaute seinen Freund mitleidsvoll an. Max versuchte
trotz starker Kopfschmerzen zu lachen, brachte aber nur ein verzerrtes Grinsen
zustande.
»Ich hatte mir die Schatulle geschnappt, alles hatte so
wunderbar geklappt. Und dann musste mir dieser Straßenräuber auflauern. Ist
halt Pech, sie ist nun für immer futsch! Nun habe ich eine große Bitte an dich:
Meine Brille ist weg, ich kann kaum etwas sehen, geschweige denn lesen. Bitte
fahr mal in die Hohenburgstraße. Die Brille muss dort irgendwo liegen. Bestimmt
können dir deine Kollegen sagen, wo sie mich gefunden haben.«
»Nee, die haben jetzt frei, und die anderen wissen sicher
von nichts. Ich erkundige mich am besten bei der Polizei, dort befinden sich
die Unfallprotokolle. Und dann fahre ich zu Claudia und gebe ihr Bescheid.«
Die Freunde unterhielten sich
noch eine Weile, dann erschien die Morgenvisite, und Tim musste sich
verabschieden.
Tim hatte an diesem Vormittag
dienstfrei. Von seinem ersten Gehalt hatte er einen alten, reparaturbedürftigen
VW-Käfer angeschafft und Max als ehemaliger Automechaniker hatte ihm dabei
geholfen, das Vehikel wieder flott zu machen. Nun sah das Auto fast wie neu
aus, seine zwanzig Jahre waren ihm kaum anzusehen.
Nach dem Besuch bei Max fuhr er
zunächst zur Polizei, wo er sein Anliegen vortrug. Der Dienst habende Beamte
war zuvorkommend und suchte nach dem Protokoll, das seine Kollegen letzte Nacht
verfasst hatten.
»Sehen Sie, das war genau hier.« Der Beamte deutete mit
seinem Kugelschreiber auf ein Kreuz in der Planskizze. »Genau gegenüber dem
Haus Nr. 13. Ob das wohl ein böses Omen war?« Er lachte.
Tim bedankte sich und fuhr
unverzüglich in die Hohenburgstraße. Er stellte seinen VW am Straßenrand
gegenüber von Haus Nummer 13 ab und begann damit, den wasserlosen Graben nach
der Brille abzusuchen. Fast wäre er dabei auf sie getreten, als sie im hohen
Gras vor ihm lag. Während er sie aufhob, sah er etwas in der Sonne glitzern und
schaute zum Graben hinab. Was er dort entdeckte, verschlug ihm fast den Atem:
Es war die Schatulle, die ihm nun durch Zufall quasi in den Schoß fiel.
›Jetzt hab ich sie, jetzt hab ich sie!‹ Tims Begeisterung fand kein Ende. Er
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