Sträflingskarneval
Motorboot. Bartholemeus Hinthrone wirkte zorniger denn je und schickte zwei Wachleute in Richtung Gefängnis. Im selben Moment wurde das Brummen noch lauter.
„Hinthrone ist schlauer als ich dachte“, sagte Lawren und schüttelte betroffen den Kopf. Auf die fragenden Blicke seiner Mitflüchtlinge setzte er hinzu: „Für eine eigene Stromversorgung ist er zu geizig, aber die Grenze von Llŷr lässt er anscheinend mit unabhängig betriebenen Laserstrahlen überwachen.“ Er deutete zu einem roten Punkt, der aus einem der Felsen aufblitzte und einem Laserstrahl stark ähnelte. Sie mussten ihn passiert haben, ohne dass er ihnen vorher aufgefallen war.
„Toll“, wandte sich Ryan an ihn. „Warum hat er nicht bei unserer Ankunft reagiert?“
„Ganz einfach“, erwiderte Lawren McGrath. „Reinkommen ist leicht, doch unbefugt zu verschwinden ist untersagt.“
„Wenn Sie so viel darüber wissen, warum haben Sie uns das nicht vorher gesagt?“ Ryan spürte einen leichten Anflug von Wut.
„Weil ich es nicht wusste. Jetzt genug geredet, wir müssen den Motor starten und im Nebel Schutz suchen.“
Diesem Vorschlag widersprach niemand, vor allem deshalb nicht, weil sie zunehmend unter Beschuss gerieten. Eilends zogen Aidan und Ryan gemeinsam an der Anlassschnur des kleinen Antriebmotors, der am Heck im Wasser lag. Doch sie brauchten fünf Anläufe, bis sie das knarrende Geräusch des laufenden Motors endlich hörten. Lawren bot sich sofort als Steuermann an, und nur knapp entkamen sie der unmittelbaren Nähe der Insel und tauchten in eine dichte Nebelbank ein.
Irgendwann, sie wussten nicht, wie viel Zeit vergangen war, gestanden sie sich schließlich ein, dass sie zwar Hinthrone und seinen Männern offensichtlich entkommen waren, dafür aber orientierungslos auf dem offenem Meer dahin trieben. Inzwischen war es stockfinster geworden, das Benzin war ihnen ausgegangen, und die salzige Seeluft wehte eiskalt über sie hinweg. Gillean musste ständig niesen und bibberte in seinen feuchten Klamotten. Ihr einziges Glück bestand darin, dass sie keine Verfolger hörten, was aber sicher nicht bedeutete, dass sie nicht mehr nach ihnen suchten.
Dann endlich lichtete sich zur allgemeinen Erleichterung allmählich die Nebelbank, und die Freunde glaubten am Horizont ein schwaches Licht zu erkennen. Obwohl Kimberly streng dagegen war, sich dem Leuchten einfach zu nähern, wurde sie von den Männern an Bord überstimmt, die vorsichtig darauf zu paddelten.
„Hey Leute, das ist ein großes Schiff!“, meldete sich Duncan zu Wort, worauf er seine Bemühungen verdoppelte.
„Seid verdammt noch mal vorsichtig“, schimpfte Kimberly und hoffte inständig, dass es nicht von Llŷr kam. Dann wären ihre ganzen Mühen umsonst gewesen und sie in den Händen ihrer Feinde.
Plötzlich bewegte sich das Licht von links nach rechts und wieder zurück. Dasselbe wiederholte sich zweimal. Zwischenzeitlich hatten sie auch den Nebel hinter sich gelassen und trieben auf dem schwarzen tiefen Wasser immer noch in Richtung des Lichtsignals. Schließlich beobachteten sie, wie das Lichtsignal von Neuem aufgenommen wurde und zum großen Erstaunen aller stieß Kimberly jäh einen Freudenschrei aus.
„Das ist Mrs. Buckley!“, rief sie, als sie nur noch knapp zehn Meter von dem entfernt waren, was sich als größeres Segelschiff entpuppte.
Beinahe ungläubig starrten alle auf das Rettung verheißende Schiff, an dessen Deck – umringt von geschäftig herumeilenden Matrosen – Mrs. Buckley stand und eine Laterne schwenkte. Bei diesem Anblick kehrten sofort neue Kräfte in die kleine Gruppe zurück und sie ruderten mit all ihren verbliebenen Kräften los. Sie hatten das Segelschiff fast erreicht, da erklang überraschend ein verdächtig lautes Dröhnen aus dem Nebel hinter ihnen. Scheinwerfer blitzten auf, und dann sahen sie ihn: Ein Hubschrauber raste im Tiefflug auf sie zu und versetzte die Flüchtenden in helle Panik. Kimberly schrie entsetzt auf, und Duncan sprang in Todesangst so heftig von seinem Sitz hoch, dass das Unglück nicht mehr aufzuhalten war. Das Beiboot schaukelte heftig und mit einem einzigen Schwung kippte es samt Passagieren zur Seite, die erschrocken im Wasser landeten, während der Hubschrauber eine Schleife flog.
Wild ruderten sie mit den Armen und schluckten Wasser, während die Wellen sie vom Segelboot forttrieben. Gillean und Aidan waren geistesgegenwärtig genug sich Lawren zu schnappen, bevor er wie ein Sack in die Tiefe
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