Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
glänzten vor Tränen, die ihm die Wangen hinunterkullerten, aber er sah kein bisschen traurig aus.
Dann hockte Shanks sich vor mich, sein Gesicht gerötet und durchgepustet und mit Blättern im dichten dunklen Haar. »Mann, du hast echt mitgehalten!« Zur Abwechslung klang er einmal nicht verächtlich. »Das haben wir noch nie erlebt.«
»Ich hab’s doch gesagt!« Graves war außer Atem, und ein hicksendes Lachen unterbrach ihn immer wieder. »Steht in den Büchern: Svetocha können mitrennen.«
»Aha.« Der andere Junge beäugte mich. Ich versuchte, nicht auf seine Knie zu kotzen. Kein Wunder, dass Graves mir geraten hatte, vorher nichts zu essen!
Aber, mein Gott, wenigstens kriegte ich wieder Luft! »Wann … machen … wir … das noch mal?«
Auf diese Frage brachen alle erneut in Gelächter aus. Einige von uns würgten noch, was die allgemeine Euphorie jedoch nicht trübte. Mir war egal, dass mir alles weh tat oder mein Herz sich anfühlte, als wollte es durch die Luftröhre entschwinden. Mich scherte nicht, dass mein Leben komplett aus den Fugen war und ich blind in einer Geschichte herumstolperte, die entschieden zu kompliziert für mich war.
Alles, worauf es ankam, waren die Sonne auf meinen Schultern, die Wölfe um mich herum und die Art, wie jeder mich plötzlich ansah … ja: wie einen Freund. Und Graves direkt neben mir, dessen Hand meinen Rücken massierte und der mich anstrahlte. Es war wie auf dem Dach der Schola zu stehen und die Welt ausgebreitet unter mir zu sehen, nur eben nicht annähernd so einsam.
Ich fühlte mich besser, als ich mich je gefühlt hatte, seit mein Leben auseinandergebrochen und ein Zombie durch meine Küchentür gekracht war.
War das bizarr? Nein, war es nicht! Man nahm, was man kriegen konnte.
Kapitel 17
D er längst nicht mehr benutzte Klassenraum befand sich im tiefen Keller der Schola und bot sogar noch eine leere Tafel an seiner gebogenen Wand. Kaum war der Raum voller Werwölfe, herrschte eine unruhige, zappelige Atmosphäre.
»Die bringen dir also gar nichts bei.« Shanks nickte. »Ja, wir haben uns auch schon gewundert.«
Und worüber hatten sie sonst noch nachgedacht? »Ich, äh, geh gar nicht erst in die Kurse. Da erzählen sie bloß den Anfängermist, den ich in jeder Highschool lernen kann.«
Graves schüttelte den Kopf. »Außer dir darf niemand schwänzen. Man fängt sich sofort Nachsitzen ein, und wer will das? Wieso erlauben sie es dir? Ich meine, du bist zwar was Besonderes und so« – er ignorierte Shanks’ Kichern –, »aber es ergibt überhaupt keinen Sinn. Und dich in irgendwelche stinknormalen Grundkurse zu stecken, auch nicht. Vor allem nicht, wo die Chance besteht, dass Du-weißt-schon-wer herausfinden könnte, dass du hier bist. Da sollten sie erst recht wollen, dass du richtig hart trainierst, damit du Angriffe überlebst.«
»Und dann wäre da Christophe«, überlegte Shanks, der sich auf einer staubigen braunen Couch lümmelte, die er mit seinen langen Beinen fast vollständig einnahm. Als er den Namen aussprach, ging ein Raunen durch die Menge. »Er war seit Jahren nicht hier, aber die haben Schiss vor ihm.«
»Hättest du den etwa nicht?«, traute Dibs sich zu fragen. »Er ist gefährlich. Guck dir allein seine Akte an, wen er alles getötet hat! Nee, der hat sich nie beliebt gemacht.«
»Klar, die Leute nennen ihn alle seit langem einen Verräter, aber das sagt ihm keiner ins Gesicht«, fuhr Shanks achselzuckend fort. Inzwischen hatte er sich das meiste Laub aus dem Haar geklaubt. »Und er hat sie hierhergebracht. Ich kenne Juans Cousin; letzte Woche habe ich in der Telefonierzeit mit ihm geredet. Als Christophe versucht hat, euch den Arsch zu retten, wollte irgendjemand ihn umbringen. Die Eingreiftruppe hatte Befehl, einen Nosferat zu töten, und Juans Cousin hatte keinen Schimmer, dass es kein Wampyr war, sondern Christophe, bis der Kerl alle von ihnen abhielt und reichlich Gelegenheit hatte, sie zu killen, ohne es zu tun. Zieht euch das mal rein: ein Djamphir, der Ihr-wisst-schon-wen plattmacht, um sie zu retten!«
Ich wurde knallrot. Wussten sie von Christophe und Sergej? Nachdem ich ein wenig Schlaf bekommen hatte und bis zum Herzstillstand gerannt war, hatte ich das Gefühl, klarer zu denken. Falls Dylan meinte, dass Anna recht hatte, wieso erzählte er mir dann, dass Christophe mich trainieren würde? Und falls nicht, warum sagte er keinen Pieps, als sie Christophe beschuldigte?
Warum behauptete er, dass er auf
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