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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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sein, als er dem zugestimmt hatte). Pitch. Drinks. Informell.
    Ein »informelles« Meeting: Im Studiojargon hieß das, man redete über nichts und wieder nichts. Zumindest nichts, was je wirklich realisiert würde. Man ging da rein und wurde begrüßt mit: »Hallo, ich bin Karl Arsch, Vizepräsident von Schmierfilm, und das hier ist Tina Titte, Leiterin der Abteilung für Schwachsinn. Wir sind große Fans von Ihnen. Erzählen Sie doch mal – woran arbeiten Sie gerade?« Hatte man es ihnen erzählt, sagten sie: »Oh, fantastisch. Wirklich beeindruckend.« Und in der Regel hörte man danach nie wieder etwas von Mr. Arsch und Mrs. Titte. Ein Pitch-Meeting: Da ging man rein, und das Erste, was man hörte, war: »Hallo, mein Name ist Maggie Möse, Dünnschissbeauftragte, und dies hier ist Peter Penis, Senior VP von Meine Goldenen Eier. Bitte, erzählen Sie uns doch von Ihrer Idee.« Dann schilderte man ihnen jede einzelne Einstellung des Films, den man im Kopf hatte. Und zwar Frame für Frame von FADE IN bis FADE OUT . Woraufhin sie einen mit einem gönnerhaften »Großartig, klingt wirklich vielversprechend, wir melden uns dann bei Ihnen« entließen. Auch hier tendierten die Chancen, dass man von Mrs. Möse und Mr. Penis je wieder etwas hörte, gen null. Obwohl es in Kennedys Fall zumindest genügend Rückmeldungen gab, um ständig neue Schecks und Meetings zu garantieren.
    Warum? Warum widerfuhren ihm all diese fürchterlichen Dinge? Weil Kennedy es hasste, überhaupt irgendetwas zu tun. Na ja, so ziemlich. Was Kennedy gern tat, das war, mit Menschen, die er wirklich gut kannte, zu arbeiten, zu essen und zu trinken. Allerdings nur in Bars und Restaurants, die nicht weiter als eine fünfzehnminütige Autofahrt von seinem Haus entfernt lagen. Und doch würde er demnächst den halben Großraum Los Angeles durchqueren, um das Brot zu brechen – oder halt Sashimi, Filet Mignon, beschissenen Straußentittenbraten in Kugelfischsperma – mit … mit irgendeinem dämlichen Wichser namens Charlie? Oh, was war das doch für ein grausames Geschäft. Grausam. Wirklich grausam.
    Paramount. Informell. HBO. Pitch.
    Dann erblickten seine Augen etwas wahrhaft Beängstigendes:
    19:30 Uhr. Saskia Kram: Dichterlesung, Downtown.
    Wer zum Teufel war Saskia Kram? Der Termin war schon morgen Abend. Das durfte einfach nicht wahr sein. Die Mitte hielt nicht mehr. Hörst du den Falkner? Der Falke hatte seinen iPod aufgezogen und so laut Drum & Bass aufgedreht, wie es nur irgend ging, fabulierte ein irre gewordener Yeats in seinem Kopf. Eine Dichterlesung? Kennedy goutierte Gedichte so, wie es jeder geistig gesunde Mensch tat: zu Hause, allein, spätnachts, über die Whiskyflasche gebeugt, den tränenbefleckten Yeats- oder Larkin-Band auf dem Schoß, sein ruiniertes Leben beweinend. Aber eine Dichterlesung besuchen? Ohne einen Drink viel zu nüchtern in einem Raum sitzen und zuhören, wie … wie Saskia Kram vor einem Rudel durchgeknallter Spinner ihre Nummer abzog? Man musste schon gehörig einen an der Klatsche haben, um so etwas zu tun. Da konnte man ja gleich ins Theater gehen. Es war unvorstellbar. Undenkbar. Kennedy drückte nacheinander auf die Freisprech- und die Schnellwahltaste.
    »Hallo, Childs und …«
    »Stephanie, Kennedy hier.«
    »Oh, hallo. Ich wollte dich gerade …«
    »Was zum Teufel hat es mit dieser verfickten Dichterlesung auf sich?«
    »Pardon, aber ich weiß nicht, was du …«
    »Saskia Kram? Wer, bitte schön, ist diese Schlampe?«
    »Oh, sie ist großartig . Warte mal, ich rufe kurz deinen Kalender auf …«
    »Absagen. Absagen. Sag das sofort ab.«
    »Na sicher, schon klar. Kennedy? Hallo? Du selbst hast mich gebeten, das einzutragen. Ist ’ne Ewigkeit her.«
    »Da muss ich zugekokst gewesen sein. Oder auf Crack. Sag das ab.« Die letzten Worte flötete er in einem tuntigen Sopran.
    »Du bist als Laudator fest eingeplant. Die Veranstaltung findet Downtown in einem Buchladen namens Barnstaples statt.«
    »Sag. Das. Ab.«
    »Wenn du mir bitte einen Moment …«
    »Negativ.«
    »Kennedy, wenn du …«
    »Scheiß auf sie und ihre Knittelverse.«
    »Kennedy, ich glaube, wenn du einfach mal ihr Foto googeln würdest …«
    Kennedy tippte den Namen bereits in die Suchmaske.
    »Sie hat gerade einen Band mit dem Titel Bäume veröffentlicht. Alles Gedichte, die sich indirekt mit …«
    Und da war sie, das riesige Foto füllte den gesamten Bildschirm aus. Kaum erblickte Kennedy ihr Gesicht, da fiel es ihm wie Schuppen von

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