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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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ich leise aufstieß, was nach künstlichen Milchprodukten und etwas weniger künstlichem Fleisch schmeckte. »Das glaubst du mir sowieso nicht, wenn ich es dir erzähle.«
    »Wart’s ab!« Er beugte sich vor und stützte seine Arme auf den Tisch. Gleichzeitig presste er die Lippen zusammen und sah mich viel zu direkt an.
    Ich blickte auf seine rechte Hand, auf die Art, wie seine Finger mit den heruntergekauten Nägeln auf der glatten Tischplatte lagen. Die Knöchel waren immer noch rot und rissig, als wäre er viel draußen in der Kälte gewesen. Dennoch hatte er wirklich schöne Haut, und mit ein klein bisschen Lotion würde sie vollkommen glatt.
    Ich könnte seine Hand zeichnen. Ja, sicher könnte ich das. Ich müsste bloß mehr mit Schattierungen arbeiten als sonst, um die Oberflächenstruktur richtig einzufangen. »Ich kann eben nicht nach Hause«, hörte ich mich flüstern, »nicht vor morgen.« Und vielleicht auch dann nicht. Ich weiß es nicht.
    Zunächst schwieg Graves, wobei seine Hand sich auf dem Tisch anspannte und alles Lockere aus den Fingern herausfloss. Aus den unsichtbaren Lautsprechern plärrten Blechbläser und Synthesizer, die durch den Restaurationsbereich hallten wie der Lärm in meinem Kopf. Endlich erkannte ich den Song.
    Es handelte sich – ausgerechnet! – um eine weichgespülte Version von AC/DCs »Highway to Hell«. Dad mochte solche Musik. In jeder neuen Stadt, in der wir landeten, war es mein Job, den Oldies- und den Classic-Rock-Sender zu finden. Was Dad davon hielte, dass man eines seiner Lieblingsstücke kastrierte, um damit ein Einkaufszentrum zu berieseln, wusste ich nicht.
    Er wird von gar nichts mehr irgendwas halten, Dru. Wieder kamen mir die Tränen. Ich schniefte, schluckte angestrengt und sah Graves wütend an, als wollte ich ihn warnen, nur ja keinen Kommentar zu meinem kindischen Geflenne abzugeben.
    Nach einer Weile lehnte er sich zurück und nahm seine Hand vom Tisch. »Weißt du, wo du heute Nacht schläfst?«
    Schön wär’s! »Ich finde was.« Ich gehe in eine billige Absteige, oder ich fahre die ganze Nacht Bus. Oder sonst was.
    Wir schwiegen. Als ich ein helles krähendes Lachen hörte, blickte ich hinüber zu »Orange Julius«, wo zwei blonde Mädchen hinter vorgehaltenen Händen kicherten. Sie waren mit zwei Jungen dort, der eine ein Dunkelhaariger, den ich in der Schule gesehen hatte, und der andere ein ziemlich ähnlicher Typ, wahrscheinlich sein Bruder oder Cousin.
    Ich hatte das Gefühl, dass mich Lichtjahre von ihnen trennten. Normale, blöde Teenager, die sich in einem Fast-Food-Restaurant wie Idioten benahmen. Der Dunkelhaarige legte seine Arme um eines der Mädchen und hob es hoch. Die Blonde schrie vor Lachen, was ein klirrendes Geräusch ähnlich herunterfallenden Pennys machte. Ihre Bluse rutschte nach oben, so dass ein Stück ihres Rückens entblößt und die Wölbung ihres Hinterns betont wurde. Draußen schneite es, in meinem Wohnzimmer lag ein toter Zombie, und hier war dieses gackernde Mädchen, angezogen wie eine Nutte.
    Ich ballte meine Hand zur Faust und atmete tief ein.
    »Ich weiß, wo du hinkannst«, sagte Graves ruhig, beugte sich wieder zum Tisch und stützte die dünnen Ellbogen auf, bevor er sein Kinn auf eine Faust lehnte. »Das heißt, falls du willst.«
    O Gott, nein! Nicht jetzt! »Wieso glaubt dauernd irgendein Typ, er könnte bei der Neuen landen?« Meine Fingernägel bohrten sich in meine Handflächen. »In jeder verfluchten Stadt ist es dasselbe. Überall meint irgendein Typ, er sei Gottes Geschenk an die Heimatlosen!«
    »Ich habe bloß gefragt, ob du einen Schlafplatz brauchst.« Graves zog die Schultern ein. »Mein Gott!«
    Schlagartig fühlte ich mich mies. Es war ja nicht seine Schuld, dass bei mir zu Hause ein toter Zombie herumlag, dass die Hintertür sperrangelweit offen stand und alles bis morgen früh vereist sein dürfte. Vor Tagesanbruch wollte ich nicht einmal daran denken, wieder zum Haus zu gehen.
    Und was willst du dann machen, Dru?, erklang Dads Stimme in meinem Kopf, als wollte er mich testen. Was hast du dann vor? Du brauchst einen Plan. Im Moment rennst du herum wie ein verschrecktes Kaninchen.
    Graves sah mich immer noch an. Unter dem dichten Haarschirm wirkten seine Augen dunkler grün, und abermals blinkte sein Ohrring wie ein klarer Lichtblitz.
    »Entschuldige.« Mein Hals war wund. Wie laut hatte ich geschrien? Hatte jemand die Schüsse gehört? Ich konnte nicht aufhören, mich das zu fragen. »Ich

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