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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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denn sie sind nicht anspruchsvoll. Eine Ansammlung von Eremiten, wenn du so willst. So haben die frühen Orden auch begonnen.«
    »Alles für ihren Glauben?«, fragte sie.
    »Am besten fragst du sie selbst.«
    »Sie sind nicht besonders redselig. Ich glaube, sie können es kaum erwarten, dass wir endlich weiterziehen.« Sie zog den weißen Umhang enger um sich. Ein schwacher Geruch entströmte ihm, den sie als tröstlich empfand. Ein Stück Stoff, das schon vieles erlebt und gesehen hatte. Am liebsten hätte sie es nie mehr abgelegt. »Manchmal sehen sie einen an, als ob sie ...« Sie verstummte.
    »Wundert dich das? Sie haben so vieles erleiden müssen. Vor wenigen Jahren sind ihre Führer ermordet worden. Immerhin haben sie in der Einsamkeit überlebt. Besser, als qualvoll im Feuer zu sterben.«
    »Weißt du, was seltsam ist?«, sagte Moira.
    Er sah sie aufmerksam an.
    »Es gibt jede Menge Hunde hier. Das ist mir sofort aufgefallen. Aber keine Kinder. Ich habe mich vergewissert. Nicht ein einziges.«
    »Richtig.« Camino wandte sich rasch ab. »Du irrst dich nicht. Keine Kinder.«
    Sie hatten gerade den Pfad erreicht, der hinab zu den Häusern führte, als ihnen der jüngere Fackelträger entgegenstürzte.
    »Schnell!«, sagte er. »Rena!«
    Camino und Moira wollten ihm folgen; den Ersteren ließ er gehen, sie aber hielt er zurück.
    »Er«, sagte er. »Nicht du.«
    Camino erschrak, als er den Raum betrat. Sie lag auf einer Bettstatt, in viele Decken gewickelt, bewegungslos, als sei sie schon tot. Der Schein einer Ölfunzel betonte die eingefallenen Wangen noch stärker. Die Arme, die sie ihm in einer matten Willkommensgeste entgegenstreckte, erinnerten ihn an brüchige Zweige.
    »Setz dich zu mir«, sagte sie leise. »Ich will noch einmal mit dir allein sein.«
    »Blanca.« Unverwandt blickte er sie an. »Du musst es nur sagen. Dann bleibe ich für immer bei dir.«
    »Aber alles ist anders«, sagte sie nach einer Weile. »Du bist nicht mehr Oswald. Und ich bin nicht mehr Blanca. Wir könnten gemeinsam um diese beiden jungen Menschen weinen. Mehr ist uns nicht geblieben.«
    »Das Leben fragt nicht danach«, sagte er. »Ich habe lange gebraucht, um das zu begreifen.«
    »Hast du deshalb diese Frau mitgebracht? Sie trägt deinen Mantel.«
    »Moira ist beraubt worden. Das ist alles. Sobald wir einen neuen Mantel für sie haben, wird sie ihn mir zurückgeben.«
    »Du vertraust ihr?«
    »Hätte ich sie sonst hierher gebracht? Aber das ist jetzt gleichgültig.« Voller Zärtlichkeit sah er sie an. »Du musst dich schonen. Das ist das Wichtigste.« Behutsam berührte er ihr Haar.
    »Keine Lügen mehr.« Sie hustete. »Ein langer Weg. Aber nun hab ich es beinahe geschafft.« Ihre Hand tastete nach seiner. Er erschrak - sie war glühend heiß. »Verzeih!«, sagte sie. »Bitte verzeih mir!«
    »Wofür? Eher müsste ich dich um Vergebung bitten«, sagte er bewegt. »Ich hätte stärker sein müssen, mutiger, gläubiger. Ich hätte dich retten müssen. Aber ich bin zu spät gekommen. Das werde ich mir niemals verzeihen.«
    »Der Stein ...« Jetzt war sie kaum noch zu verstehen. »Der grüne Stein...«
    »Wo ist er?«, fragte er sanft.
    »Das Einzige, was ich ihr schenken konnte ... dein Haar und deine Augen ... wunderschön ... aber ich konnte nicht ihre Mutter sein ...« Sie atmete stoßweise. »Nicht damals ... nicht als Diego wollte, dass sie ...«
    Angstvoll beobachtete er, wie ihre Lippen immer bläulicher wurden.
    »Du hast ihr das Leben geschenkt«, sagte er warm. »Wiegt das nicht mehr als jeder Stein?«
    Sie tastete nach einem Stofffetzen. Quälender Husten schüttelte sie, und als sie ihn sinken ließ, entdeckte er zwischen dem bräunlichen Auswurf helles Blut.
    »Dass ihr gekommen seid«, murmelte sie. »Gerade noch rechtzeitig. Du hast mir Pilar gebracht ...«
    »Nein«, sagte er. »Das war Tariq. Du kannst dich auf ihn verlassen. In allem.«
    »Ich weiß.« Sie rang nach Luft. »Sein Leben gegen meines ... aber Pilar ... sie muss doch ...«
    »Ist Pilar meine Tochter?«, sagte Camino. »Es ist wichtig. Für sie. Aber auch für mich.«
    »Sie braucht deine Liebe ...«
    »Ist sie mein Kind?«, wiederholte er. »Unser Kind? Bin ich ihr Vater?«
    »Zwei Väter«, glaubte er zu verstehen, als er sich über sie beugte. »Heinrich und ...«
    Ihr Arm sackte herunter. Ein kurzes, rasselndes Atemgeräusch. Dann war sie still.
    *
    Sie wog leicht auf seinen Armen, als er sie hinauf in die Höhle trug. Aus den Ritzen der

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