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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie ab!« sagte er. »Wir müssen tiefer 'rein, sonst – erwischen sie uns – und das wäre nicht gut. Jetzt sind sie erst recht wütend, wo sie zurückgejagt werden. Wer hätte das gedacht –!«
    Sie brachen auf.
    Der Wald war still, tief verschneit, ab und zu polterte Schnee von den Zweigen und schlug dumpf zu Boden. Von weit her, wie aus einer anderen Welt, hörte man den Lärm der Schlacht. Der Atem dampfte vor ihren Gesichtern, als sie sich keuchend und vorsichtig, immer wieder verharrend und horchend, durch den Schnee und das Unterholz den Weg bahnten.
    Es dämmerte.
    »Halt –!« sagte Schwanecke plötzlich, der vorausging, und blieb wie angewurzelt stehen.
    »Was gibt's?«
    »Ein paar Hütten, glaub' ich«, gab Schwanecke flüsternd zurück und ging langsam in die Knie. Deutschmann tat es ihm gleich – und nun sah auch er durch die Zweige hindurch die dunklen Umrisse einiger, kaum aus dem Schnee ragender Hütten auf einer kleinen Lichtung.
    »Ob sie bewohnt sind?«
    »Wie soll ich das wissen. Man müßte nachsehen …«
    »Na, denn los!« sagte Deutschmann, und Schwanecke sah ihn überrascht an. Aber er sagte nichts. Kriechend arbeiteten sie sich weiter vor, bis an den Rand der Lichtung. Jetzt konnten sie die drei oder vier Hütten gut übersehen.
    Nichts rührte sich. Es war alles stumm, sie hörten nur ihr eigenes Atmen und die dumpfen, schnellen Herzschläge.
    »Vielleicht gibt's was zu fressen dort?« sagte Schwanecke.
    »Wir haben ja noch etwas.«
    »Eine kleine Reserve würde nicht schaden.«
    »Du glaubst doch selbst nicht … wie soll es hier was zu fressen geben –? Aber vielleicht –«
    »Was?«
    »Vielleicht – wenn die Hütten unbewohnt sind – könnten wir hier übernachten.«
    »Na, ich weiß nicht …«, sagte Schwanecke zweifelnd.
    »Warum nicht? Hier draußen können wir uns ganz schöne Erfrierungen holen.«
    »Das stimmt.«
    »Also los!«
    Von Deutschmann war die Lethargie, die sich seiner gestern bemächtigt hatte, gewichen. Mit Gewalt versuchte er immer wieder, die Gedanken an Julia und ihren Tod zu verscheuchen. Und jetzt war es ihm gelungen. Er mußte am Leben bleiben. Er hatte eine Aufgabe. Er glaubte, den Weg vor sich zu sehen – oder zumindest ahnte er ihn: Julia ist gestorben, doch ihr Tod verpflichtete ihn mehr, als es alles andere zu tun vermochte. Man konnte sie nicht mehr zum Leben erwecken – aber man konnte diesem Tod wenigstens einen Sinn geben. Er mußte am Leben bleiben, koste es, was es wolle, und dann, später einmal, seine Arbeit dort fortsetzen, wo er aufgehört hatte. Der Weg über die Gefangenschaft war bitter und hart – und gefährlich. Aber er schien ihm mehr Chancen zu versprechen als eine Rückkehr hinter die deutschen Linien. Wie viele von den Kameraden waren gestorben? Es fröstelte ihn, wenn er daran dachte, wie sie fielen und als graue Haufen liegenblieben …
    Vorsichtig, darauf achtend, daß er keinen Zweig berührte, schlich er aus dem Wald auf die Lichtung, seine Tasche (eine hatte er bei der Flucht durch den Wald weggeworfen), hinter sich herschleppend. Schwanecke folgte ihm, die Maschinenpistole im Anschlag.
    Die Hütten waren verlassen.
    Als sie die Tür zu der ersten aufstießen, blieb Schwanecke wie angewurzelt stehen. »Hier war noch vor kurzem jemand«, sagte er, in die Luft schnuppernd. »Vor zwei, drei Stunden, vielleicht vor einer.«
    »Wie …?«
    »Ich rieche es«, sagte Schwanecke bestimmt. »So was rieche ich immer.«
    Die Dämmerung war jetzt tiefer geworden. Als sie aus der ersten Hütte traten, in der sie nichts Eßbares finden konnten, waren die Umrisse der drei anderen kaum noch zu erkennen. In der zweiten glühte noch ein Gluthäufchen unter der Asche, doch auch hier fanden sie weiter nichts als drei oder vier leere Kornsäcke.
    Als sie um die Ecke der dritten und der größten bogen und an die Vorderseite kamen, fanden sie Tanja.
    Schwanecke, der jetzt voranging, mit der Maschinenpistole unter dem Arm, wachsam, doch bereits etwas sorgloser geworden, stutzte.
    »Mensch – da liegt jemand«, flüsterte Schwanecke über die Schulter und hob den Lauf der Maschinenpistole an. Deutschmann trat neben ihn, und jetzt sah auch er einen ausgestreckten menschlichen Körper, der mit dem Gesicht nach unten im schmutzigen Schnee vor der verschlossenen Tür der Hütte lag.
    »Mensch …«, sagte Schwanecke, »Mensch, Doktor …«
    Jetzt begannen beide zu laufen.
    »Mensch, Doktor …«, sagte Schwanecke noch einmal, »Mensch, Doktor,

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