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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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scheißegal. War der Film ein Rohrkrepierer, musste man den Kopf dafür hinhalten und galt bis auf Weiteres als der dämlichste Idiot, der jemals am Sunset Boulevard einen Laptop aufgeklappt hatte. War der Streifen dagegen ein Hit, dann war es natürlich der Regisseur, den jeder für ein Genie hielt. In einer von Kennedys liebsten Hollywood-Geschichten ging ein Drehbuchschreiber auf die Premiere seines Films und kam auf der After-Show-Party nicht in den VIP-Bereich. Schließlich erregte er das Mitleid des Produzenten, der ihn hineinschleuste. Auf der Party sprach der Autor eine Blondine an. »He, du«, fragte er sie, »was hast du denn zu dem Film beigetragen?«
    »Ich bin die Hundetrainerin«, antwortete sie. »Und du?«
    »Ich habe das Drehbuch geschrieben.«
    »Oh«, sagte die Frau, »das ist aber nett, dass sie dich eingeladen haben!«
    Spengler riss ihn wieder aus seinen Gedanken. »Wir schicken dir Kevins Aufzeichnungen. Er hat mit dem Skripteditor ein bisschen Material zusammengetragen. Aber du weißt ja – wir brauchen dein goldenes Händchen.«
    »Mmm«, sagte Kennedy so neutral wie möglich.
    »Guter Junge. In Ordnung, lass uns zu den Mädels rübergehen.«
    »Muss das wirklich sein?«
    »Showbusiness, Baby«, sagte Spengler und stand auf. »Komm schon, sie steht auf dich.«
    » JUNGS! «, quiekte Julie Teal, als sie sich der dunklen Sitzecke näherten. Mit am Tisch saßen vier andere Mädchen – alle in den Zwanzigern, alle Models, Schauspielerinnen, was auch immer – und ihr Aufpasser, der gute alte Juan. Einige der Mädchen trugen Klamotten, die schon fast an Faschingskostüme grenzten. Lag es daran, dass Halloween vor der Tür stand, oder war das Haute Couture? Wer konnte das schon wissen? »Was macht ihr denn hier? Wir haben uns vorhin spontan entschieden, auszugehen. Kommt, setzt euch doch zu uns. Kennedy, du sitzt neben mir. Mädels, Kennedy ist der beste Autor überhaupt. Und wartet erst, bis ihr seinen Akzent hört.«
    Mit Verwunderung sah Kennedy, dass Julie Teal ein Glas Champagner in der Hand hielt. »Ach, Bollocks «, sagte er und sorgte damit für erneutes Gequieke. Zusätzliche Stühle wurden herbeigeschafft, eine Flasche Cristal geordert – Essen schien hier offenbar niemanden zu interessieren. Inmitten des Durcheinanders war Spengler irgendwann verschwunden. Er hatte sich in seinen Maybach verdrückt, um sich zurück nach Buckinghamshire kutschieren zu lassen. Julie schmiegte sich an Kennedy und flüsterte: »Na, Lust auf ein Näschen?«
    Kennedy war nur milde überrascht, die Worte »Aber gerne doch« aus seinem Mund zu hören.

achtunddreißig
    Kennedy wachte auf. Oder vielmehr: Er kam zu Bewusstsein. Irgendwie schaffte er es, sich aufzusetzen. Doch ziemlich schnell wurde ihm klar, dass das zu den schlechtesten Ideen gehörte, die er jemals in seinem ganzen Leben gehabt hatte. Sein Kopf fühlte sich an, als wäre das gesamte Blut und Gewebe darin durch Sägemehl und Backpapier ersetzt worden. In seinem Mund steckte die durchgewalkte Sohle eines Jesuslatschens, der gerade einen Gewaltmarsch durch die Wüste absolviert hatte. Er tastete nach dem Evian auf dem Nachttisch und verschüttete den Inhalt über den Fußboden. Irgendwie gelangten trotzdem ein paar Spritzer zwischen Lippe und Zahnfleisch. Ins Halbdunkel blinzelnd, versuchte er verzweifelt herauszufinden, wo zur Hölle er eigentlich war. Das Blatt eines Hotelnotizblocks neben dem Bett ermöglichte ihm eine ungefähre Standortbestimmung: Er befand sich im Mandarin Oriental. Kennedy wälzte sich herum, und die schlafende Gestalt zu seiner Linken erlaubte es ihm, dies weiter zu spezifizieren: im Bett von Julie Teal.
    O fuck. Fucking fuck.
    In fragmentarischen Filmstills kam ihm der Abend wieder ins Gedächtnis: erst das Restaurant, dann das Soho House.
    Ein solcher Club an sich war schon eine merkwürdige Institution. In der Jugend trieb man sich mit seiner Clique rum. In seinen Zwanzigern hatte niemand Kinder. Kaum jemand trug Verantwortung. Und der Tod war ein Hirngespinst, ein bloßes Gerücht, etwas, das anderen Menschen zustieß. Also zog man ständig um die Häuser, traf immerzu Leute, weil sie alle in denselben Läden verkehrten. Dann holte einen das Leben ein – Familie, Kinder, Karriere –, und eine ganze Zeit lang ging überhaupt niemand mehr aus. Und schließlich kamen die mittleren Jahre: Man ließ sich scheiden, die Kids wurden älter und lebten ihr eigenes Leben. Es galt, die Langeweile zu bekämpfen, die eigene Ehe

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