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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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kämpfte er sich auf die Füße und lauschte. Er kramte ein weiteres Streichholz hervor und zündete es an.
    Die Kreatur lag lang hingestreckt rücklings auf einer Erhebung des Felsbodens. Jebidiah näherte sich ihr vorsichtig. Die Silberkugeln hatten den Bienenstock getroffen, aus dem nun ein schwarzes, süßlich stinkendes Rinnsal aus Tod und fauligem Honig sickerte. Gimet öffnete den Mund und knurrte, bewegte sich jedoch nicht. Der Bienenstock in seiner Brust zischte und pulsierte und war jetzt nur noch ein dicker fester Knoten. Überall auf dem Boden der Höhle lagen Bienen. Im letzten Licht des Streichholzes nahm Jebidiah die Waffe, presste sie gegen den schwarzen Knoten und drückte ab. Gimet stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus, und der Bienenstock explodierte. Die Fledermäuse wurden davon aufgeschreckt und flatterten hinaus in das, was von der Nacht noch übrig war.
    Gimets Klauen krallten sich in die Steine, die um ihn her den Boden bedeckten. Dann rührte er sich nicht mehr, und das Streichholz erlosch.
    Jebidiah zog die restlichen Seiten der Bibel aus der Tasche und warf sie auf den Boden. Sie fingen sofort Feuer. Mit den beiden Läufen seiner Waffen, die er wie eine Zange benutzte, hob er die brennenden Seiten auf und schob sie in Gimets Brust. Sofort ging der Körper prasselnd und knackend in Flammen auf. Sehr bald würde nur noch Glut von ihm übrig sein. Von dem biblischen Feuer wurde die Höhle taghell erleuchtet, und Jebidiah schaute zu, wie es den leblosen Körper verschlang. Dann ging er zum Gang, der ihn in die Höhle geführt hatte, und zwängte sich wieder zurück nach draußen.
    Als er in der Grube auf die Füße kam, konnte er den Deputy nirgendwo entdecken. Jebidiah kletterte aus dem Grab und schaute sich lächelnd um. Wenn er überhaupt so lange geblieben war, bis die Fledermäuse aus dem Loch gestoben waren, dann hatte ihm das bestimmt den Rest gegeben, und er hatte die Flucht ergriffen.
    Aus dem offenen Grab stieg Rauch auf und kräuselte sich gen Himmel. Der Mond verblasste. Am Horizont breitete sich die Morgenröte aus.
    Gimet war jetzt wirklich tot. Die Straße war wieder sicher. Jebidiah hatte seine Arbeit getan. Zumindest für den Augenblick.
    Er schlenderte den Hügel hinab zurück zu seinem Pferd, das dort auf ihn wartete, wo er es zurückgelassen hatte. Das Pferd des Deputys war verschwunden. Wahrscheinlich hatte er die Straße der Toten bereits in gestrecktem Galopp hinter sich gelassen und war auf dem Weg nach Nacogdoches, um sich dort einen ordentlichen Schluck Whiskey zu gönnen und seinen Blechstern abzugeben.

DAS GENTLEMAN’S HOTEL

Ein kleiner Staubteufel tanzte vor Reverend Mercers Pferd einher. Er riss einige Blätter von der Straße und trug sie flatternd und torkelnd durch einen Spalt in einem breiten Tor in eine verlassene Pferdestation. Drinnen erstarb der winzige Sturm und ließ die Blätter fallen wie Schuppen, die von einem Fisch abgeputzt worden waren, und die Sandkörner verteilten sich über den Dreck, von dem der Stallboden bedeckt war.
    Jebidiah ritt zum Eingang der Pferdestation und schaute hinein. Das offene Tor ächzte in der einzigen Angel, die es noch hielt, und bewegte sich dabei leicht im Wind. Durch einige Ritzen in den Wänden drang Sonnenlicht wie scharf geschliffene Klingen ins Innere des Stalls. Jebidiahs Blick fiel auf einen Schmiedeamboss, auf Blasebalge, widerwärtige Heuklumpen und eine Heugabel. Mit grünem Schimmel überzogenes Zaumzeug hing über einer halbhohen Bretterwand zwischen zwei Verschlägen. Auf dem Boden waren keine menschlichen Fußabdrücke zu sehen, dafür war er mit allen möglichen Tierspuren übersät.
    Jebidiah stieg vom Pferd und schaute die Straße hinunter. Bis auf eine umgekippte Postkutsche war sie so leer wie ein Wolfsmagen im tiefsten Winter. Die Kutsche lag in der Nähe eines von der Witterung gezeichneten Gebäudes mit einem Schild, auf dem GENTLEMAN’S HOTEL stand. Die übrigen Häuser sahen ebenso schäbig aus. Eins davon, das dem Hotel gegenüber stand, war sogar heruntergebrannt, und nur noch schwarze Trümmer waren übrig, auf denen ein kleiner Schwarm Krähen herumhüpfte. Das einzige Geräusch weit und breit machte der Wind.
    Willkommen in Falling Rock, dachte Jebidiah.
    Er führte das Pferd in die Station und sah sich um. Die Tierspuren stammten, wie nicht anders zu erwarten, von Opossums, Waschbären, Eichhörnchen, Hunden und Katzen. Doch da waren auch noch einige größere, irgendwie sonderbare

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