Straße des Todes: Thriller (German Edition)
auf Arabisch, doch Orlato verstand nichts, und es war ihm auch egal. Der Blonde drückte Haddads Gesicht wieder in den Dreck, blaffte zurück. Der große Mann beachtete die beiden gar nicht.
»Noch acht Sekunden.«
»Austausch, er gegen mich. Der Syrer wird austauschen.«
»Ich verhandele nicht.«
Der blonde Mann brüllte.
»Spuck’s aus, und du bleibst am Leben!«
»Ein Austausch! Morgen früh ist er tot!«
»Fünf Sekunden.«
Orlato schrie.
»Ein Anruf genügt. Ich rede mit dem Syrer, er wird dem Austausch zustimmen, und ihr bekommt diesen Mann. Ich schwör’s. Ich schwöre es!«
Der große Mann zögerte, und Orlato spürte einen Hoffnungsschimmer. Der Typ, um den es ihnen ging, war höchstwahrscheinlich längst tot, aber wenn sie ihm erlaubten, den Syrer anrufen, dann würden diese Männer den nächsten Morgen nicht erleben. Orlato sprach schnell, feilschte um sein Leben.
»Der Syrer wird mich austauschen. Ich bin der Mann seiner Schwester. Ihr bekommt euren Freund zurück. Versprochen.«
Der große Mann warf seinem Kumpel einen Blick zu. Sonst rührte er sich nicht. Die Waffe hielt er reglos in der Hand. Schließlich drehte er sich ein wenig.
Der Blonde hob Haddads Kopf.
»Er steckt voller Scheiße. Dieser Bastard hier weiß es.«
Der große Mann schaute jetzt wieder zu Orlato.
»Drei Sekunden. Wo ist er?«
Orlato bekam panische Angst, konnte aber immer noch nicht glauben, dass sie ihn umbrachten. Sie würden doch nicht riskieren, ihren Freund zu verlieren.
»Er kann euch nicht helfen. Keiner von denen kann das. Ich bin eure einzige Chance, euren Freund zurückzubekommen.«
Der große Mann sagte: »Eine Sekunde.«
Orlato griff nach dem Messer, aber es war zu spät.
Dennis Orlatos letzter Gedanke, bevor er nach dem Messer griff, war voller ängstlicher Bewunderung. Er dachte: Dieser Mann meinte es ernst.
Dann sah er einen prächtigen, grellen Blitz und war tot.
4.
Joe Pike
Im verblassenden Bronzelicht des Wüstenhimmels wendete sich Pike von der Leiche ab und ging hinüber zu Jon Stone und seinem Gefangenen. Stone hatte bereits dessen Handgelenke mit Plastikfesseln auf den Rücken gebunden und seine Fußgelenke verschnürt. Als Pike kam, hob Stone den Kopf des Mannes hoch und zog ihm die Oberlippe zurück.
»Khat-Schmuggler. Sieh dir diese Zähne an. Diese Wichser kriegen grüne Beißerchen vom Khat-Kauen. Ist das nicht ein beschissenes Grün?«
»Hör auf damit, Jon.«
Stone lachte und ließ den Kopf des Mannes fallen.
Khat war ein in Ostafrika und auf der Arabischen Halbinsel heimischer Strauch, dessen Blätter von den Menschen dort als Aufputschmittel gekaut wurden. Das Speed des armen Mannes.
Stones Gefangener war etwa Anfang dreißig, hatte struppiges schwarzes Haar und große, vor Angst irre blickende Augen. Das Licht verblasste, und die Zeit rannte ihnen davon. Mit jeder Minute, die verstrich, entfernte Cole sich weiter von ihnen und näherte sich dem Tod. Zeit war alles, Tempo war Leben. Pike wollte weiter Druck ausüben, brauchte das, was nur dieser Mann ihm geben konnte, und das zu bekommen, würde wiederum Zeit kosten.
Er richtete seine Pistole auf den Körper des Mannes.
»Ist dir klar, was gerade passiert ist?«
Der Typ spuckte die arabischen Worte so schnell aus, dass sich seine Stimme überschlug. Pike hatte beruflich im Libanon zu tun gehabt, in Saudi-Arabien, Somalia, dem Sudan und im Irak. Er kam mit der Sprache zurecht, beherrschte sie allerdings nicht fließend.
Pike sagte: » Qala Inklizi. «
Er befahl ihm, Englisch zu reden.
Stone zog ihm das M4 übers Ohr und brüllte ihn auf Arabisch an. Der Mann beruhigte sich. Jon Stone beherrschte die Sprache fließend.
Pike hockte sich vor den Mann und hob seinen Kopf an.
»Wenn du Widerstand leistest, bringe ich dich um. Wenn du lügst, bringe ich dich um. Hast du verstanden?«
Der Mann stieß ein leises Ja aus.
Pike zog ihn in eine sitzende Position hoch.
»Name.«
»Ich bin Khalil Haddad aus dem Jemen. Nicht töten, bitte. Ich mache alles, was Sie wollen.«
Stone trat ein Stück zur Seite und ließ schnell den Blick einmal im Kreis über den Horizont wandern.
»Wir müssen uns beeilen, Bruder. Wir wollen hier weg sein, wenn die ICE mit ihren Hubschraubern anrückt.«
ICE. United States Immigration and Customs Enforcement, die Einwanderungs- und Zollbehörde der USA. Die amerikanische Grenze von Tijuana bis Brownsville galt als heiße Zone für DEA-Agenten auf der Jagd nach hereinkommenden
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