Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)
vollgesogen mit schmelzendem Schnee, schwer am Oberkörper. Er war gut in Form und stark. Ich würde wohl einen blauen Flecken über dem Knie bekommen, wo er mich erwischt hatte.
Vom Frühstückstresen aus richtete ich meine Waffe auf ihn, während er sich die Hände schrubbte und das Gesicht mit dem Waschlappen abrieb. Sein Kinn war ein klein wenig spitz, aber er besaß tolle Wangenknochen.
»Das ist überflüssig«, sagte er mit dem Rücken zu mir und blickte in den Garten hinaus. Mit keiner Silbe sprach er die mit Sperrholz und Wolldecken verrammelte Tür an. Ich fragte mich, ob er den Zombie riechen konnte.
»Fang lieber an zu reden!«, riet ich ihm, als er sich zum dritten Mal die Hände wusch. »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
»Den ganzen Tag könntest du schon Zeit haben, aber ganz gewiss nicht die ganze Nacht.« Nun drehte er sich um und lehnte sich an die Spüle. Sein Haar hing etwas tiefer, war jedoch immer noch kunstvoll zerzaust. Die blauen Augen leuchteten grell, und sein eleganter Mund verzog sich, als hätte er etwas Unangenehmes geschmeckt. »Erwartest du Besuch?«
Was? »Nein.« Ich wollte die Schutzzauber an Türen und Fenstern verstärken, und das werde ich tun, sobald ich dich los bin. »Aber du stellst hier keine Fragen, verdammt, sondern ich! Wieso erklärst du mir nicht, woher du meinen Vater kennst und was genau du bist?«
Er zuckte mit den Schultern, und die Heizung ging aus. Vor Schreck zuckte ich zusammen. »Ich bin ein Djamphir. Ich jage Nosferatu. Vermutlich wissen menschliche Jäger nicht allzu viel über uns, jedenfalls nicht die Amateure unter ihnen.« Als er grinste, stellte ich fest, dass ich ihn nicht ausstehen konnte. »Und ich kenne deinen Vater, weil er mich um Monate zurückgeworfen hat. Ich hatte meine Falle für Sergej so gut wie fertig, da poltert dein Vater mir mit seiner affigen Vendetta in die Parade und ruiniert mir alles. Er ist also tot? Das dachte ich mir schon, als ich sah, wie sie ihn wegschleppten.«
»Du hast es gesehen? Was ist passiert? Und wer zum Geier ist Sergej?« Ich konnte den Namen nicht so aussprechen wie er, dass er wirklich russisch klang. Trotzdem fuhr mir dabei gleich wieder die Glasscherbe durch den Schädel, und das Haus knackte laut.
Christophe rollte die Augen – sehr teenagerhaft, aber seltsam angestrengt. »Sergej, der Princeps. Er ist alt und garstig, der Nosferat, hinter dem Dwight Anderson seit zwölf Jahren her war.«
Dass er den Namen meines Dads aussprach, war schlimm. Was er über ihn sagte, war jedoch … nun, schlimmer.
Dad hatte einen Blutsauger gejagt? Ausgeschlossen! Mir hat er immer eingetrichtert, dass man um die einen Riesenbogen macht. Und für kein Geld der Welt hätte er es mit so einem Ding aufgenommen. »Dad war hinter etwas anderem her.« Mein Herz schlug einmal kräftig aus, dass es sich wie ein Dorn in meiner Brust anfühlte. »Ich glaube nicht, dass er jemals einen Blutsauger gejagt hat.« Aber … ich könnte mich täuschen. Da war diese Stadt nördlich von Miami gewesen. Bei dem Einsatz hatte Dad reichlich Schiss gehabt.
Ganz zu schweigen von dem Monat, den ich bei August verbrachte. Ich überlegte, was ich ohnehin dringend tun sollte. Aber was Christophe als Nächstes sagte, machte sämtliches Denken zunichte.
»Dein Vater war ein begabter Amateur. Deine Mutter war die echte Jägerin.« Immer noch sah er mich aufmerksam an, auf dass ihm ja nicht entging, wie ich reagierte. Fahles Winterlicht fiel durch das Fenster herein und beleuchtete die Konturen seines Gesichts, den Ausschnitt seines Pullovers und den Glanz seiner Augen. »An was erinnerst du dich noch von ihr?«
Wir spielen ein Spiel, Dru.
Ich schluckte, denn bei dem Apfel-Zimt-Geruch lief mir das Wasser im Mund zusammen. Was eine unangebrachte Ablenkung war, vor allem weil dieser Geruch den Rest des Zombiegestanks überlagerte. »Nicht an viel. Als sie starb, war ich erst fünf.«
»Als sie ermordet wurde, warst du erst fünf.« Er verschränkte die Arme vor seiner Brust und betrachtete mein Gesicht, dass man fast glauben wollte, mir wüchse dort etwas, das da nicht hingehörte. »Hast du das nicht gewusst?«
Meine Hände schwitzten, und mein Herz schlug viel zu schnell. Was zur Hölle glaubst du eigentlich über mich zu wissen?! »Und woher willst du das wissen? Du bist genauso alt wie ich!«
Diese Bemerkung schien er witzig zu finden. Jedenfalls huschte ein gequältes Lächeln über seine Miene. »Ich habe meine eigenen Methoden,
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