Straight White Male: Roman (German Edition)
gegenseitig in ihrer Entrüstung. Immer wieder fielen Wörter wie »skandalös«, »entsetzlich« und »unfassbar«.
»Dein Chef, dieser Lyons«, sagte Costello, »er hat das durchgeprügelt.«
»Oh, dieses Fossil«, erwiderte Drummond. »Dieser dämliche alte Idiot.«
»Die akademische Welt von heute«, seufzte Costello. »Da hätten sie sich auch gleich für jemanden entscheiden können, der sogar noch … ach, was weiß ich. Aus diesem Dings. Im Dschungel.«
»Nun, danke, dass du mich informiert hast.« Dschungel? Was für ein Dschungeldings? Bezog sie sich etwa auf diese jüngst wieder ausgegrabenen Essays von Lévi-Strauss? »Nun bin ich zumindest vorgewarnt.«
»Du Ärmster. Diesen furchtbaren, frauenverachtenden Höhlenmenschen ein Jahr lang an deiner Fakultät ertragen zu müssen.«
»Nun, das werden wir ja noch sehen«, sagte Drummond. »Danke noch mal. Gute Nacht, Amanda.«
Er legte auf und knipste das Licht aus. Auf dem Rücken liegend, starrte Drummond durch die Dunkelheit zur Zimmerdecke des kleinen Hauses hinauf, dem seine Familie längst entwachsen war. Er spürte, wie sein Herz sich zusammenzog. Von allen Menschen ausgerechnet dieser! Jeder, wirklich jeder andere wäre besser als dieser … dieser kapitalistische Rowdy.
zwölf
Kennedy bog links ab, fuhr auf der La Brea Avenue nach Norden, überquerte den Hollywood Boulevard und passierte Ivan’s, wo er seine Zigaretten und Zigarren kaufte, die hier so günstig waren, dass man sich den Arsch wegrauchen konnte. Eine Stange Marlboro für fünfzig Dollar? Das war knapp über drei Pfund die Packung. In London lag der Preis momentan bei neun Pfund. Leider war es unglaublich aufwendig, hier an kubanische Zigarren zu kommen. Dann fuhr er nach rechts, weiter auf der Franklin Avenue Richtung Osten und schließlich noch ein letztes Mal nach links, nach Hillcrest, wo die Serpentinen ihn bis in die Hollywood Hills hinaufführten.
Er parkte den Wagen am Straßenrand und betrat das Grundstück durch das vordere Gartentor, wo das Personal gerade wie erhofft sein Tagewerk beendete. Raoul packte am Rand des grün gefliesten Infinitypools seine Chemikalien und die Teleskopstange zusammen. Hector, der Gärtner, hatte einen Laubbläser in der Hand, mit dem er die letzten Blätter und Zweige im Patio beseitigte. Maria und Selina, die Putzfrauen, kamen ihm im Garten auf dem Weg in den Feierabend mit den Müllsäcken entgegen.
»Hallo, Leute«, rief Kennedy.
» Hola , Mr. Kennedy«, erwiderte das Quartett.
»Mr. Ennedy?« Es war Raoul, der da gegen die harten Konsonanten annuschelte.
Kennedy packte seine Ray-Ban Clubmaster ins Etui, lockerte den Krawattenknoten und gesellte sich zu ihm an den Pool.
»Sin’ jess neue Chemikaljen im Jacussi un’ der Filter iss aussgetausst. Solle jess funssionirren, aber iss würde noch ewass warten, bevorr iss ihn benuhsse …« Der acht Personen fassende Whirlpool befand sich etwas erhöht über dem hinteren Ende des Swimmingpools. Dahinter, weit unter ihnen, flirrte Downtown L. A. im Smog.
Kennedy ging am Rand des Schwimmbeckens entlang und blickte in den Whirlpool. Das Wasser brodelte und schäumte, sah aber kaum sauberer aus als heute Morgen. »Danke, Raoul«, sagte er.
»Dass Prohlemm warr verrmuhlich …«, begann Raoul.
Und Kennedy tat, was er bei solchen Gelegenheiten immer tat: Er schaltete auf Durchzug. Wenn ein Klempner ihm den Grund einer Verstopfung oder ein Elektriker die Lösung eines Problems erläutern wollte oder sich überhaupt irgendwer bemühte, ihm ein wie auch immer geartetes Ringen zwischen Mensch und Ding zu schildern, dann hörte er einfach nicht mehr zu. Die Worte wurden zu einem leisen Plätschern, zu Wellen, die an Kennedys Ohr schwappten, während er Sachen wie »Aha«, »Mmmh«, »Ja« oder »Ich verstehe« sagte, bis die entsprechende Person ihren Mund hielt oder ging. Was hatten die nur immer, diese Dingdompteure? Diese Bezwinger der Realität mit ihrem hartnäckigen Bestreben, ihm zu erklären, wie irgendwelche Sachen funktionierten, ihren Vorträgen zu kaputten Kühlschrankdichtungen, Krümmern und Benzinpumpen, ihren Tiraden gegen Regenrinnen und Dachziegel? Wenn er an die unzähligen Stunden dachte, die er an solche Vorträge verschwendet hatte … Warum konnten ihn diese Leute nicht einfach in Frieden lassen?
Es war wie damals, wenn Millie und später Vicky – in jüngster Zeit dann eine dieser wenigen Samanthas, Christines oder Lauras, die länger als ein oder zwei Tage blieben
Weitere Kostenlose Bücher