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Strafzeit

Strafzeit

Titel: Strafzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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mutterseelenallein.«
    Der »President« mimte eine gefährlich anmutende Grimasse.
    »I versichere Ihne, Herr Präsident. I hab wirklich keine Vorurteile gege Rocker.«
    Übertrieb er nun? Egal.
    »Na dann.« Der Chef der Rockerbande trat zur Seite. Die anderen bildeten eine Gasse, als würden sie für den Kriminalbeamten Spalier stehen.
    Winterhalter trat über die Türschwelle. Das Innere des Clubheims wirkte zur Überraschung des Kommissars sauber und im Gegensatz zur äußeren Fassade alles andere als verwahrlost. Die Wände waren in den blau-weißen Clubfarben getüncht. Die Rocker hatten ein Tarnnetz unter die hohe Decke gehängt, wohl um dem Raum etwas mehr Charakter zu verleihen. Letzteres wurde auch dadurch unterstrichen, dass Motorradkennzeichen aus aller Herren Länder sowie diverse Wappen befreundeter Motorradclubs und unzählige Fotos die Wände pflasterten. Besonders auffällig war eine Reihe größerer Porträtaufnahmen von Rockern, die mit »In Memory of« überschrieben war. Offenbar gedachte der Club hier verstorbener Mitglieder.
    »Moment mal«, rief der »President« plötzlich laut und riss Winterhalter aus seinem visuellen Streifzug. »Auch wenn du harmlos wie ein Schwarzwälder Eichhörnchen wirkst: Zuerst müssen wir bei dir eine Leibesvisitation vornehmen. Dafür hast du doch sicher Verständnis. Reine Sicherheitsmaßnahme.«
    Winterhalter blieb ganz ruhig. »Aber selbstverständlich. I hab nix zu verberge.«
    Der Rocker, der Winterhalter abtastete, fand nichts außer einer alten schrammeligen Metalldose, die er aus der Seitentasche der Strickjacke zog. »Und was ist das?«, fragte der Rocker, der ihn durchsuchte.
    »Des isch mei Speckveschper.«
    Wieder schallendes Gelächter der Rockerbande – diesmal noch lauter.
    »So so, dein Speckvesper hast du also auch mit dabei. Könntest uns vielleicht was davon abgeben«, scherzte der Bandenchef.
    »Des wär prinzipiell kei Problem. I hab en Baurehof im Schwarzwald. Mir schlachtet alles selber. Mir habe nu Spitzequalität und au en kleine Hoflade. Wenn Sie mit ihre Leut viellicht mol vorbeikomme wollet. Landschaftlich wär’s für Sie au e schöne Route.«
    Diesmal bekamen die Rocker kaum Luft vor Lachen.
    »Du bist mir wirklich ein Spaßvogel«, sagte der »President«. »Ein Kripobeamter, der nebenher einen Bauernhof hat, wie ein Wandervogel herumläuft, sein Speckvesper dabei hat und in einem Kauderwelsch daherredet, dass einem fast das Trommelfell platzt. Hättest du mir deinen Ausweis nicht gezeigt« – er wedelte mit Winterhalters Dienstausweis hin und her, gab ihn dann aber dem Kommissar zurück –, »ich hätte nie und nimmer geglaubt, dass du einer von den Bullen bist. Und entschuldige die Leibesvisitation. Aber bei uns läuft es nach unseren Regeln ab. Vernünftige Regeln, wohlgemerkt. Wir sind eben Ehrenleute.«
    Winterhalter grinste in sich hinein. Das lief doch gar nicht schlecht. Mit seiner entwaffnenden Art hatte er die Rocker besänftigt. Es hatte sogar den Anschein, dass sie ihn ein wenig mochten. Also ran an den Speck.
    »Darf i Ihne jetzt e paar Froge stelle?«, sagte Winterhalter und zückte einen kleinen Notizblock aus der Seitentasche seiner Kniebundhose. Ein abgestumpfter kurzer Bleistift steckte seitlich in einem Halfter. Er befeuchtete die Bleistiftspitze mit seiner Zunge.
    »Kennet Sie den Ma’?«, begann Winterhalter die Vernehmung und zeigte auf das Foto, das einer der Rocker auf dem Bartresen abgelegt hatte.
    »Mielke, en Lehrer aus Villinge, wurde im Eisstadion in Schwenninge während em Eishockeyspiel erschosse. Sie hän’s vielleicht i de Zeitung g’lese. Der Mielke war jedenfalls Spieler, öfter im Casino Konstanz und offenbar au i de Bode’see-Rotlichtszene aktiv.«
    »Nicht gerade ein Charakterkopf. Viel zu glatt – ein Schönling«, sagte der Bandenchef, nachdem er Winterhalter für einen Augenblick den Rücken zugedreht hatte, um sich seine Bierflasche und das Foto vom Bartisch zu nehmen.
    Der Kommissar registrierte das große Emblem auf der Rückseite der Kutte: der Seeadler auf weißem Grund mit dem Schriftzug der Rocker. Blau-Weiß – dieselben Farben wie die des Schwenninger sowie des Ravensburger Eishockeyclubs. Könnte das vielleicht bei dem Mord eine Rolle spielen?
    »Hm. Kenne ich nicht, könnte ich vielleicht aber mal gesehen haben. Na ja, wenn er ein regelmäßiger Spieler war. Wir verspielen auch ganz gerne ein paar Kleinkröten in Konstanz.«
    Der Bandenchef grinste Winterhalter breit an

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