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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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war, ich kreischte vor Lachen, ein Meer von Gänseblümchen und Gras um mich herum, das Gran regelmäßig mit der Machete kürzte. Und daran, wie er mich kurze Zeit später in den Wald mitnahm, mir zeigte, wie man schoss – zuerst mit einem klimpernden Luftgewehr, dann mit einer Zweiundzwanziger und schließlich mit einer Pistole und einem Gewehr. Das war mein zwölfter Sommer gewesen, in dem Gran starb.
    Ich schüttelte die Erinnerungen ab und trat in die Halbzelle. Der Hörer fühlte sich selbst durch den Handschuh glitschig an, und ich tröstete mich damit, dass bei dieser gottverdammten Kälte die wenigsten Bakterien überlebten. Ich steckte die Vierteldollars in den Schlitz und wählte, bevor ich den Zettel wieder einsteckte. Keine Spuren hinterlassen, Dru, Kleines! Überleg dir genau, was du tust!
    Klopfenden Herzens wartete ich, was passierte. Ein eklig saurer Geschmack stieg mir in den Gaumen, ja, bis an die Hinterseite meiner Schneidezähne.
    Klingeln. Das Telefon funktionierte zumindest. Zweites Läuten. Drittes. Viertes.
    Jemand nahm ab.
    Wer immer es war, er sagte nichts. Stattdessen war da dieser eigenartige, nicht ganz stumme Ton, wenn man eine Verbindung hat, am anderen Ende aber nur geatmet wird. Ich horchte und zählte die Sekunden. Im Hintergrund am anderen Ende war ein schwaches undefinierbares Geräusch, wie Straßenverkehr.
    Eins eintausend. Zwei eintausend. Drei eintausend.
    Ich vernahm ein Zischen, wie wenn jemand den Atem zwischen Zunge und Schneidezähnen ausstößt, ohne dass es pfeift.
    Sechs eintausend. Sieben eintausend. Acht eintausend.
    »Leg nicht auf, kleines Mädchen!« Männlich. Klang außerdem ziemlich jung, aber etwas mit den Lücken zwischen den Worten stimmte nicht. Wie ein Akzent und auch wieder nicht.
    Mir wurde erst heiß, dann eiskalt, und ich schmeckte wächserne Orangen und Salz, wenngleich nur schwach. Neun eintausend. Zehn eintausend.
    »Mucksmäuschenstill.« Es folgte ein kurzes bitteres Lachen, als hätte der Kerl am anderen Ende etwas Ekliges im Mund. »Na schön. Falls du mehr erfahren willst, findest du mich an der Ecke Burke und Zweiundsiebzigste. Du kannst direkt hereinkommen.«
    Vierzehn eintausend. Fünfzehn eintausend. Ich knallte den Hörer wieder auf und trat zurück. Mein Atem ging so schwer, dass ich keuchte, und sämtliche Muskeln drohten, zu Wackelpudding zu werden. Mein Gott! Oh, mein Gott!
    Ich blickte mich um. Der unheilvolle Orangengeschmack wurde stärker, bildete einen Belag auf meiner Zunge. Mist! Was nun? Zumindest schaffte ich es, mich von der Telefonzelle fortzubewegen. Ich hielt mich dicht an der Häuserkante, wo es unter einigen Erkern noch trockene Stellen gab, an die der Schnee nicht gelangt war.
    Ob Graves wirklich zum Bus ging, wartete ich nicht ab, sondern hoffte lediglich, dass er schlau genug war, es zu tun.
    Ecke Burke und Zweiundsiebzigste. Ich brauchte einen Stadtplan. Am Busbahnhof müsste einer aushängen, und überdies war das ein guter Ort, um mögliche Verfolger abzuhängen. Zwar wusste ich nicht, ob mir jemand folgte, aber die dicke klumpige Zitrusfrucht in meinem Mund war eine deutliche Warnung. Manche Echtwelt-Bösewichte konnten sich sogar durch das Telefon an uns dranhängen, hatte Dad mir erklärt, schließlich besaßen nicht wenige von ihnen telepathische Kräfte. Deshalb gingen wir so extrem vorsichtig mit Telefonnummern um. Und deshalb tat ich gut daran, den- oder dasjenige im Gedränge des Busbahnhofs abzuschütteln.
    Neben dieser Nummer war kein Kreuz gewesen, was bedeutete, dass sie nicht sicher war. Aber der Mann – wer er auch sein mochte – könnte wissen, dass ich es war, die ihn anrief. Hoffentlich wusste er nicht, ob Dad seine Telefonnummer auch einem anderen Jäger gegeben hatte, mit Verstärkung arbeitete, oder wer genau ich war.
    Zu vieles, was du nicht weißt, Dru. Der Anruf könnte ein Fehler gewesen sein.
    Dennoch hatte ich jetzt zumindest etwas erfahren, nämlich wo die Falle war. Und dort, wo sich eine Falle befand, gab es auch einen Weg, sie scheinbar zuschnappen zu lassen und herauszufinden, wer dahintersteckte. Sofern ich vorsichtig war … und Glück hatte.
    Vielleicht bist du vorsichtig, aber du bist bloß ein Teenager. Dad sollte das machen. Er war klug und stark, und wenn jemand ihn zu einem lebenden Leichnam wandeln konnte, hast du nicht den Hauch einer Chance.
    Leider war nur noch ich übrig. Und was sollte ich sonst tun?
    Flieh aus der Stadt! Verschwinde von hier, schnellstens!
    Ja,

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