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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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einen Brandy. »Nur zu, aber wir haben dich anders erzogen«, wie seine Mutter immer zu sagen pflegte.
    Das Limerick der Siebziger- und Achtzigerjahre war ein rauer Ort in einer rauen Zeit gewesen. Die Stadt lag zwar weit genug im Süden der Insel, um sie ländlich zu nennen, aber damals, lange vor dem wirtschaftlichen Aufstieg des »keltischen Tigers« und all diesem Mist, herrschte dort alles andere als Idylle. Kaputte, verzweifelte Typen hatte es zuhauf gegeben. Kennedy war ebenfalls durchaus verzweifelt gewesen, wenn auch nicht verzweifelt genug, um Drogen zu verkaufen, mit der Knarre in der Hand die Bank zu überfallen oder mit dem Wagen ins Schaufenster der Tankstelle zu rasen, wie es manche seiner Schulfreunde getan hatten. Aber eben doch hinreichend verzweifelt, genügend Bücher zu lesen, um von dort wegzukommen. Nicht nach Dublin aufs Trinity College, was nahegelegen hätte. Kennedy hatte eine Menge Wasser zwischen sich und seine Familie bringen müssen, seine Ma, seinen Dad, Patrick und Geraldine – die kleine Gerry, das mittlere Kind, von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Er liebte seine Familie aufrichtig, aber spätestens seit er achtzehn war, hatte er sie vor allem als menschliche Fesseln empfunden. Als so etwas wie seine persönliche Albatros-Kolonie, die sich Abend für Abend ums Fernsehgerät drängte. Sie hatten das dringende Verlangen in ihm geschürt, eine andere Landmasse unter den Füßen zu spüren.
    »Ich will nicht dem dienen, an das ich nicht länger glaube. Ob es sich mein Zuhause nennt, mein Vaterland oder meine Kirche, und ich will es versuchen, mich in irgendeiner Art Leben oder Kunst so frei auszudrücken, wie ich kann, und so ganz und gar, wie ich kann, und zu meiner Verteidigung nur die Waffen benutzen, die ich mir selbst gestatte – Schweigen, Verbannung und List.«
    Nun, es war nicht annähernd so eindrucksvoll gewesen, wie es sich beim alten James Joyce las. Er hatte sich dort, wo er war, bloß fehl am Platz gefühlt. Und das schon, so lange er zurückdenken konnte. Sein Zimmer in dem düsteren Haus, die Kieselrauputz-Fassade, das orangefarbene Licht der Straßenlaterne draußen vor seinem Zimmer. Irgendetwas war da schiefgelaufen. Er gehörte einfach nicht dorthin. Es fühlte sich durch und durch falsch an. Also hatte es ihn über die Irische See nach Glasgow verschlagen, um im grünen Westend der Stadt in den gotischen Kolleghöfen der Universität Englisch zu studieren. Das war 1987 gewesen.
    Eine Frau – attraktiv, Mitte dreißig – tänzelte vorbei und warf Kennedy ein Lächeln zu. Er lächelte zurück, wobei ihm eine Zeile aus »The Loving Kind« von den Pernice Brothers in den Kopf kam: »Yes, I feel the pull, but a major part of me is unavailable, what I had I gave, resist the need to save me, I will not be saved.«
    Sein Blick schweifte zum anderen Ende des Raums. Braden kehrte zum Tisch zurück, das Handy immer noch in der Hand. »Die Variety ist dran«, flüsterte er. »Die Sache mit Julie hat sich rumgesprochen, sie wollen einen Kommentar von dir.«
    »Ach nee. Jetzt?«
    »Spenglers Büro sagt, das geht in Ordnung. Aber halt es bitte möglichst simpel und vage, klar? Nur ›Was für eine Ehre es ist, mit ihr zu arbeiten, was für ein großes Talent sie ist‹ und so Zeug, in Ordnung?«
    » Simpel und vage. Du kennst mich ja so gut«, sagte Kennedy und nahm das BlackBerry entgegen. »Hallo?«
    »Kennedy? Hallo. Hier ist Nathan Castle von Variety . Also. Wow. Julie Teal. Wie fühlt es sich an zu wissen, dass sie an Bord ist?«
    »Es ist großartig, Nathan. Sie ist eine wirklich tolle Schauspielerin.« Zu Braden gewandt tat Kennedy so, als würde er sich eine Pistole unters Kinn halten. »Ich kann es wirklich kaum erwarten, zu … äh … zu sehen, was sie aus der Rolle machen wird.« Er zog den Abzug der imaginären Knarre und warf ruckartig den Kopf in den Nacken. Der Kellner brachte ihm einen Hennessy XO.
    »Haben Sie beide sich schon kennengelernt?«
    »Noch nicht, nein. Aber ich habe nur Gutes über Julie gehört.« Ich habe bloß gehört, dass sie eine ständig zugedröhnte Koksschlampe mit dem IQ eines Kopfsalats ist, die zu Beginn ihrer Karriere einen ganzen Müllcontainer voller Penner gevögelt hätte, um eine Statistenrolle in einer Tampon-Werbung zu ergattern.
    »Mit Stars wie Julie und Michael an Bord dürfte das Budget des Films ziemlich hoch ausfallen. Verspüren Sie da keinen Druck?«
    »Ach was, damit setze ich mich gar nicht erst auseinander,

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