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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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stieg damit die Treppe hoch, stieß einige Türen auf und fand schließlich ein Zimmer mit einem großen verstaubten Bett. Er stellte die Flaschen auf den Nachttisch, zog die Überdecke vom Bett und schüttelte den Staub davon ab. Dann legte er die Decke wieder zurück, ging zum Fenster und öffnete es. Kein Lüftchen wehte, und es war warm, aber das war trotzdem besser als die abgestandene Feuchtigkeit im Zimmer.
    Jebidiah hatte sein Nachtlager gefunden. Er setzte sich aufs Bett, öffnete eine Flasche Bier und nahm vorsichtig einen Schluck. Es war so geschmacklos wie ganz Nordtexas. Er nahm die Flasche und schmiss sie zusammen mit den anderen Flaschen, die er gar nicht erst öffnete, aus dem Fenster. Sie zersplitterten klirrend auf der trockenen, ungepflasterten Straße. Was war nur in ihn gefahren, dass er das getan hatte? Er wusste es nicht, aber jetzt fühlte er sich etwas besser.
    Er ging zurück zum Nachttisch, zog den Korken der Whiskyflasche mit den Zähnen heraus und nahm einen Schluck. Mit dem Zeug hätte er auch seine Waffen reinigen können, aber es tat seine Wirkung, labte Körper und Geist. Eine wohlige Wärme glitt vom Hals in den Magen hinunter, und eine Welle der Entspannung durchtränkte sein Gehirn. Es war weder Essen noch Wasser, aber es war besser, als gar nichts im Magen zu haben. Einige Minuten und einige Schlucke später hatte ihn der Whisky von Kopf bis Fuß so richtig durchgewärmt, einschließlich seiner Eier.
    Er saß auf dem Bett und nahm noch einige Züge, bevor er den Korken wieder in den Flaschenhals rammte und nach unten ging. Er trat auf die Straße hinaus, denn er brauchte immer noch Wasser. Wieder fiel sein Blick auf die umgestürzte Postkutsche, und diesmal bemerkte er etwas, das ihm vorher nicht aufgefallen war. Die Deichsel, an der die Pferde festgehakt wurden, hatte sich dunkel verfärbt. Jebidiah ging näher heran. Die ganze Deichsel war voll mit getrocknetem Blut. Jetzt sah er auch Pferdehufe, Fell und etwas, das aussah wie ein Stück Haut, und sogar ein graues Pferdeohr auf dem Boden liegen. Außerdem waren da noch ein Hut und eine Schrotflinte. Und dann dieser Geruch. Das war nicht nur der Geruch von geronnenem Blut. Ein übler, feuchter Gestank hing in der Luft. Jebidiah war sich sicher, dass der Geruch nicht vom Blut oder den Überresten der Pferde stammte. Es war der Gestank des Bösen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, schob er seinen langen schwarzen Mantel auf und berührte seine Revolver.
    Da hörte er ein Stöhnen. Es kam aus der Postkutsche. Jebidiah sprang auf die Kutsche, kroch auf allen vieren bis zu der Tür, in der das Fenster fehlte, und spähte hinein. Auf der Tür ihm gegenüber lag eine Frau. Jebidiah fasste durch die Öffnung, griff nach dem inneren Türknauf, zog die Tür auf und kletterte hinein. Er berührte die Frau am Hals; sie bewegte sich ein wenig und stöhnte wieder. Jebidiah drehte ihr Gesicht in seine Richtung und schaute sie an. Sie war eine ansehnliche Frau mit einer großen dunklen Beule an der Stirn. Ihr Haar war so rot wie ein Lagerfeuer, und sie trug ein eng anliegendes grünes Kleid, modische grüne Schuhe und viel Schminke. Jebidiah brachte sie in eine sitzende Haltung. Sie öffnete die Augen und zuckte zusammen.
    Jebidiah versuchte sie anzulächeln, aber darin war er nicht sonderlich geübt. »Schon gut, Lady. Ich will Ihnen nur helfen.«
    »Danke, aber lassen Sie mich erst mal meinen Arsch hochheben. Ich sitze auf meinem Schirm.«
    Jebidiah half ihr aus der Kutsche, begleitete sie ins Hotel und führte sie die Treppe hoch. Er setzte sie auf das Bett, das er vom Staub befreit hatte, und gab ihr etwas von dem Whisky zu trinken, den sie wie ein Soldat runterkippte. Genau genommen riss sie ihm die Flasche aus der Hand und genehmigte sich einen langen, tiefen Zug. Dann schlug sie mit dem Schirm, der an einer Schlaufe an ihrem Handgelenk hing, gegen das Bett.
    »Verdammt, wenn das den Staub nicht wegspült«, sagte sie.
    Jebidiah zog sich einen Stuhl neben das Bett und setzte sich. »Wie heißen Sie?«
    »Mary«, sagte sie, befreite sich von ihrem Schirm und schleuderte ihn ans Fußende des Bettes.
    »Ich heiße Jebidiah. Was ist passiert? Wo sind die Kutschpferde geblieben?«
    »Aufgefressen. Sie und der Kutscher, und der Begleitschutz mit der Flinte auch.«
    »Aufgefressen?«
    Mary nickte.
    »Erzählen Sie mir davon.«
    »Sie würden mir sowieso nicht glauben.«
    »Sie würden sich wundern.«
    Nach einem weiteren Schluck Whisky begann sie

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