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Strafzeit

Strafzeit

Titel: Strafzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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sich für unwiderstehlich. Fast schon gockelhaft.
    »Moment mal«, schlug der Dicke weiter einen eher unfreundlichen Ton an, zog das Fensterchen zu und verschwand mit Dienstausweis und Opferfoto.
    Winterhalter schaute sich um. Die Umgebung war trostlos. Sollten die »Blue Heroes« wirklich ihr Geld mit Prostitution und Zuhälterei verdienen, dann versteckten sie ihren Reichtum sehr gut. Das Gebäude, in dem sich das Clublokal befand, sowie die umliegenden Bauten waren allenfalls bessere Baracken. Einzig das Schild »Blue Heroes – Chapter Lake Constance« machte einen gepflegten, sauberen Eindruck. Ein aggressiv dreinblickender blauer Seeadler prangte am Ende der Leuchtschrift auf weißem Grund. Offenbar das sogenannte Colour. Winterhalter hätte dazu »Maskottle« gesagt.
    Auch die Armada an Motorrädern auf dem Parkplatz – durchweg Chopper – machte einen durchaus gepflegten Eindruck.
    Noch zwei Delikte, mit denen die »Blue Heroes« öfter in Verbindung gebracht wurden, hatten Winterhalters Konstanzer Kollegen erwähnt: Erpressung und Menschenhandel. Bei dem Gedanken wurde ihm dann doch etwas mulmig. Hatte er sich überschätzt? Tiere waren nun mal berechenbarer als Menschen …
    Mit einem dumpfen Schlag öffnete sich die schwere Tür. Ähnlich dem Vulkanberg Hohentwiel zeichnete sich eine massige Gestalt vor ihm ab. Das grelle Neonlicht, das durch den Eingang auf den Parkplatz flutete, blendete Winterhalter. Er brauchte einige Sekunden, um mehr als nur den massigen Schatten zu sehen. Als sich seine Augen an das Gegenlicht gewöhnt hatten, erkannte er einen Rocker, der wohl unbedingt dem Klischee entsprechen wollte. Lange, zottelige Haare, ein unrasiertes Doppelkinn, die obligatorische Kutte, die mit mehreren Abzeichen bestickt war, sowie kräftige, tätowierte Oberarme.
    »He, Bulle, stehen wir mal wieder unter Generalverdacht?«, raunzte ihn der Rocker an. »Sucht ihr wieder mal einen Sündenbock für einen Mord? Du kannst deinen Leuten jetzt sagen, dass sie sich nicht mehr verschanzen müssen. Sie können ruhig aus ihren Verstecken herauskommen. Wir werden keinen Widerstand leisten. Denn wir haben ein reines Gewissen.«
    »Aha: Un welche Leut meinet Sie denn?«, fragte Winterhalter.
    »Na, deine Kollegen vom Mobilen Einsatzkommando natürlich. Du bist doch sicher nur der Lockvogel mit schusssicherer Weste, der uns herauslocken soll.«
    »Schusssichere Weschte hab i keine. Und i bin natürlich allei! I wollt mich doch nu mit Ihne unterhalte.«
    Gelächter drang aus der Baracke. Jetzt erkannte Winterhalter, dass der »Oberrocker«, wie er ihn geistig nannte, alles andere als allein war. Im Hintergrund stand ein Dutzend gestandener Rocker, ebenfalls mit Kutte und langen Haaren. Der Oberrocker war allerdings der stattlichste von allen.
    »So so, Bulle. Du willst dich also nur mit mir unterhalten. Und das ist bestimmt keine Falle? Du willst uns diesen Mord also nicht anhängen wie neulich deine Konstanzer Kollegen? Die standen nämlich nach diesem Taximord bei uns bis an die Zähne bewaffnet vor der Haustür.«
    »Nei, nei, i bin wirklich ganz allei. Und mir verdächtige Sie überhaupt nit. I hab mir nu denkt, dass Sie sich jo gut i de Szene auskenne. I hab Sie au neulich zufällig vor dem Casino g’sehe. Viellicht könnet Sie uns helfe? Darf ich Sie nach Ihrem Name frage? I bin jo selber Biker.«
    Der dicke Rocker lachte. »Du bist ja ein drolliger Typ. Du darfst mich ›President‹ nennen!«
    »Wie de Obama?«
    Die Rocker grinsten.
    »Genau, wie der«, schmunzelte der Bandenchef. Er musterte Winterhalter, schaute auf seine Kniebundhosen, dann auf sein Trachtenjäckchen und schließlich auf den Filzhut Marke Seppl.
    »Ist das, was du anhast, die neue Uniform der Schwarzwaldpolizei?«
    Wieder drang schallendes Gelächter aus der Baracke.
    »Nei, i bin ganz in Zivil do«, entgegnete Winterhalter und atmete durch. »Darf i für e Momentle zu Ihne nei’komme?«
    Ihm war durchaus bewusst, dass er einigermaßen naiv rüberkam. Allerdings musste er das jetzt durchziehen. Vielleicht bekam er ja tatsächlich mehr heraus, wenn diese Typen ihn unterschätzten … Und gegenüber Naiven war die Stimmung im Normalfall auch nicht so aggressiv.
    Richtig: Zuerst lachte der »President«, dann wieder die anderen Rocker.
    »Du machst uns vielleicht Spaß. So einen Bullen wie dich habe ich ja noch nie getroffen. Normalerweise will man bei uns so schnell wie möglich raus. Und du willst wirklich rein. Und das auch noch ganz

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