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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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hätte mir auch eine mitgenommen, aber falls ein Polizist vor der Tür stand – oder irgendeine andere Amtsperson –, hätte mich das in Schwierigkeiten gebracht.
    Das ist ja lächerlich!
    Ein letztes Klopfen erklang, geradezu verspielt. Liebes, gutes kleines Schwein, lass mich doch zu dir herein!
    Ich bemühte mich, möglichst lautlos zu atmen, während ich auf Graves zeigte, dann nach oben und mit Zeigefinger und Daumen eine Waffe formte. Dazu zog ich bedeutungsvoll beide Brauen hoch.
    Graves nickte. Auf seiner bleichen Haut fielen die rosa Narben besonders stark auf. Seine Unterhose war ihm hinten in die Poritze gerutscht, wie ich unweigerlich bemerken durfte, als er sich umdrehte und die Treppe hinaufschlich.
    Ich ging in die Hocke und beobachtete die Tür. Jede Faser von mir war ganz auf Horchen ausgerichtet. Wer das auch sein mochte, er wartete auf der Vorderveranda. Das wusste ich so sicher wie meinen eigenen Namen. Man muss sich die Störungen, die etwas Verrücktes in der normalen Welt verursachten, ähnlich wie das Luftflirren im Sommer über dem Pflaster vorstellen. Die blauen Linien vibrierten am Rande der Sichtbarkeit, denn das Haus wies alles Feindliche ab.
    In jedem Haus, in das wir zogen, schlich ich mich gewöhnlich gleich die erste Nacht aus dem Zimmer und wanderte sämtliche Türen und Fenster mit Grans Zauberstab ab. Ich fühlte, wie mein Wille durch das Ebereschenholz direkt in Rahmen und Wände floss. Gran hatte von »Schutzzauber« oder »Versiegelung« gesprochen, Dad von »diesem alten Appalachen-Hokuspokus«, wenn auch nie besonders laut, und erst recht hielt er mich niemals davon ab.
    Zu vieles von dem, was Gran mir beigebracht hatte, war nützlich. Deshalb war sein Lästern eher Show, und ich verkniff mir die Bemerkung, dass es lachhaft war, bedachte man, womit er sich so die Tage und vor allem Nächte vertrieb.
    Manchmal konnte ich die dünnen blauen Linien fast sehen, die wie Blitze über die Wand- und Fensteroberflächen huschten. Diesmal schien es, als würden sie stärker, die Blitze sich bündeln und konzentrieren, um etwas abzuwehren.
    Schöner Mist!
    Die Stufen knarrten. Das Haus stimmte sein Morgengrauenlied unter der Schneedecke an. Gestern war der Vorgarten unberührt gewesen. Einzig über den Spitzen der Zaunpfosten hatten sich kleine Hubbel erhoben, wo der kleine brüchige Zaun unter einer Schneewehe Wache stand.
    Die Vordertür knarrte nicht. Stumm gab sie die geheimnisvollen Strahlen dessen ab, was dahinter war. Die blauen Linien, die über sie hinwegflossen, konnte ich beinahe, aber nur beinahe sehen. Meine Handflächen schwitzten, mein Mund war staubtrocken und schmeckte komisch, wie Morgen und Rost zusammen.
    Das ist kein Rost, Dru. Das ist Blut, korrigierte die Stimme meines Instinkts mich recht gelassen. Es ist etwas Seltsames, und es riecht nach Blut. Es steht auf deiner Vorderveranda und sieht sich vielleicht in diesem Moment die toten Pflanzen in ihren Plastiktöpfen an, die du nicht weggeräumt hast. Was wollen wir wetten – wenn du aus dem Wohnzimmerfenster guckst, grinst es dich an.
    Ein schwaches rüttelndes Kratzen erklang, und mir wurde schlecht, weil ich an Dads abgewetzte Finger auf dem Glas denken musste.
    Liebes, gutes kleines Schwein, lass mich doch zu dir herein!
    Es gab eine Menge Dinge in der Echtwelt, die keine Schwelle uneingeladen übertreten konnten. Zombies zählten nicht zu ihnen, dieses vielleicht schon. Und eventuell nützte der rituelle Schutz, den ich von Gran übernommen hatte, ja doch etwas.
    Eventuell? Nein, ganz sicher! »Bin ganz allein, bin ganz allein, ich lass dich nicht ins Haus herein«, sprach ich lautlos, während Graves leise hinter mir die Treppe hinunterschlich. Eines der Stufenbretter ächzte unter seinem Gewicht, so dass er den Atem anhielt und erstarrte.
    Die gefühlte Präsenz sickerte langsam weg wie öliges Wasser, das eine Regenrinne herabläuft. Ich hörte ein dünnes Geräusch, das ein Kichern oder ein Schreien sein konnte, je nachdem, wie weit entfernt es war.
    Ich ließ mich auf die Stufe fallen, weil meine Beine mich nicht mehr halten wollten. Sie zitterten furchtbar und waren weich wie durchgematschte Nudeln.
    Graves reichte mir die Waffe über meine Schulter. Ich nahm sie, denn ich brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass das Ding sowieso schon weg war. Außerdem schlotterte ich, als hätte ich soeben eine Koffeininjektion verrührt mit Angst bekommen.
    Nun, Angst hatte ich auf jeden Fall. Wie dunkler

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