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Straße der Diebe

Straße der Diebe

Titel: Straße der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Enard
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wir Spanisch, ein bisschen Übung schadet nicht«, sagte er.
    »Con mucho gusto, hijo de puta« , gab ich zurück.
    Und wir gingen los; ein feiner, warmer Regen setzte ein.

Der Regenguss dauerte nicht lange, aber das Wetter würde mir vielleicht eine Entschuldigung für das Ausbleiben unserer erfundenen Freundinnen liefern; jeder weiß, dass Spanier nicht aus dem Haus gehen, wenn es regnet. Wir marschierten eine halbe Stunde bis ins Stadtzentrum. Bassam bombardierte mich mit Fragen in einem Iberisch, das mit Französisch und Arabisch durchsetzt war, ziemlich unverständlich, aber lustig; er wollte alles wissen, wo genau ich diese Mädchen getroffen hatte, worüber wir geredet hatten, woher sie kamen und so weiter. Ich improvisierte die Einzelheiten in der Hoffnung, sie mir zu merken und mich später nicht zu verraten – Valencia (Madrid oder Sevilla erschienen mir zu nahe liegend), Studentinnen, Semesterferien und so fort. Ich fragte mich, ob Bassam wirklich darauf hereinfiel oder ob das Spiel ihn träumen ließ wie mich. Wenn ich so darüber sprach, würde ich zuletzt noch selbst enttäuscht sein, wenn niemand zu dem angeblichen Rendezvous im Tee-Salon an der Place des Nations käme. Ich spendierte Bassam einen Kuchen, er schlang ihn in zwei Minuten hinunter, gewiss aus Nervosität. Wir sahen ziemlich durchtrieben aus, alle beide, in dieser Konditorei; wir waren umgeben von Hohlköpfen, die ihre Verlobten ausführten, sie trugen alle hübsche bunte Schleier und schlugen sich den Bauch mit Zitronenkuchen oder rosafarbenen Milkshakes voll, während ihre schnauzbärtigen Typen bestimmt davon träumten, ihre Brüste zu befingern, und dachten, dass es nicht die Welt kostet, ein paar Süßigkeiten für ein wenig Fummeln danach, schön im Warmen in einem Auto oder auf einem Sofa. Ich glaube, ich war ein wenig neidisch auf diese Jungs, die kaum älter waren als wir und die sich für eine ordnungsgemäße Verlobung und ein wenig Zaster für Ringe und Ketten das Recht erworben hatten, die Hand in die Höschen ihrer Cousinen zu stecken. Wir warteten auf unsere Fantasie-Spanierinnen und sahen aus wie pomadige Proleten aus der Vorstadt.
    Bassam saß unruhig vor den Resten seiner Schwarzwälder Torte, deren kandierte Kirsche verlassen in der Mitte des Tellers thronte.
    Ich tat ebenso ungeduldig, wo bleiben sie nur, wo können die nur stecken, noch fünf Minuten, dann wollte ich Bassam vorschlagen, unseren Kummer irgendwo mit einem Bier hinunterzuspülen – es regnete wieder.
    Jeder weiß, dass Spanier bei Regen nicht aus dem Haus gehen.
    Plötzlich sah ich, wie Bassam auf dem Stuhl hochschnellte; er reckte den Kopf wie eine Giraffe und stieß mich unter dem Tisch kräftig mit dem Fuß an. Ich drehte mich um; zwei junge Europäerinnen waren hereingekommen; langes, offenes braunes Haar, Pony über der Stirn, sie trugen Pluderhosen, dutzendweise Armreifen an den Unterarmen, Ledertaschen und eine Art Schlappen aus demselben Material: ohne Zweifel Spanierinnen, unglaublich. Na ja, so unglaublich nun auch wieder nicht, doch das brachte mich in eine heikle Situation.
    »Nein, die sind es nicht«, sagte ich zu Bassam.
    Er sah mich enttäuscht an, seufzte.
    Die beiden Mädchen mussten vor dem Regen in die Konditorei geflüchtet sein.
    Bassam war entnervt, er begann sich zu fragen, ob ich ihm nicht einen Bären aufgebunden hatte; dass die beiden Spanierinnen aufgetaucht waren, während wir auf zwei andere warteten, gab ihm das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Um diese Jahreszeit waren Mädchen von der Iberischen Halbinsel, die paarweise in Tanger herumspazierten, wirklich nicht so häufig.
    Eine Idee schoss ihm durch den Kopf:
    »Geh, frag sie, ob sie nicht zufällig Ines und Carmen kennen.«
    Fast hätte ich gefragt, wen er meint. Doch ich erinnerte mich gerade noch rechtzeitig an die Namen meiner beiden Schimären.
    »Sie gehören vielleicht zur selben Reisegruppe.«
    Er sah mich herausfordernd an, irgendwie gefährlich; ihm ging es vor allem darum, mich auf die Probe zu stellen, er wollte wissen, ob ich ihn belogen hatte oder nicht.
    Ich seufzte; ich konnte ihm nicht sagen, dass ich mich nicht traute, er hätte es nicht verstanden. Ich dachte an den Vorabend, als er mit dem Knüppel in der Hand auf den Buchhändler eingeprügelt hatte; ich fragte mich, was ich hier eigentlich wollte, in einem Tee-Salon mit meinem Kumpel, dem Irren mit dem Hackenstiel.
    »Okay. Ich frag’ sie.«
    Bassam leckte sich im wahrsten Sinne des Wortes die

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