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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eickert
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unerwartet zielstrebig auf die mannshohe und ebenso breite Öffnung in der Felswand zu. „Ich für meinen Teil nehme lieber mit diesem Gang hier vorlieb, als einen anderen Weg zu suchen oder mich zu verstecken. Ich will verdammt noch mal endlich hier raus. Hier drin bekommt man mächtige Komplexe, und wenn man keine Klaustrophobie hat, dann hat man sie spätestens danach.“
    „Wo er recht hat, hat er recht“, stimmte Kimberly ihm zu und trat entschlossen an seine Seite.
    Gemeinsam spähten sie in den nachtschwarzen Gang hinein und leuchteten ihn spärlich mit den Taschenlampen aus. Die naturbelassenen Wände waren feucht und mit allen möglichen Pflanzen und Schimmelpilzen bewachsen. Es roch modrig und es war alles andere als einladend.
    „Da vorne sehe ich Licht“, sagte Kimberly bestimmend. „Also los, sonst sind die Wachen da und wir stehen immer noch hier rum.“
    Aidan folgte ihr auf dem Fuß, angestachelt von dem Drang, endlich wieder frische Luft einatmen zu können, während Ryan und Gillean einen skeptischen Blick austauschten. Aber zurückgehen war keine Option. Daher liefen sie mit Lawren und Duncan hinterher, der bei jedem kleinsten Geräusch ängstlich erschauderte. Nachdem sie ein paar Meter im Inneren verschwunden waren, schloss sich zu ihrer großen Erleichterung der Geheimgang hinter ihnen von alleine. Von dieser Seite her waren sie also vorerst in Sicherheit, aber der unbekannte und gefährlichere Teil lag noch vor ihnen. Trotz dieser Gedanken schlichen sie unbeirrt vorbei an großen Spinnennetzen, herumkrabbelnden Käfern, aufgeschreckten quiekenden Ratten sowie ein paar kleinen Krebsen, die in dieselbe Richtung wanderten und erreichten nach zehn Minuten ein kleines Felsplateau.
    Sichtlich erleichtert darüber, der Finsternis des Verlieses und der Enge des Ganges entkommen zu sein, sogen sie die frische Seeluft in ihre Lungen ein und schauten sich neugierig um. Mittlerweile hatte die Dämmerung eingesetzt und der Himmel eine nahezu unwirklich anmutende, grauschwarze Farbe angenommen. Das Meer lag düster und rau vor ihnen. Rundherum gab es nichts als scharfe Felsen und den aufgewühlten Atlantik, dessen Wellen laut und mit ungeheurer Wucht gegen die Steine peitschten. Der Nebel, der schon bei ihrer Ankunft immer näher gekrochen war, war dichter geworden, sodass ihre Sicht nicht weiter als dreißig Meter in die Ferne reichte, aber ihnen somit auch einen Vorteil verschaffte. So würden sie nicht so leicht entdeckt werden können. Doch wie sollten sie fliehen? Sollten sie einfach ins Wasser springen und hoffen, dass sie nicht auf die Felsen aufschlugen und ertranken oder in dem eiskalten Wasser erfroren? Mit dieser Aussicht schien eine Flucht schier unmöglich. Kapitulierend seufzten sie, und eine besonders hohe Welle spritzte ihnen die kalte Gischt ins Gesicht, wodurch sich ihre Laune schlagartig noch mehr verschlechterte.
    Ryan und seine beiden Freunde trugen zwar immer noch ihre Verkleidung, doch diese hatte mittlerweile etwas gelitten. Sie waren verschwitzt und dreckig, und selbst wenn Ryans Make-up, welches ihn in Bartholemeus Hinthrone verwandelt hatte, nicht verwischt gewesen wäre, wäre er sicherlich nicht mehr als dieser an den Wachen vorbeigekommen. Zudem war er erschöpft und fror jämmerlich. Ein Blick über seine Schulter verriet ihm, dass es den anderen ebenso erging. Der Wind blies eine eisige Brise in ihre müden Gesichter und zerzauste ihre Haare, wobei Kimberlys blaues Cap vom Kopf gerissen wurde und in den Fluten verschwand.
    „Hey, schaut mal da!“, rief Aidan plötzlich und zeigte mit dem Finger nach oben.
    Wie ein Mann drehten sie sich um und sahen was er entdeckt hatte.
    Über ihren Köpfen erstreckte sich nicht nur die gigantische Festung von Llŷr in den Himmel, sondern auch eine schmale steile Treppe, die in den Stein gehauen war und direkt vom Plateau zu einem kleinen Geröllpfad führte, der ungefähr drei Meter über ihnen seinen Anfang nahm und sich durch die Klippenlandschaft schlängelte.
    „Wenn wir dem Weg folgen, kommen wir garantiert zum Bootsteg“, schlussfolgerte Aidan und beobachtete seine Freunde, die zustimmend nickten. Seine Zuversicht, die Insel verlassen zu können, wuchs wieder, was ihm ein beruhigtes Seufzen entlockte. Die Nähe von Ryan, Gillean und Kimberly verlieh ihm neuen Mut und Kraft, gegen seine Erschöpfung anzukämpfen. Die letzten Tage in der Zelle waren nicht nur ein Albtraum gewesen, sondern er hatte sich darin auch kaum bewegen

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