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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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sprechen, musste Kennedy sehr betrunken sein. So betrunken, dass statt Blut nur noch Scotch in seinen Adern floss. Kursiv betrunken. Nicht diese alberne Weißwein-Nummer. Betrunken light reichte hier nicht aus.

neun
    Während Kennedy Marr in einem Restaurant in Beverly Hills erklärte, keinen Deut an Schicksal zu glauben, ging es dreitausend Meilen entfernt in Südlondon gerade auf Mitternacht zu, als das Schicksal dort höchstpersönlich anklingelte.
    »Ach verdammt, was ist denn jetzt schon wieder los?«, schimpfte Connie Blatt, der das Manuskript, das sie im Bett gelesen hatte, eben erst auf die Brust gesunken war. Auf der Kommode am Fenster bimmelte und vibrierte ihr iPhone – dabei war sie sich sicher gewesen, es ausgeschaltet zu haben. Connie warf dem nervigen Ding einen finsteren Blick zu. Nichts zu machen: Wenn man erst einmal Kinder im Teenageralter und betagte Eltern hatte, dann war es unmöglich, einen nächtlichen Anruf zu ignorieren. Also quälte sie sich aus dem Bett und eilte quer durch das große, kalte Zimmer. Als Kind der britischen Upperclass, das in riesigen Landhäusern und Internaten groß geworden war, hielt sie an der Überzeugung fest, dass Zimmer, egal zu welcher Jahreszeit, immer ungewöhnlich kalt sein mussten. Vor den Fenstern der viktorianischen Villa strich ein feuchter Sommerwind durch die Bäume von Clapham Common. Connie schnappte sich das klingelnde Handy, und als sie die Worte »Unbekannte Nummer« las, setzte für einen kurzen Augenblick ihr Herz aus. Die Polizei? Das Krankenhaus? Sie schob den Balken über den Touchscreen und sagte: »Hallo?«
    »Miss Blatt?«
    »Ja?«
    »Ich möchte mich für die späte Störung entschuldigen. Hier spricht Professor David Bell. Ich glaube, wir sind uns schon einmal begegnet. Auf einer Party von Andrew Wylie?« Die Stimme gehörte einem Engländer, Upperclass, begütert, ganz wie sie selbst. Doch der Mann am Telefon war eindeutig nicht mehr der Jüngste.
    »Ich … ja. Wie spät ist es überhaupt?«
    »Es ist fast Mitternacht. Es tut mir aufrichtig leid. Aber es ist enorm wichtig, Sie zu informieren, sobald das Komitee seine Entscheidung getroffen hat.«
    Welches Komitee? Welche Entscheidung? Wer zur Hölle war dieser Mann? »Ich verstehe«, sagte Connie und verstand nur Bahnhof.
    »Heutzutage, mit dem Internet, mit ›Twitter‹ und all diesen Dingen …« – Connie konnte die Anführungszeichen an ihrem Ende der Leitung quasi hören – »… da hat so etwas doch sehr schnell die Runde gemacht, und für uns ist es deshalb sehr wichtig, den Preisträger zu benachrichtigen, bevor er sonst wo davon erfährt.«
    »Ja, also, ich bin mir nicht ganz sicher, ob …«
    »Außerdem ist es mir als Vorsitzendem ein besonderes Anliegen, mich zu vergewissern, ob die entsprechende Person den Preis – nun ja – auch tatsächlich annehmen wird.«
    »Es tut mir wirklich leid, Professor Bell, aber …«
    »Wie Sie sicherlich wissen, wird der Preis nur alle fünf Jahre verliehen, und dieses Jahr war es das mit Abstand knappste Kopf-an-Kopf-Rennen, das wir je erlebt haben. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass wir letztendlich die richtige Entscheidung getroffen …«
    Es reichte. Genug jetzt. Wer war dieser alte Spinner?
    »Professor, bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich muss Sie jetzt geradeheraus fragen: Von welchem Preis ist hier eigentlich die Rede?«
    Einen kurzen Moment lang herrschte Stille. »Tut mir leid, ich dachte, das hätte ich erwähnt. Nun, meine Liebe, es handelt sich um den F. W. Bingham Award. Ich bin der Jury-Vorsitzende.«
    »Oh«, sagte Connie, »ich verstehe.« Der F. W. Bingham Award? War das nicht der …? Heilige Scheiße.
    Sechs Minuten später, von denen Connie vier damit verbracht hatte, Professor Bell, jedem der Komitee-Mitglieder, der Stiftung und den modernden Knochen F. W. Binghams höchstselbst überschwänglich zu danken, wählte sie Kennedys Nummer und versuchte, sich an den Zeitunterschied zwischen London und Los Angeles zu erinnern.

zehn
    Wer als Weißer in Hollywood einen halbwegs schicken Wagen fuhr, der brauchte bei Alkohol am Steuer nur eine Regel zu beachten: von Freitagabend bis Sonntagabend den Sunset Strip meiden. Davon abgesehen galt: guten Durst! Kennedy kannte eine prima Route, die ihn vom Chateau Marmont nach Hause brachte. Sie führte hinten ums Hotel herum über einige Seitenstraßen und dann, unter Umgehung des Strips, raus auf die Franklin. Da es Montagnachmittag und kurz nach vier Uhr war,

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