Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
wegkroch, um ihre Eier in der Nachbarschaft abzulegen. Aus diesen Eiern waren am nächsten Morgen weitere Traumräuber geschlüpft, so dass wir durch einen Schwarm junger zuckender Flugschlangen fahren mussten, um einem Werwolfangriff auf mein Haus zu entfliehen. Es war ein Alptraum gewesen.
Ich hatte gedacht, dass es vielleicht eine Halluzination wäre, eine unglaublich klare und detaillierte Vision von meiner Mutter, die mich mitten in der Nacht in der Bodenluke versteckt hatte.
Es war kein Traum. Eine kalte, harte Stimme sprach mitten in meinem Kopf. Es war eine Erinnerung. Das war es, was geschah, als Mom starb. Dies ist das Haus, in dem sie starb. Sie versteckte mich im Wandschrank und ging hinaus, um zu kämpfen. Und sie wurde getötet.
Die Svetocha neben mir legte das Foto beiseite. Das nächste war genauso groß und ebenfalls Hochglanz. Diesmal zeigte es die Eiche vollständig belaubt – bis auf die riesige versengte Hälfte der Krone, die verdreht und geschwärzt von etwas Scheußlichem war, das noch in den Ästen vibrierte. Die Fliegentür des Hauses war aus den Angeln gesprengt, die Verandatreppe eingebrochen.
In dem Baum hing etwas Entsetzliches fest, menschenähnlich, aber grausig verzerrt. Das Bild brannte sich in meinen Kopf ein.
»Wir denken, dass sie auf den Stufen starb«, erklärte Anna leise, »aber Sergej hängte sie in den Baum und … nun ja. Wir kamen nicht rechtzeitig hin. Ihr Vater war längst mit Ihnen fort. Wir erfuhren erst Jahre später, dass Sie überhaupt existieren.«
Er hängte sie in den Baum. Oh Gott! »Sie wussten nichts von mir?«, hauchte ich matt.
Als sie antwortete, schwang ein Anflug von Bitterkeit in ihrer Stimme mit. Oder war es Wut? Wie auch immer. »Nein. Ihre Mutter … verließ den Orden aus persönlichen Gründen. Niemand kannte diese Gründe.«
Ich auch nicht. Ich blinzelte angestrengt und räusperte mich. »Ich dachte, Svetocha wären Gift für Blutsauger. Das hat …« Das hat Christophe gesagt.
»Sind wir. Wir vergiften sie, indem wir nur atmen, in ihrer Nähe existieren. Aber manche, sehr wenige Nosferatu sind stark genug, um das Gift für eine kurze Zeit auszuhalten. Und eine kurze Zeit war alles, was Sergej brauchte.« Ihre perfekten Augenbrauen zogen sich zusammen. »Es gibt einen Grund, weshalb er ihr Anführer ist.«
Das war seltsam. Niemand sonst sprach seinen Namen aus. Sie sagten »er« oder »du weißt schon, wer« . Aber Christophe und dieses Mädchen sagten ihn vollkommen ruhig, als redeten sie über jemanden, den sie kannten.
Darüber wollte ich nicht nachdenken. Mein ganzer Körper und alles in meinem Kopf stand kurz davor zu kotzen, ohnmächtig zu werden, oder wollte einfach auf den Boden sinken und loszittern. »Was hat das mit Christophe zu tun?«
Sie drehte auch das zweite Foto um. Auf die Rückseite war etwas mit blauer Tinte gekritzelt und ein Streifen, als hätte jemand danach geschlagen. Hinter den Fotos befanden sich Papiere. »Dies ist eine Mitschrift von einem Telefonat zwischen einem noch nicht identifizierten Ordensmitglied und einem Nosferat aus Sergejs Clan. Darin nennt der unidentifizierte Kouroi den Aufenthaltsort Ihrer Mutter. Christophe ist der Einzige, der ihn gekannt haben könnte, denn er bildete Ihre Mutter aus, und sie standen sich nahe.«
Er bildete sie aus? »Nahe? Wie alt ist er denn?«
»Alt genug, um sich an die zweite Hälfte des Ersten Weltkriegs zu erinnern, Miss Anderson. Wir haben keine weiteren Beweise. Die Aufzeichnung ist weg, und derjenige, der die Mitschrift verfasst hat, starb in der Schlacht. Ziemlich verdächtig, möchte ich anfügen.« Sie beobachtete mich aufmerksam, so wie manche Leute es tun, die einen nicht direkt ansehen, aber genauestens aus dem Augenwinkel verfolgen. »Es passt sehr gut zu Christophe, dass er weiteren Kontakt zu Ihnen sucht. Falls und wenn er es tut, müssen Sie unbedingt einen Berater benachrichtigen und ihm alles genau erzählen! Ist das klar?«
Der Befehlston war neu. Ich stellte mir vor, wenn diese Dame »Spring!« rief, würden alle um sie herum wie die Basketballer beim Korbwerfen loshüpfen.
Die Worte lagen mir auf der Zunge. Er war schon bei mir. Ein paar simple Worte, und ich hätte aufhören können, mich zu fühlen, als läge ein Bleigewicht auf meinem Herzen. Ich hätte das Problem jemand anders aufbrummen können und mir keine Sorgen mehr machen müssen. Ein Erwachsener würde alles übernehmen, und für mich wäre die Sache erledigt.
Aber ich hörte
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