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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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müssen. Es ist nämlich kein Kinderspiel, tot zu sein und zwischen hier und was auch immer festzusitzen.«
    Der Geist machte eine Pause, als ob er neue Energie sammeln müsste, und er schien wirklich heller und fester zu werden. Dann beugte er sich vor und erzählte seine Geschichte.
    »Mein Name war Dolber Gold, aber als ich noch lebte, haben mich alle Dol genannt. Ich und all die andern Cowboys und Huren hier haben früher mal in diesem Kaff gelebt oder gearbeitet oder waren auf der Durchreise. Dieses Etablissement, das man wohl so ’ne Art Freudenhaus nennen könnte, ein Hotel für den Gentleman eben, nur ohne einen Gentleman, das war immer brechend voll, und es gab Musik, es wurde getanzt, und – verzeihen Sie, Madam – es wurde auf Ärschen rumgeritten und jede Menge Schnaps gesoffen.«
    »Auf meinem wurde auch schon oft rumgeritten«, sagte Mary. »Ich bin vom selben Gewerbe, also gibt es keinen Grund, sich zu entschuldigen.«
    »Dachte ich mir schon«, antwortete Dol, »aber ich wollt nicht unhöflich sein. Mir waren immer Frauen am liebsten, die ein wenig zugänglicher sind. Ich habe Respekt vor ihrer Arbeit und der Freude, die sie damit schenken. Wenn ich könnte, würd ich liebend gern ein paar Münzen springen lassen, um mit Ihnen ein wenig Spaß zu haben.«
    »Erzählen Sie Ihre Geschichte«, sagte Jebidiah.
    »Das Problem sind diese haarigen Biester«, sagte Dol.
    Er wies mit einer Kopfbewegung zur Standuhr hinüber. »Wenn Sie jetzt rausgehen, überkommt Sie so was wie Übelkeit, ein Schwächegefühl. Das ist ein Zeichen dafür, dass sie kommen. In diesem Schatten, der auf der Straße liegt, sind schlimme Dinge verborgen, aber das ist nichts im Vergleich mit dem, was hierherkommt, wenn’s Mitternacht schlägt.«
    »Das sagten Sie bereits.« Jebidiah blickte zur Uhr. Seine Augen hatten sich mittlerweile so gut an die Dunkelheit gewöhnt, dass er sehen konnte, dass sich die Zeiger weitere fünfzehn Striche weiterbewegt hatten. Ihnen blieb noch Zeit, aber sie mussten sich auch noch wappnen. Dol war so geschwätzig wie ein Eichhörnchen und kam nicht auf das zu sprechen, was wichtig war.
    »Ich und einige andere Jungs, wir haben uns betrunken und sind dann aus Spaß zum alten Friedhof rausgeritten. Mir war alles egal, weil ich bis unter die Kiemen voller Fusel war. Wir hatten nur Unfug im Sinn. Auf dem Friedhof liegen die Leute, die hier in der Umgebung gewohnt haben. Aber es gibt auch ältere Gräber auf einem Hügel, die sind zwischen Bäumen versteckt. Es heißt, Konquistadoren wären hier gewesen und hätten sich mit den Indianern angelegt. Angeblich sind sie hier in Osttexas am Sabine River gewesen, um nach Gold zu suchen. Es gab natürlich keins. Aber sie haben trotzdem gesucht. So finster und unergründlich der Wald heute sein mag, früher war er noch finsterer. Da lauerten Biester, die gab es schon länger, als wir zurückdenken können. Nach und nach sind alle Konquistadoren draufgegangen. Die sechs, die noch übrig waren, hatten ihr Lager hier in der Gegend aufgeschlagen, als sie nachts von einem Behaarten Besuch bekommen haben. Vielleicht war das ja ein Indianer, wer weiß? Jedenfalls erzählen sich die Indianer, dass der Behaarte sie alle umgebracht hat. Er hat sie zerfleischt und ihre Knochen auf dem Hügel liegen lassen. Die Indianer sagen, dass die Konquistadoren bei jedem Vollmond wieder auferstanden sind, mit Fleisch und Fell auf den Knochen, und in ihr Lager gekommen sind, auf der Suche nach Nahrung und weil sie Spaß am Töten hatten. Das Biest, das sie umgebracht hat, so sagen sie, hat ein Stück von sich selbst an sie weitergegeben und sie damit zu seinesgleichen gemacht. Wölfe, die wie Menschen aufrecht gehen. Die Indianer schafften es, alle sechs und sogar den ursprünglichen Behaarten einzufangen, der aus einem Loch in der Erde gekommen sein soll, um Menschen zu quälen und das Böse zu verbreiten. Jedenfalls haben sie die irgendwie gefangen und vergraben und auf dem Boden festgenagelt.«
    »Festgenagelt?«, sagte Jebidiah.
    »Dazu komm ich noch. Jedenfalls dachten ich und meine Freunde, dass es eine tolle Idee wär, die alten Gräber auszubuddeln. Wir machten uns keine Sorgen um irgendwelche Flüche, aber wir dachten, in den Gräbern liegt bestimmt was Wertvolles, Waffen vielleicht. Schwerter. Möglicherweise sogar was, das ein paar Dollar wert war. Eigentlich haben wir gar nicht dran geglaubt, dass Konquistadoren dort vergraben waren. Aber wenn man genug getrunken hat, hält

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