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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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noch wahrscheinlicher, gestohlen. Dann war ich aus dem Haus geflohen. Aus unerfindlichen Gründen hatte ich allerdings vorher die Heizung abgestellt. Die Hintertür war ruiniert, und der bestialische Gestank hing sirupdick in der Nase.
    Hatte jemand die Schüsse gehört? Ich glaubte nicht, denn es hatte kein Sirenengeheul gegeben, und unser Haus lag abseits von den anderen – wie ein Aussätziger. Wir hörten nichts von unseren Nachbarn, denn so gefiel es Dad am besten. Zudem dämpfte der Schnee alles.
    Hätte er mich umgebracht, hätte es keiner bemerkt. Ich läge jetzt tot dort und …
    Mein Verstand stoppte, hielt an wie ein abgewürgter Motor. Ich erschauderte, dass der Plastikstuhl quietschte. Das Einkaufszentrum war hell erleuchtet, und Leute liefen herum, kauften ein, als gäbe es den verwesenden Zombie in meinem Wohnzimmer gar nicht. Auf der unteren Ebene mit den Essensständen plätscherte ein Springbrunnen, dessen Wasser melodisch über Etagen aus Art-déco-Beton und gebogenem Stahl schwappte.
    Der Styroporbecher stellte einen weißen Kreis mit einer braunen Ellipse darin dar, eine konische, strukturierte Form. Ich hätte sie zeichnen können. Mein Block steckte in meiner Tasche, denn in meiner hysterischen Eile hatte ich ihn zusammen mit allem anderen dort hineingestopft.
    Zeichnen klang gut, bloß ging es nicht, solange meine Hände so sehr zitterten. Ich erschauderte wieder. Was ich anhatte, konnte ich nicht sagen. Ich wusste lediglich, dass ich mich umgezogen hatte, nachdem ich mir den Zombieschleim abgeschrubbt hatte.
    Ich habe ihn erschossen. Ich habe Dad erschossen.
    Immerzu stieß ich auf das Bild von Dads blauen Augen mit ihrem verrottenden Weiß, die auf mich fixiert waren, mit diesem dunkelroten Funkeln in den umwölkten Pupillen. Sie waren nicht mehr richtig rund gewesen, vielmehr an den Rändern ausgefranst, weil das Gewebe abstarb. Ich fühlte die Waffe noch, die in meinen Händen ruckte. Und den Gestank.
    Mir war klar, dass ich wieder das Geräusch machte, das leise Wimmern tief in meiner Kehle, das sich gegen das Plätschern des Springbrunnens zu behaupten drohte. Prompt unterdrückte ich es, denn ich konnte es mir nicht leisten, dass jemand mich genauer anschaute.
    Ich hatte eben meinen Vater umgebracht.
    Hallo, Officer? Können Sie mir helfen? Mein Dad wurde zu einem Zombie gemacht. Sie müssen nämlich wissen, dass wir herumreisen und Dinge beseitigen, die nicht real sind, und diesmal schlugen sie zurück. Ich brauche unbedingt eine Bleibe – aber können Sie dafür sorgen, dass ich dort ein bisschen Weihwasser oder so etwas habe? Und ein paar Kugeln mit Silbermantel? Das wäre nett. Ja, das wäre echt cool. Danke. Und wo Sie schon mal dabei sind: Sagen Sie bitte den Jungs mit den Zwangsjacken, dass ich nicht bekloppt bin? Das wäre sehr hilfreich.
    Der Kaffee zitterte in der Tasse, als ich den Rand mit zwei Fingern umfasste. Bald würde das Einkaufszentrum schließen. Es war ein normaler Wochentag. Wo sollte ich hin? Mit meinen Papieren konnte ich kein Hotelzimmer mieten – außer, ich probierte es im fiesen Teil der Stadt, und das würde mehr kosten, als ich momentan ausgeben wollte. Apropos Bares: Ich musste mir überlegen, wie ich welches auftreiben konnte, wenn dieses aufgebraucht war, und …
    Allein der Gedanke, so weit vorauszuplanen, widerstrebte mir.
    Ich habe meinen Daddy erschossen. Herr im Himmel, ich habe meinen Dad erschossen! Tränen stiegen mir in die Augen, und ich hatte einen Kloß im Hals. Das scheußliche Kratzen am Fenster der Hintertür wurde zu dem Schaben eines Plastikstuhls, den jemand mir gegenüber vom Tisch wegzog und sich darauffallen ließ. Durch einen Schleier welliger dunkler Haare grinste er mich an.
    » Hier bist du! Zwei Tage am Stück schwänzen, da sollte jemand die Cops rufen.« Graves stellte einen Becher von »Orange Julius« auf den Tisch. Ich hatte mir einen Platz ausgesucht, an dem ich mit dem Rücken zur Wand saß, und war jedes Mal nervös zusammengezuckt, sowie jemand hinter mir vorbei zu den Toiletten ging. Von dieser Stelle aus hatte ich die beste Sicht. Es stand sogar eine unechte Topfpflanze hinter meinem Stuhl. Schrecklich nett.
    Nun also starrte ich den Gothic an anstatt meinen Kaffeebecher. Der Silberohrring in seinem linken Ohr war ein baumelnder Totenkopf mit gekreuzten Knochen, wie ich feststellte. Die schwache Befriedigung, die ich empfand, weil ich ihn endlich richtig erkennen konnte, ging in meiner aufsteigenden Panik

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