Strafzeit
erkundigt?«
Hummel erzählte ihr vom Vorabend. »Ruf ihn doch mal an und frag, wie dieses Opfer heißt«, trug er ihr auf. »Klausi und ich wollen den mal besuchen.«
Martina hatte Bedenken. »Erstens hatte Peter Nachtschicht und schläft jetzt sicher, und zweitens kriegt er ’ne Menge Ärger, wenn er dienstliche Sachen an Hobbydetektive weitergibt.«
Hubertus wollte gerade etwas erwidern, als das Telefon klingelte.
Vielleicht ist er das, hoffte er. Welcher Idiot ruft sonst morgens um halb acht an?
Es war Klaus.
»Hoffentlich habe ich dich geweckt«, feixte er. »Ich habe den Namen unseres Mannes von der Brigach. Die guten Kontakte zur Polizei haben sich wieder bezahlt gemacht.«
Sie vereinbarten, am Nachmittag dem Verletzten einen Besuch abzustatten. Ob er wieder ansprechbar sei, hatte Klaus’ Kontaktmann allerdings nicht gewusst. Verstorben sei er jedoch nicht, sonst hätte man das mitbekommen.
Hubertus war beeindruckt. »Wir brauchen deinen Freund gar nicht«, beschied er Martina wenig später.
Kurz nach vierzehn Uhr trafen sich Klaus und Hubertus auf dem Parkplatz des Klinikums.
Nur sein Jagdfieber hinderte Hummel daran, sich richtig unwohl zu fühlen. Er mochte keine Krankenhäuser. Der Karbolgeruch ekelte ihn, die Schicksale der dort liegenden Patienten deprimierten ihn. Und als er zu Beginn seines Zivildienstes ein Praktikum im Krankenhaus hatte absolvieren müssen, waren dies für ihn die schlimmsten Tage seines Lebens gewesen.
Er musste jedoch ohnehin nicht viel mehr tun, als Klaus hinterherzulaufen. Der fühlte sich hier seit einer Liaison mit einer Krankenschwester fast wie zu Hause – auch wenn er damals mehr Zeit im Schwesternwohnheim als auf Station verbracht hatte.
In Zimmer 634 auf der Station 6a liege der Gesuchte, hatten Klaus und Hubertus an der Pforte erfahren.
»Das ist die AVC«, erläuterte Riesle etwas großspurig.
Hummel verstand nur Bahnhof.
»AVC – die Allgemeine Viszeralchirurgie«, dozierte Experte Klaus. »Und Zimmer 634 heißt, dass der Herr Privatpatient ist.«
Kopfschüttelnd keuchte Hubertus dem Freund hinterher.
Als sie vor dem Zimmer standen, fühlten sie sich etwas seltsam.
»Wir hätten Blumen mitbringen sollen«, meinte Hummel. »Oder wenigstens Kuchen aus dem Krankenhauscafé.«
Klaus öffnete die Tür. Nur ein Patient war in dem Zimmer – ein etwa fünfundsiebzigjähriger Mann.
»Wo ist denn Herr Gerber?«, fragte Klaus.
»Intensivstation«, murmelte der Patient. »Er wurde wieder bewusstlos.«
»Oje«, entfuhr es Hubertus. »Wie kommen wir denn da hinein?«
Klaus behielt das Heft in der Hand: »Lass das mal meine Sorge sein.«
Er führte Hummel ein Stockwerk höher auf Station 7. Dann betätigte er die Sprechanlage an der Intensivstation und sagte, wen sie besuchen wollten.
»Gehören Sie zur Familie?«, knarzte eine weibliche Stimme.
Klaus plusterte sich auf. »Ist Schwester Juliane da?«
Die Besucher hatten Glück. Sekunden später erschien Klaus’ Exfreundin in der für die Intensivstation typischen blauen Arbeitskleidung an der Tür.
Sie wunderte sich zwar, bat sie dann aber herein – schließlich kannte sie die Penetranz von Klaus. Im Falle einer Weigerung hätte der vermutlich draußen eine Viertelstunde lang Sturm geklingelt.
Die beiden folgten ihr vorbei an offenen Zimmern, in denen ein, manchmal zwei Patienten in futuristisch anmutenden Betten lagen, überall verkabelt, teilweise beatmet. Das dauernde Piepsen, die Alarme und das blasebalgähnliche Geräusch der Beatmungsmaschinen ließen Hubertus sofort, wie schon damals in seiner kurzen Klinikkarriere, die Nackenhaare zu Berge stehen.
Klaus’ Verflossene hielt an einem großen Tresen, von dem aus man auf einem Monitor Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz sowie Sauerstoffsättigung aller Patienten mitverfolgen konnte, und bot ihnen an, Platz zu nehmen.
»Du bist doch sicher dienstlich hier, Klaus. Schon allein, weil du doch immer im Dienst bist.« Das war damals einer der Punkte gewesen, die zur Trennung geführt hatten.
Klaus schüttelte den Kopf und schwindelte: »Gerber ist ein Freund von uns. Können wir zu ihm?«
Juliane schüttelte bedächtig den Kopf. »Erstens ist er weiterhin nicht ansprechbar, und zweitens ist gerade seine Frau bei ihm. Kennt ihr sie?«
»Nein. Was ist ihm denn passiert?«
Nachdem Riesle Juliane hoch und heilig versprochen hatte, Informationen absolut nicht für die Zeitung zu verwerten, sagte sie: »Er ist in einem kritischen Zustand. Jemand hat
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