Sträfliche Neugier
alle unsere Beschwerden. Jedoch nach fünf Jahren, ich
war inzwischen Neunzehn, passierte das Unglaubliche: Erneut befiel uns dieser
grässliche Hautausschlag – wie Sie ja sehen. Wie ist es möglich, dass nach so
langer Zeit eine Erkrankung wiederkehrt, die man längst überwunden zu haben
glaubt?«
Ludwig Herzog sagte nach kurzem Nachdenken:
»Ich bin zwar kein Arzt, aber nehme an, dass ihr mit der
Substanz D1 etwas zu euch nommen habt, worauf eure Körper sofort heftig
reagiert haben. Kein Wunder, wenn eine Kombination aus verschiedenen
Düngemitteln in Magen und Darm gerät. Ich denke aber, dass ihr aufgrund eurer
jugendlichen Kondition damit rasch fertig geworden seid. Aber dann habt ihr
leider von dieser D2 -Substanz gekostet, und das war euer Verhängnis. Ich
bin nur Pharmakologe und weiß auch keine hundertprozentige Antwort darauf. Aber
ich kann mir durchaus vorstellen, dass hierbei Pilze, Bakterien oder sogar
Viren eine Rolle gespielt haben, die erst nach längerer Zeit ihre volle Wirkung
entfalten. Denkt bitte mal an die Immunschwächekrankheit AIDS . Bei
vielen HIV -infizierten Menschen schlummern die tödlichen Viren
jahrelang irgendwo in der Blutbahn, bis eines Tages die volle Krankheit AIDS ausbricht. Aber habt keine Angst! Ihr beide habt bestimmt kein AIDS , das
hättet ihr in eurem Zustand gar nicht überlebt. Vielleicht hatte Doktor Curtius
bei der Herstellung nicht steril genug gearbeitet und es sind irgendwelche
aggressiven Keime in die Substanz geraten. Das könnte der Grund dafür sein,
dass von dem Inhalt des Fläschchens D2 nur noch eine stinkende Masse übrig
blieb. Trotzdem, ich bleibe bei meiner Auffassung, dass wir nicht weiter
recherchieren sollten, denn das könnte sehr, sehr teuer werden, und nützen
würde es euch beiden auch nichts. Ich meine, dass eure Krankheit nur mit
Mitteln der modernen Medizin bekämpft werden kann, wobei ich besonders an
Naturheilverfahren denke.«
Julia hatte Ludwigs Ausführungen interessiert und mit
ernstem Gesicht zugehört. Der Zustand von Claudia und Max hatte sie
nachdenklich gestimmt. Als ihr Mann seine Rede beendet hatte, sagte sie:
»Mein Bruder Robby, der jetzt Markus heißt, ist Arzt für
Naturheilverfahren und Homöopathie. Womöglich kann er euch beiden helfen. Er
und seine Frau Susanne besitzen neben ihrem Wohnhaus ein Gästehaus und tragen
sich mit dem Gedanken, dort einmal ein kleines Sanatorium einzurichten.
Vielleicht könnt ihr seine ersten Patienten werden. Was meint ihr?«
Die Geschwister Berger zeigten sich sofort begeistert. Dann
wandte sich Max an Julia:
»Als Sie Haushälterin bei Doktor Curtius waren, da hatten
Claudia und ich Sie mal im Arbeitszimmer des Doktors dabei überrascht, wie Sie
hastig etwas in Ihre Schürzentasche steckten. Das war Ihnen sichtlich peinlich
und wir haben uns gefragt, was Sie da wohl in der Hand hatten.«
Julia lachte: »Ja, ich hatte wohl
bemerkt, dass euch beiden das aufgefallen war. Ein bisschen neugierig ist doch
jeder mal, nicht wahr? Es waren Tagebücher, in denen Doktor Curtius alles über
seine Expeditionen niedergeschrieben hatte. Für mich war das eine Sensation,
wie ihr euch vorstellen könnt. Und nach dem Tod des Doktors hatte ich diese
Tagebücher mitgenommen, denn wer sollte sich schon dafür interessieren.«
Julia schaute die Geschwister an,
als ob sie noch nachträglich um Entschuldigung bitten wollte.
»Und wo befinden sich die Tagebücher jetzt?« wollte Max
wissen.
»Die habe ich vernichtet. Ich wollte unbedingt einen
Schlussstrich unter alles ziehen und nichts mehr davon sehen.«
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Teil 8
57
Im
Sanatorium
M arkus
erklärte sich sofort bereit, die Geschwister Berger aufzunehmen. »Beide können
umsonst hier wohnen, nur für die Verpflegung müssen sie selber aufkommen. Ich
werde alles mit Susanne besprechen, dann kann sie das momentan freie
Appartement herrichten.«
In der darauffolgenden Woche trafen Claudia und Max in
Kirchenried ein, sie wurden von Ludwig und Julia Herzog hingefahren. Gleich am
nächsten Tag untersuchte sie Doktor Markus Mayrhöfer sehr gründlich. Seine
Diagnose lautete: Stark eingeschränkte Funktion beider Nieren . Daraufhin
wies er sie zur Blutwäsche in die Dialyse-Abteilung des St.
Markus-Krankenhauses ein. Normalerweise bestanden hierfür lange Wartezeiten,
aber dank seiner guten Beziehungen hatten sie sogleich Termine bekommen.
Die Blutreinigung sowie eine schon von
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