Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
Vom Netzwerk:
meine Jackentasche steckte.
    Graves stemmte sich mit den Schultern von der Wand ab. »Ich komme mit dir.«
    »Hör zu …« Aber er war schon weg. Ich hörte, wie er zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinaufjagte. Wahrscheinlich wollte er seinen Mantel holen.
    Was sollte ich noch sagen? Er war ja bereits gebissen worden. Hatte die Echtwelt erst einmal die Zähne in jemanden versenkt, fiel es schwer, zum normalen Alltag mit »Happy Meals« zurückzukehren.
    Und … nun ja, ich lauschte auf seine Bewegungen oben und konnte mir beinahe einbilden, er wäre Dad.
    Mein Gewissen knuffte mich, fest, direkt in die Mitte der Brust. Dru, du darfst ihn da nicht tiefer mit reinziehen! Er wurde schon übel herumgestoßen und gebissen. Es könnte ihm Schlimmeres zustoßen, wenn er sich noch weiter einmischt.
    Aber ich war doch auch nur ein Teenager und ganz allein! Ich brauchte Hilfe, und wie es aussah, war er die beste, die ich bekommen konnte.
    Es war nicht fair.
    Meinetwegen war er gebissen worden. Ich war nämlich nicht so naiv zu glauben, der brennende Hund und der Werwolf wären zufällig gerade in der Gegend gewesen und hätten Lust auf einen »Orange Julius« nach Ladenschluss gehabt. Nicht zu vergessen das Ding, das vor Tagesanbruch an meine Tür geklopft hatte. Etwas, das über die blauen Linien von Grans Schutzzauber gestolpert war – die heute Morgen stärker erschienen waren als jemals zuvor.
    Graves noch weiter in alles mit hereinzuziehen war unanständig. Am Ende würde er bloß verletzt, und er besaß überhaupt keine Erfahrung.
    Ich schluckte, schlang mir den Taschenriemen über den Kopf, setzte mir eine Strickmütze auf und streifte meine Handschuhe über. Draußen sah es verflucht kalt aus. Als ich die Tür öffnete, fühlte die Luft sich wie ein Fausthieb auf den Brustkorb an. Ich rang nach Atem, fing sofort an zu bibbern, hob die Schultern und zurrte den Army-Schal fester. Solch ein Wetter war für Eisskulpturen gemacht, nicht für Menschen!
    Zweifellos würde Graves hinter sich abschließen, also stieg ich vorsichtig die Verandastufen hinab. Dass die Schneedecke im Vorgarten vollkommen unberührt war, überraschte mich nicht, machte mich jedoch elend. Was immer an meine Tür geklopft hatte, es hinterließ keine Fußspuren.
    Großartig!
    Bis zur Straße war ich schon kniehoch voller Schnee. Morgens waren die Schneepflüge noch einmal vorbeigekommen, also würde es mühsam, aber nicht unmöglich. Dru Anderson, furchtlose junge Jägerin des Seltsamen, glitschend und schlitternd auf verkrustetem Eis. Aber, bei Gott, wenn ich zu Hause blieb, würde ich anfangen, die Wände anzunagen!
    Und wer konnte wissen, ob dieses Ding nicht wiederkam, sobald die Sonne unterging, und jemanden mitbrachte, den die Schutzzauber nicht aufhielten? Meine Überlebenschancen standen ungleich besser, wenn ich versuchte, Hilfe zu kontaktieren.
    »Dru!«, brüllte Graves.
    Ich stapfte stur weiter. Meine Stiefel hatten ein recht gutes Profil, dennoch brachte ich nichts Schnelleres als ein schlurfendes Kriechen zustande.
    »Dru! Warte!«
    Ich stapfte weiter. War ich erst auf der Fahrspur, konnte ich bis zur Bushaltestelle schneller gehen, und mit ein bisschen Glück fuhren die Busse noch fahrplanmäßig. Vielleicht wurde Graves es ja leid, nach mir zu brüllen, wenn er merkte, dass ich nicht hinhörte.
    Ein Knirschen ertönte hinter mir, schnelles, leises Trappeln, das merkwürdig falsch klang. Auf einmal pflügte Graves von hinten praktisch in mich hinein, packte meine Schultern und wäre fast mit mir zusammen kopfüber in den Haufen aufgeschütteten Schnees gestürzt. Ich griff nach seinem Handgelenk, drehte es zur Seite und fand einigermaßen Halt, so dass ich ihn halb herumgedreht hatte, bevor er seinen Arm sehr viel kraftvoller wegriss, als er es eigentlich hätte können dürfen.
    Ich starrte ihn an, er mich. Sein Mund war leicht geöffnet, und helle Atemwolken stiegen vor ihm in die Höhe. Seine Wangen waren schon rot und spröde, und sein Haar war noch wilder als sonst, stand beinahe in alle Richtungen ab und knisterte statisch. Verblüffend. Er sah aus wie eine Katze, der man gegen den Strich mit einem Luftballon über das Fell gestrichen hatte.
    »Mein Gott!«, hauchte ich. »Was hast du denn?«
    »Ich komme mit dir!«, sagte er sehr laut und deutlich, als hätten wir ein Verständigungsproblem. »Verdammt noch mal, Dru!«
    »Du schaffst es noch, dich umbringen zu lassen – und mich womöglich auch. Lass mich los!«

Weitere Kostenlose Bücher