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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Und dies ist meine Aufgabe.«
    »Eine höllische Aufgabe, Reverend.«
    »Ich werde da runtersteigen und mich ein wenig umsehen.«
    »Nur zu.«
    Jebidiah entzündete ein Streichholz und sprang in das Grab hinab. Er trug die Flamme zum Höhleneingang, leuchtete dort umher, ging auf die Knie und hielt dann Kopf und Flamme in die Öffnung.
    »Ich kann ihn riechen. Die Öffnung ist groß genug, also muss ich jetzt wohl da rein.«
    »Und ich?«
    »Sie halten am Rand des Grabes die Stellung«, sagte Jebidiah. »Vielleicht hat Gimet irgendwo noch einen anderen Ausgang. Er könnte genauso gut plötzlich hinter Ihnen stehen. Vielleicht steht er da schon.«
    »Großartig.«
    Jebidiah ließ das abgebrannte Streichholz fallen. »Hören Sie. Ich kann nicht versprechen, dass ich Erfolg habe. Wenn nicht, dann kommt Gimet, um auch Sie zu holen, jede Wette. Also treffen Sie mit Ihren Silberkugeln möglichst so wie Wilhelm Tell mit seinen Pfeilen.«
    »So gut bin ich nicht.«
    »Dann tut’s mir leid«, sagte Jebidiah und entzündete dabei ein weiteres Streichholz. Mit der anderen Hand zog er seinen Revolver, ging dann auf alle viere runter und leuchtete den vor ihm liegenden Gang aus. Bevor das Streichholz abgebrannt war, blies er es aus.
    »Brauchen sie kein Licht? Ein Streichholz wird kaum ausreichen.«
    »Dafür sorge ich schon.« Jebidiah nahm die Bibel aus der Tasche, riss sie am Buchrücken entzwei, steckte die eine Hälfte wieder ein und hielt die andere vor sich in die Dunkelheit des Ganges. Sobald die Seiten im Inneren des Gangs waren, entflammten sie.
    »Fangen die Seiten in Ihrer Tasche nicht auch an zu brennen, wenn Sie ganz in dem Loch verschwunden sind?«
    »Solange ich sie in der Hand halte oder am Körper trage, kann mir nichts passieren. Aber sobald ich sie loslasse und das Böse sie berührt, fangen sie Feuer. Ich muss mich beeilen, junger Mann.« Jebidiah zwängte sich in den Gang.
    Mit der Spitze der Waffe schob Jebidiah die hell leuchtenden Bibelseiten vor sich her. Er wusste, dass sie nicht mehr lange brennen würden. Länger als gewöhnliches Papier, aber nicht lange genug.
    Nachdem er eine Weile vorwärtsgekrochen war, kam er plötzlich ans Ende des Ganges. Vor ihm lag eine recht geräumige Höhle. Er hörte Fledermäuse rascheln und roch ihre Exkremente, auf denen er mit den Ellbogen weiterrutschte, bis er sich aufrichten konnte. Jebidiah sah sich um. Die letzten Flammen der Bibelseiten verloschen in einem blauen Hauch, mit einem Geräusch wie der letzte Atemzug eines alten Mannes.
    Jebidiah lauschte eine Weile in die Dunkelheit. Er hörte die Fledermäuse quieken und herumkriechen. Sie flogen nicht mehr nach draußen, also nahte der Morgen.
    Dann ein Geräusch, als würden Kieselsteine auf dem Höhlenboden entlangrollen. Etwas bewegte sich in der Finsternis, und das waren keine Fledermäuse. Trippelnd und kriechend bewegte sich etwas auf ihn zu, dessen war er sich sicher. Jebidiahs Nackenhaare stellten sich auf. Der Gestank von verbranntem und verfaulendem Fleisch wurde immer stärker, und Jebidiahs Knie begannen zu zittern. Vorsichtig griff er in seine Manteltasche, holte ein Streichholz hervor und entfachte es, indem er es an seinem Hosenbein rieb.
    Er hielt es hoch, und im gleichen Moment erhob sich auch die nun vom Feuerschein erleuchtete Kreatur. Die Bienen umschwirrten den fleischlosen Schädel. Gimet knurrte und machte einen Satz vorwärts. Jebidiah feuerte seinen Revolver ab. Gleichzeitig spürte er, wie ihn die faulenden Klauen packten und sich in sein Hemd gruben. Das Mündungsfeuer des Schusses blitzte für einen winzigen Augenblick hell auf. Jebidiah wurde von der Kreatur zu Boden gestoßen, das Streichholz fiel ihm aus der Hand, und er landete auf dem Rücken. Die Klauen legten sich ihm um den Hals, und die Bienen stachen auf ihn ein. Es fühlte sich an, als würden rotglühende Schürhaken in sein Fleisch gestoßen. Jebidiah rammte den Revolver in den untoten Körper und feuerte einmal, zweimal, ein drittes Mal, ein viertes Mal.
    Der Hahn klickte, und Jebidiah wurde bewusst, dass er vorhin bereits zwei Schüsse abgegeben hatte. Im Revolver befanden sich nur noch sechs leere Hülsen, und Gimet hielt ihn immer noch umklammert.
    Jebidiah versuchte, seinen anderen Revolver zu ziehen, doch bevor er dazu kam, ließ das Ding ihn los und kroch zurück in die Dunkelheit. Die Fledermäuse flatterten auf und kreischten aufgeregt.
    Verwirrt zog Jebidiah die Waffe und richtete sie in die Finsternis; dann

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