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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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jemand ein neues Auto entworfen haben, würde er vermutlich losziehen, um einen Kerl zu finden, der bereits ein paar annehmbare Autos designt hatte, und würde ihn einfach seinen Job machen lassen. Was man dagegen nicht tun würde, wäre, den Mann das Auto designen zu lassen, um sich dann seine Entwürfe zu schnappen und sie über Monate hinweg von Menschen, die in ihrem Leben selbst nie ein Auto gebaut oder entworfen hatten, kritisieren und auseinanderpflücken zu lassen. Von Leuten, die kaum wussten, wie man ein Auto überhaupt fährt .
    Ebenso gut, dachte Kennedy in diesen endlosen Meetings immer wieder, könnte man ein Team von Eunuchen einen verfluchten Dildo entwickeln lassen.

sieben
    Nachdem Patrick Marr es aufgegeben hatte, seinen Bruder telefonisch zu erreichen, schrieb er ihm eine kurze E-Mail. Nun tippte er auf »senden« und sah aus dem winzigen Fenster seines Arbeitszimmers, einer besseren Abstellkammer unter der Treppe. Sein Büro im ersten Stock hatte er aufgeben müssen, als vor zwei Jahren sein drittes Kind geboren wurde. Draußen fegten Wind und Regen durch den dunklen Garten. Tagsüber hätte er in der Ferne die Irische See gesehen und vielleicht – stecknadelgroß – eine Fähre auf dem Weg nach Dublin, das nur etwas weiter nördlich lag. Er hätte das überall im Garten verstreute Spielzeug sehen können: ein ramponiertes Fußballtor, eine rote und gelbe Plastikrutsche und das halb aufgepumpte Planschbecken, das sie Ende Mai in einem Anflug von Übermut aufgestellt hatten, weil ein paar Tage lang die Sonne geschienen hatte. Jetzt war es natürlich voller Regenwasser. Der irische Sommer. Er hörte, wie am Ende des Flures eine Tür zuschlug, und verließ das Büro.
    Dr. Bourke kam ihm aus dem Esszimmer entgegen, das vorübergehend als Schlafzimmer diente. Als Krankenzimmer. »Wie geht es ihr, Doktor?«, fragte Patrick.
    »Lassen Sie uns darüber lieber in der Küche reden«, sagte Bourke.
    Ein paar Minuten später winkte Patrick dem Wagen des Arztes hinterher, als seine Frau Anne mit einem Korb Schmutzwäsche die Treppe herunterkam. Er schloss die Tür und drehte sich zu ihr um.
    »Offenbar bekommen wir unser Esszimmer schneller als erwartet wieder zurück«, sagte er bedrückt.
    »Ach, Schatz«, erwiderte Anne. Sie stellte den Korb ab und nahm ihren Mann in die Arme. »Hast du Kennedy inzwischen erreicht?« Sie spürte, wie er in ihrem Nacken den Kopf schüttelte. »Dieser verdammte Idiot!«
    »Ich habe ihm eben eine E-Mail geschickt. Ich bin mir sicher, dass wir morgen früh von ihm hören werden.«
    »Na klar, und er wird garantiert besoffen sein.« Anne gehörte nicht gerade zu Kennedys größten Fans. Die Frauen in seinem Freundeskreis und seiner Familie waren selten große Fans von Kennedy. Außer natürlich, er hatte eine Affäre mit ihnen.
    »Garantiert«, sagte Patrick und rang sich ein Lächeln ab. Im Wohnzimmer hinter ihm hing ein Foto von seinem Bruder. Es zeigte ihn mit dem Schauspieler Sean Penn. Sie waren beide betrunken.
    Aus dem ehemaligen Esszimmer ertönte ein leises Bimmeln. Die kleine Schulglocke mit dem Handgriff hatte er letzten Monat auf dem Flohmarkt in Wicklow erstanden. »Ich komme, Mum«, seufzte Patrick und verschwand den Flur hinunter in Richtung des Bimmelns. »Erzählen Sie ihr nicht mehr als unbedingt notwendig«, hatte Bourke gesagt. »Keinen Grund, ihr Angst einzujagen.«
    Anne blickte ihrem Mann nach und dachte, was sie so häufig dachte: Du bist zu gut, Patrick Marr. Du bist einfach zu gut für diese Welt.

acht
    Ein paar Krümel Tarte au Citron auf dem Teller und ein Dreiundzwanzigdollar-Glas Sauternes in der Hand, die Flüssigkeit schwer wie Hustensirup, fühlte sich der Autor prall und saturiert, als die schräg einfallenden Strahlen der Sechzehn-Uhr-Sonne sich durch den Saal tasteten und das Restaurant ins submarine Licht der Cocktailstunde tauchten, es in ein U-Boot, eine Taucherglocke verwandelten. Kennedy saß allein an seinem Tisch. Braden war draußen, um einen Anruf entgegenzunehmen – gegen Ende des Mahls hatte sein Telefon allmählich verrücktgespielt. Genau wie Kennedys Handy, das jedoch standhaft ignoriert in der Innentasche seines Anzugs verblieb. Für den Autor war ein zweistündiger Lunch allerdings auch Alltag. Für einen Hollywood-Manager erfüllte er dagegen den Tatbestand eines nicht genehmigten Urlaubs. Kennedy erhob das Glas und murmelte: »Auf abwesende Freunde. Ihr könnt mich alle mal.« Er leerte es in einem Zug und bestellte sich

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