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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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gesehn? Haben Sie das gesehn?«
    »Meine Augen sind genauso gut wie Ihre«, sagte Jebidiah. »Ich hab’s gesehen. Wir müssen hinterher und ihn holen.«
    »Holen? Warum, bei allem was heilig ist, sollten wir so was tun? Warum sollten wir uns diesem Ding nähern? Verdammt, Reverend, Bill ist ein Mörder. Und er ist nicht mehr zu retten. Mir soll’s recht sein. Ich würde sagen, wir reiten wie der verfluchte Wind, solange der alte Gimet mit diesem Scheißkerl beschäftigt ist. Wir müssen so schnell wie möglich zu der Abzweigung, wo die Straße endet. Gimet kann dort nicht weiter, oder?«
    »Das hat Old Timer jedenfalls erzählt. Tun Sie, was Sie wollen. Ich folge ihm.«
    »Aber warum? Sie kennen ihn doch überhaupt nicht.«
    »Um ihn geht es doch gar nicht«, sagte Jebidiah.
    »Ach, zur Hölle, das kann ich nicht auf mir sitzen lassen.« Der Deputy schwang sich vom Pferd und deutete in die Richtung, in die Gimet mit Bill verschwunden war. »Schaffen es die Pferde da durch?«
    »Wir werden uns einen anderen Weg suchen müssen. Dort drüben kann ich einen Pfad erkennen.«
    »Auf die Entfernung?«
    »Ich erkenne ihn wieder. Wir sind vorhin daran vorbeigeritten. Los, gehen wir, uns bleibt nicht viel Zeit.«
    Sie liefen ein Stück die Straße zurück und stießen auf einen Pfad, der durch die Bäume führte. Der Mond schien nun sehr hell, und alle Wolken, die ihn zuvor verdeckt hatten, waren vom Wind wie Pollen fortgeweht worden. Die Luft roch frisch und sauber, doch je weiter sie sich in den Wald hineinbegaben, desto übermächtiger wurde ein süßlicher und zugleich säuerlicher Fäulnisgeruch, der alles andere verdrängte.
    »Etwas Totes«, sagte der Deputy.
    »Etwas, das schon lange tot ist«, sagte Jebidiah.
    Das Gestrüpp wurde immer dichter, und schließlich mussten die beiden ihre Pferde zurücklassen und sich allein durch die Dornensträucher und das Geäst zwängen.
    »Das ist kein Pfad«, bemerkte der Deputy. »Woher wollen Sie wissen, ob er diesen Weg eingeschlagen hat?«
    Jebidiah zupfte ein Stück Stoff von einem Ast und hielt es hoch ins Mondlicht. »Das ist ein Fetzen von Bills Hemd, oder irre ich mich?«
    Der Deputy nickte. »Aber wie ist Gimet hier durchgekommen? Und das auch noch mit Bill im Schlepptau?«
    »Was wir verfolgen, kümmert sich kaum um Dinge, die uns Menschen aufhalten. Äste oder Dornengestrüpp sind für die lebenden Toten kein Hindernis.«
    Eine Weile gingen sie schweigend weiter. Dann versperrten Ranken ihnen den Weg. Sie waren feucht, lang, dick und klebrig. Es dauerte einen Moment, bis sie erkannten, dass es gar keine Ranken waren, sondern Eingeweide, mit denen die Bäume überall wie mit einem Festschmuck verziert waren.
    »Die sind frisch«, sagte der Deputy. »Von Bill, nehme ich an.«
    »Da liegen Sie richtig«, sagte Jebidiah.
    Ein Stück weiter wurde der Pfad breiter, und sie kamen leichter voran. Unterwegs stießen sie auf noch mehr Überreste von Bill. Den Bauch. Finger. Die Hose, in der nur noch ein Bein steckte. Und ein Herz, das aussah, als hätte jemand hineingebissen und daran gesaugt. Neugierig nahm Jebidiah das Herz in die Hand und untersuchte es. Als er damit fertig war, warf er es auf die Erde und wischte sich die Hände an der Hose ab, in der noch eines von Bills Beinen steckte. »Gimet hat Ihnen ja eine Menge Ärger erspart und dem Staat Texas eine Hinrichtung.«
    »Herr im Himmel.« Der Deputy sah zu, wie Jebidiah sich die Finger an Bills Hosenbein säuberte.
    Jebidiah schaute hoch und erwiderte seinen Blick. »Es macht ihm sicher nichts mehr aus, wenn ich Blut an seine Hose schmiere. Er hat jetzt ganz andere Sorgen. Bestimmt tanzt er schon im Höllenfeuer. Übrigens, dort drüben hängt sein Kopf.«
    Der Deputy schaute in dieselbe Richtung wie der Prediger. Bills Kopf war an einem Baum auf einen abgeknickten Ast gespießt worden. Das spitze Ende des Astes war durch den hinteren Teil des Schädels gerammt worden und ragte vorne aus dem linken Auge. Die Wirbelsäule baumelte am Schädel wie ein Glockenseil.
    Der Deputy erbrach sich ins Gebüsch. »O Gott, jetzt hab ich aber genug.«
    »Dann kehren Sie um. Ich werde nicht schlechter von Ihnen denken als ohnehin schon. Nehmen Sie seinen Kopf als Beweis mit, und reiten Sie weiter. Lassen Sie mir nur mein Pferd.«
    Der Deputy rückte sich den Hut zurecht. »Den Kopf brauch ich nicht. Und wenn es ernst wird, werden Sie noch froh sein, dass ich da bin. Ich bin kein Weichei.«
    »Schwingen Sie keine großen Reden; zeigen

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